1478/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 09.04.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Verbesserung der Luftqualität in Schulklassen im Rahmen der Pandemiebekämpfung

 

Im Zuge der Pandemie habe sich einmal mehr gezeigt, dass "Schule nicht nur ein Ort ist, wo Schüler lernen", sagte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher anlässlich einer Berichtspräsentation Anfang April 2021. Auch wenn junge Menschen von schweren COVID-19-Erkrankungen weniger stark betroffen seien, seien die Konsequenzen der Krise für sie sehr groß, denn "kaum eine Gruppe war mehr von den Eindämmungsmaßnahmen betroffen". Eine weitere Erkenntnis des OECD-Berichts: In Österreich gab es im internationalen Vergleich im Kalenderjahr 2020 relativ viele Corona-bedingte Schließtage an Schulen. https://www.oecd-ilibrary.org/education/the-state-of-school-education_201dde84-en

Dass die Luftqualität in geschlossenen Räumen nicht nur dem Wohlbefinden und der Konzentrationsfähigkeit zuträglich ist, sondern auch im Zusammenhang mit der Reduktion des SARS-CoV-2-Übertragungsrisikos eine entscheidende Rolle spielt, ist hinlänglich erwiesen und sollte somit in den Präventionsmaßnahmen für Bildungseinrichtungen entsprechend berücksichtigt werden.

Wie aus der Anfragebeantwortung 4400/ AB des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 03.02.2021 zu einer Anfrage der Neos betreffend Lüftung und Luftreinigung in Schulklassen hervorgeht, soll die Verbesserung der Luftqualität in den Klassenräumen der Bundesschulen auch im Schulentwicklungsprogramm (SCHEP) 2020 einen Schwerpunkt bilden. So sollen bspw. bei der Errichtung von Neubauten „vermehrt“ innovative Lüftungslösungen in Form von mechanischen Be- und Entlüftungsanlagen eingebaut werden, bei Neubau- und Sanierungsvorhaben sollen ebenfalls „vermehrt“ CO2-Ampeln eingesetzt werden. Andere Optionen, wie mobile Luftreinigungs-/Luftfiltergeräte für Bestands-Klassenräume, wie sie in anderen europäischen Ländern aber auch im niederösterreichischen Traiskirchen im Einsatz sind, wurden mit dem Verweis‚ Stoßlüften in Schulen sei um ein Vielfaches wirksamer als der Einsatz von Luftfilteranlagen, vorab nicht in Betracht gezogen. Dass es zum Teil an Schulen nur Kippfenster und keine Möglichkeit zum Stoßlüften gibt, wurde dabei nicht berücksichtigt.

Im Positionspapier zur Lüftung von Schul- und Unterrichtsräumen – SARS-CoV-2 des Arbeitskreises Innenraumluft des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), das unter anderem zur Präzisierung und Ergänzung des vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung herausgegebenen COVID-19-Hygiene- und Präventionshandbuchs für öffentliche Schulen, Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht und eingegliederte Praxisschulen an den Pädagogischen Hochschulen sowie des Handbuchs für elementarpädagogische Einrichtungen in Bezug auf Lüftungsfragen diente, wird unter anderem klar festgehalten: Neben der Beachtung der allgemeinen Hygiene- und Abstandsregeln und dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes kann das Infektionsrisiko durch konsequente Lüftung und sachgerechten Einsatz von raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen) deutlich reduziert werden. Eine möglichst hohe Frischluftzufuhr ist eine der wirksamsten Methoden, potenziell virushaltige Aerosole aus Innenräumen zu entfernen, Frischluftanlagen (wie sie mitunter in Schul- und Unterrichtsräumen installiert sind) sind daher in Zeiten der Pandemie als Vorsorge gegen Infektionen anzusehen. http://www.xn--komfortlftung-3ob.at/fileadmin/komfortlueftung/Klassenzimmer/posschulen_corona.pdf

Des weiteren veröffentlichte das BMK mit "Dezentrale Klassenlüftung in Schulen Am Beispiel der ´Musterklasse Giacometti`“ (Chur, Schweiz) eine 3-jährige Untersuchung von klassenzimmerweisen Lüftungslösungen. Um für anstehende Schulsanierungen in der Schweiz belastbare Aussagen zu dezentralen Klassenlüftungen zu erhalten, hat die Stadt Chur dabei eine sanierte Musterklasse errichtet und diese messtechnisch mit zwei Standardklassen verglichen. http://www.xn--komfortlftung-3ob.at/fileadmin/komfortlueftung/Klassenzimmer/Dezentrale-Klassenlueftung_Schulen_2020-10-12.pdf

Umgesetzte Maßnahmen hinsichtlich Luftqualität waren:

·         Raumluftqualität und Lüftungsgerät: In den Klassenzimmern mit Fensterlüftung (Referenzzimmer) wurden verschiedene Lüftungsintervalle ausprobiert. Ein Klassenzimmer (Musterklasse) wurde mit einem Komfortlüftungsgerät mit CO2-Regelung ausgerüstet.

