1424/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 24.03.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Langfristige Finanzierung von Sequenzierungen des SARS-CoV-2 Genoms

 

Die Evolution und Verbreitung unterschiedlicher Varianten von SARS-CoV-2 muss durch engmaschige molekularbiologische Analysen des viralen Genoms (Sequenzieren) genau beobachtet und erforscht werden. Dies hat einen unmittelbaren Nutzen für die Eindämmung von SARS-CoV-2, denn regionale Infektionsherde mit "variants of concern" können so frühzeitig isoliert oder für Impfungen priorisiert werden. Zudem liefern Sequenzierungsdaten notwendige Erkenntnisse über unterschiedlichste Eigenschaften des Virus, etwa dessen Übertragbarkeit und Potenzial für immune escape, und können so für die Adaptierung von Impfstoffen oder zukünftigen Medikamenten und Nachweisverfahren verwendet werden.

Seit März 2020 wird am Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften das komplette Genom von SARS-CoV-2 stichprobenartig sequenziert - die ersten Monate aus Eigenantrieb und ohne zusätzliche Finanzierung. "Nahezu über Nacht" habe man dann nach Weihnachten 2020 - wohl aufgrund der rasanten Ausbreitung der B1.1.7 Variante in anderen europäischen Ländern - die Relevanz der Beobachtung von Virusvarianten auch "in der österreichischen Politik erkannt". Seither konnte man die Kapazitäten im Vergleich zum Vorjahr auf 400 Komplettsequenzierungen pro Woche erhöhen, bis Anfang März wurden in Österreich rund 4.000 Genome vollständig ausgelesen. Zu diesen Komplettsequenzierungen gesellen sich noch Sequenzierungen des Spike-Proteins von SARS-CoV-2, durchgeführt werden diese am Vienna BioCenter. In rund 2.500 Proben pro Woche kann dieses Protein mittels "SARSeq" analysiert werden. https://science.apa.at/power-search/199005957743459682

Für einige Zeit ist nun zumindest die Arbeit der Forscher_innen am CeMM noch zusätzlich durch einen FWF-Grant über € 490.000 gesichert. https://cemm.at/news/n/news/andreas-bergthaler-receives-fwf-urgent-funding-for-further-studies-on-sars-cov-2/ SARS-CoV-2-Sequenzierung ist aber keineswegs nur eine kurzfristige Angelegenheit, die von einigen wenigen Instituten durchgeführt werden kann und bis zum Ende des Jahres 2021 erledigt sein wird. Die britische Mikrobiologin Sharon Peacock (University of Cambridge) stellte in einem Podcast der BBC fest, dass uns diese Sequenzierungen noch jahrelang begleiten werden: "Wir werden das meiner Meinung nach auch noch in zehn Jahren machen." https://science.apa.at/power-search/17704989705977268798

SARS-CoV-2 wird endemisch werden, das ist Stand März 2021 breiter wissenschaftlicher Konsens. Aufgrund tierischer Reservoirs, ungenügender Impfraten und unterschiedlicher Grade individuellen immunologischen Schutzes werden wir dieses Virus wohl global niemals vollständig ausrotten. https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(21)00424-4/fulltext Die langfristige kontinuierliche Erforschung von SARS-CoV-2 ist also unumgänglich. Alle Strukturen, die jetzt für den Umgang mit diesem Virus geschaffen werden, einschließlich der ausreichenden, langfristigen Finanzierung seiner Erforschung, verschaffen uns einen Vorteil für die Zukunft. Und auch hier trifft wieder zu, was über Grundlagenforschung schon längst bekannt ist - oftmals ist der Nutzen dieser Forschungserkenntnisse nicht unmittelbar verwertbar. So muss die Anwendbarkeit von Forschungsergebnissen zu SARS-CoV-2 beispielsweise auch auf andere Coronaviren mit pandemischem Potenzial bedacht werden. Denn die rasante Impfstoffentwicklung und Fortschritte in der Entwicklung von Therapeutika gegen COVID-19 verdanken wir zu einem großen Teil bereits gewonnen Erkenntnissen aus den SARS- bzw. MERS-Ausbrüchen in den Jahren 2002/2003 bzw. 2012/2013, ausgelöst durch verwandte Coronaviren. https://www.nature.com/articles/s41586-020-2798-3

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Abstimmung mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die langfristige Finanzierung von Sequenzierungen des Genoms von SARS-CoV-2 sicherzustellen."  


In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Forschung‚ Innovation und Digitalisierung vorgeschlagen.