1422/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 24.03.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Lehrplan Österreichische Gebärdensprache

 

Die Österreichische Gebärdensprache ist eine seit 1. September 2005 in der Bundesverfassung (siehe Artikel 8 Abs 3 BVG) anerkannte Minderheitensprache. Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) ist eine autochthone Sprache, die seit Jahrhunderten in diesem Land verwendet wird, schon 1779 wurde in Wien eine staatliche Gehörlosenschule eröffnet.

Trotz der nun 15 Jahre zurückliegenden rechtlichen Anerkennung gibt es noch immer keinen Lehrplan für den Unterrichtsgegenstand ÖGS. Die 2017 im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung entwickelten Lehrpläne ermöglichen eine Eingliederung der ÖGS in die anderen an österreichischen Schulen angebotenen Sprachen. Die Lehrpläne ÖGS von der 1.-12. Schulstufe wurden bereits 2018 fertigstellt. Seit damals ist de facto nichts mehr passiert.

Ablauf der Entwicklung des Lehrplans ÖGS:

·         2017: Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung

·         Mai 2017 – Juli 2018: Lehrpläne ÖGS von 1. – 12. Schulstufe gemeinsam mit 10 gehörlosen und 3 hörenden Expert_innen erarbeitet.

·         Juli 2018: Lehrpläne ÖGS von 1. – 12. Schulstufe termingerecht abgegeben.

·         Oktober 2018: Änderungswünsche des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung eingearbeitet und abgegeben.

·         Jänner 2019: Bei einem persönlichen Termin im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung wurde auf den dringenden Bedarf an konkreten Schulen deutlich hingewiesen.

·         Februar 2020: Erneuter Termin im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Conclusio des Termins: „Alle Lehrpläne werden überarbeitet, die Lehrpläne ÖGS sollten ab Sommer 2020 daran angepasst werden.

·         Seit September 2020 wiederholte (schriftliche) Nachfrage im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Es folgten Vertröstungen „Wir haben wirklich Pech, zuerst Ibiza, jetzt das“) oder Nichtbeantwortungen der Anfragen.

·         Seit Februar 2021 hat Österreichischer Gehörlosenbund(ÖGLB), vertreten durch die Präsidentin Mag.a Helene Jarmer, bisher an zwei Runden Tisch-Sitzungen zur Vorbereitung des NAP Behinderung 2022-2030 in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung teilgenommen. Kein Signal vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, dass Lehrplan ÖGS erlassen wird, nur, dass angeblich Schulen „keinen Bedarf“ an Lehrplan ÖGS hätten.

·         März 2021 startet der Österreichische Gehörlosenbund eine Briefaktion, welche von Eltern, Direktor_innen und Lehrpersonal unterstützt wird, an Bundesminister Faßmann. Ausweichende Antwort vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf den ersten Brief („Die Arbeit an neuen, kompetenzorientierten Lehrplänen für die Primar- und Sekundarstufe I ist derzeit noch nicht zur Gänze abgeschlossen, da auch diese Arbeit von den Pandemie-Maßnahmen betroffen war. Sobald die neuen Lehrpläne für VS, MS und AHS-Unterstufe vorliegen, kann die Überarbeitung weiterer bestehender Lehrpläne aufgenommen werden.“)

An mindestens einem Dutzend Schulen in Österreich wird ÖGS bereits angeboten, allerdings (bis auf 2) ohne entsprechende Lehrplan-Basis. Das bedeutet: - keine Leitlinie für Lehrende; - keinen Platz in der Stundentafel; - keine Einheitlichkeit, Vergleichbarkeit, ... – keine Benotbarkeit; - keine Rechtssicherheit. In Artikel 24 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist das Recht auf Bildung verankert und dieses sieht die Gewährleistung eines inklusiven Schulsystems vor. Für die Umsetzung eines solchen ist die Implementierung eines  „Lehrplan Österreichische Gebärdensprache“ unabdingbar. Es sollte ein Anliegen sein, gehörlose Menschen auf ihr Leben als mehrsprachige Bürgerinnen und Bürger vorzubereiten, um im Wettbewerb bestehen und Herausforderungen als Folge der Globalisierung bewältigen zu können. Der bilingual- bimodale „Lehrplan ÖGS“ kann hierfür neue Räume schaffen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, bei der aktuellen Er- und Überarbeitung der Lehrpläne den Aspekt des inklusiven Unterrichts durch bilinguale-bimodale Sprachentwicklung (ÖGS und Deutsch) miteinzubeziehen, ÖGS als Muttersprache gehörloser Schülerinnen und Schüler im Lehrplan der Gehörlosenschulen zu verankern, entsprechend angepasste Lehrpläne an den Regelschulen sicherzustellen und die bereits 2018 fertiggestellten Lehrpläne Österreichische Gebärdensprache 1.-12. Schulstufe zu erlassen."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.