Wesentliche Erkenntnisse des dreijährigen Monitorings waren:

·         Erkenntnisse in Hinblick auf die CO2-Situation: Während die CO2-Werte in der Musterklasse mit Komfortlüftung immer sehr gut bis gut waren, bewegten sich diese in den Referenzräumen (ohne Lüftungsgerät) – trotz häufigem und bewusstem händischen Lüften (was von Lehrerinnen und Lehrern, aber auch von den Schülerinnen und Schülern als störend beschrieben wurde) zu oft im ungenügenden Bereich .

Die Kernaussagen dieser drei Jahre andauernden, messtechnischen Studie lauten:

·         Jedes neu zu errichtende oder zu sanierende Schulzimmer braucht eine CO2-gesteuerte mechanische Belüftung mit Wärmerückgewinnung (min. 30 m³/h und Person).

·         Denn von November bis März, sowie von Juni bis September können die heute geforderten, sowie die für die Konzentrationsfähigkeit und damit unmittelbar für den Lernerfolg erforderlichen CO2-Grenzwerte von 1.400 ppm in einem Schulzimmer mittels Fensterlüftung – auch bei optimalem Nutzerverhalten – nicht eingehalten werden.

·         Einzig in der Übergangszeit sind die CO2-Werte zwischendurch gut, weil die Fenster geöffnet werden/bleiben können.

 

Anmerkung zur SARS-CoV-2 Pandemie

Hinsichtlich der SARS-CoV-2 Pandemie wurde festgehalten, dass zentrale oder dezentrale Klassenzimmer-Lüftungslösungen an Schulen einen geregelten, kontinuierlichen Luftaustausch sicherstellen und dadurch die Übertagung durch Aerosole reduzieren. Komfort- und Bildungseinbußen sowie Erkältungen/ Erkrankungen, hervorgerufen durch häufiges, händisches Lüften mit Zugluft können verhindert werden.

Als Lösungsansatz liefert die Untersuchung

Grundsätzlich drei verschiedene Lösungen für mechanische Lüftungen in Schulen bzw. Kindergärten:

·         Zentrale Lösungen für das gesamte Gebäude oder für einzelne Gebäudeteile: Zentrale Lüftungslösungen, die aus Kosten-, Effizienz- und Wartungsgründen normalerweise die zu bevorzugende Lösung in Schulen und Kindergärten darstellen, können meist nur bei Neubauten und Gesamtsanierungen umgesetzt werden.

·         Semizentrale Lösungen: Semizentrale Systeme mit aktiven Überströmern haben sich vor allem in der Sanierung bewährt. Sie können aber ebenfalls nicht so rasch umgesetzt werden wie raumweise Lösungen.

·         Dezentrale Lösungen: Dezentrale – klassen- oder raumweise Lösungen – sind vor allem bei Bestands-Schulgebäuden die in den meisten Fällen aus technischer und wirtschaftlicher Sicht die zu bevorzugende Art der Klassenzimmerlüftung.

Auch im Herbst 2021 strömen wieder mehr als 1,1 Millionen Schülerinnen und Schüler zurück in die Klassenzimmer, in denen sie viele Stunden täglich – voraussichtlich nach wie vor unter Einhaltung von Hygienemaßnahmen zur Pandemiebekämpfung - gemeinsam verbringen werden. Es ist Aufgabe der Politik, die bestmöglichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Schule und Unterricht verlässlich stattfinden und vor allem so sicher wie möglich für alle Beteiligten stattfinden können. Dazu gehört als wesentlicher Baustein auch die Sicherstellung entsprechender Luftqualität in den Schul- und Klassenräumen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, unter Berücksichtigung der Herausforderungen der SARS-CoV-2 Pandemie Lösungen für eine nachhaltige Verbesserung der Luftqualität in Schul- und Klassenräumen - nicht nur im Rahmen von Schulneubauten und Schulsanierungen sondern auch für Bestands-Klassenräume und hierbei im besonderen für Räume, die nur über kippbare Fenster verfügen - als zusätzliche Maßnahme in der Bekämpfung des Infektionsgeschehens, sowohl für Bundesschulen, als auch im Zusammenwirken mit Ländern und Gemeinden für Landesschulen zu erarbeiten und raschestmöglich einer Umsetzung zuzuführen."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.