1293/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 24.02.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Umsetzung des dritten Geschlechtseintrags im Meldewesen
In einem Erkenntnis aus dem Juni 2018 forderte der VfGH die verfassungskonforme Interpretation des Personenstandsgesetzes, in dem Sinne, dass intersexuelle Menschen, deren biologisches Geschlecht also nicht eindeutig „männlich“ oder „weiblich“ ist, ein Recht auf eine ihrer Geschlechtlichkeit entsprechende Eintragung im Personenstandsregister oder in Urkunden haben.
Die Entscheidung vom 15. Juni 2018 gründet auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der die Achtung des Privat- und Familienlebens gewährleistet. Darunter fallen auch der Schutz der menschlichen Persönlichkeit in ihrer Identität, Individualität und Integrität und somit die geschlechtliche Identität.
Wörtlich heißt es in dem Erkenntnis: „Art. 8 EMRK räumt daher Personen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht ein, dass auf das Geschlecht abstellende Regelungen ihre Variante der Geschlechtsentwicklung als eigenständige geschlechtliche Identität anerkennen, und schützt insbesondere Menschen mit alternativer Geschlechtsidentität vor einer fremdbestimmten Geschlechtszuweisung“.
„Inter“ als Geschlechtsbezeichnung im Melderegister oder in Urkunden ist folglich zulässig.
Der ehemalige Innenminister Kickl hatte gegen dieses Erkenntnis Revision erhoben und aufschiebende Wirkung beantragt, was vom Verwaltungsgerichtshof im Dezember 2018 zurückgewiesen wurde.
Aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung im April 2020 durch den aktuellen Innenminister Nehammer hieß es dazu, es bedürfe keiner gesetzlichen Anpassung des Meldewesens, das VfGH-Urteil habe keine vom BMI unmittelbar umzusetzende Entscheidung getroffen. Im Juni 2020 wiederum berichtete „Der Standard“, eine Sprecherin des Innenministeriums habe bestätigt, dass gemeinsam mit dem Gesundheitsressort an einer Überarbeitung des Erlasses gearbeitet werde.
Zum aktuellen Zeitpunkt wird das Melderegister nach wie vor nur mit „männlich“ und „weiblich“ geführt. Das führt unter anderem bei Vormerkplattformen, wie bspw. jener zur Impfanmeldung, wenn sie mit einem Abgleich des Zentralen Melderegisters verbunden sind, zu nachvollziehbaren Irritationen und Beschwerden seitens der Bürger_innen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, gemäß dem Erkenntnis des VfGH vom Juni 2018, gründend auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), die erforderlichen gesetzlichen Änderungen zur Umsetzung des dritten Geschlechtseintrags im Meldewesen umgehend auf den Weg zu bringen."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.