1480/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 09.04.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Errichtung einer Whistleblowing-Plattform auf Bundesebene
Im Korruptionsranking gemäß CPI 20201 ist Österreich vom 12. Platz auf den 15. Platz zurückgefallen. