1137/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 10.12.2020
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Entwicklung einer Datenstrategie für Krisenzeiten

 

Politische Entscheidungen müssen evidenzbasiert getroffen und anschließend klar kommuniziert werden. Was passiert, wenn dies nicht getan wird, erleben wir in der derzeitigen Corona-Krise. Teils willkürliche Einschränkungen ohne transparent dargelegter Faktenbasis schränken die Akzeptanz der Anti-Corona-Maßnahmen in großen Teilen der Bevölkerung erheblich ein, während Unternehmen, Gastronomie und Kulturbetriebe unter den sich immer wieder ändernden Einschränkungen ohne erkennbare klare Linie oder Zielvorgaben hinsichtlich der Entwicklung der Infektionszahlen leiden. Diejenige Gruppe, die während einer Pandemie eben jene Faktenbasis untersuchen bzw. schaffen sollte - die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler - können jedoch die Maßnahmen der Politik, deren Wirkung auf die Eindämmung der Krise und auf die Gesellschaft und deren Optimierungspotenzial nicht ausreichend erforschen, weil sie in Österreich nach wie vor nicht vollumfänglich auf die notwendigen Daten zugreifen können. Katja Mayer, Open-Science-Expertin am Zentrum für Soziale Innovation, nannte in einem Standard Interview insbesondere die Datenlage im Public-Health-Sektor sowie im Sozial- und Wirtschaftsbereich problematisch. Hier gebe es "viele beteiligte Akteure auf Länder- und Bundesebene, allein innerhalb österreichischer Grenzen". Daten würden "ganz unterschiedlich erzeugt und gehandhabt." Man habe in den "letzten Jahren verabsäumt, sowohl Infrastrukturen als auch Governance-Strategien zu schaffen, die in Krisenzeiten greifen". Jetzt könne man nur noch versuchen, Feuer zu löschen. https://www.derstandard.de/story/2000121950172/open-science-expertin-brauchen-dateninfrastrukturen-fuer-krisenzeiten#click=https://t.co/ApIf9DmFve

Das Problem der Registerdatenforschung ist in Österreich freilich nicht neu. Von Gesundheits-, Pensions- und Arbeitsmarktdaten über die Pflege bis hin zur Bildung gibt es in Österreich zahlreiche öffentliche Datenbanken, die allerdings untereinander kaum verknüpft sind bzw. die für die Wissenschaft und Forschung nur schwer zugänglich sind. Aktuell ist die Wissenschaft und Forschung in der Regel auf Daten der Statistik Austria angewiesen, die allerdings nur aggregiert vorliegen. Abgesehen von einer nicht vorhandenen kompatiblen Datenstruktur, fehlen auch die entsprechenden Pseudonymschlüssel, mit denen die verschiedenen Datenbanken verknüpft werden können. Es ist grundsätzlich erfreulich, dass hier mit dem geplanten Austria Micro Datacenter zumindest einige Reformen angestoßen werden sollen, auch wenn hier verbindliche Zeitpläne zur Umsetzung nach wie vor fehlen. Aber wenn diese Pandemie die Politik eines gelehrt haben sollte, dann dass die Datensituation in Österreich ein Hindernis für evidenzbasiertes Handeln auf allen Ebenen ist und den so dringend nötigen wissenschaftlichen Begleitprozess in dieser Krise massiv behindert.

Die COVID-19-Pandemie wird nicht die letzte Pandemie gewesen sein. Es fehlt eine klare Governance-Strategie, wie in solchen Krisenzeiten mit Daten umgegangen werden soll und wie Forscher_innen von Beginn an Zugang zu ihnen erhalten können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, mit den jeweiligen fachlich geeigneten Bundesministerien und Expert_innen aus Wissenschaft, Forschung und Datenschutz in einen Dialog zu treten, um eine Governance-Strategie zum Umgang mit Daten in Krisenzeiten im Sinne von Open Science zu entwickeln."  


In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Forschung‚ Innovation und Digitalisierung vorgeschlagen.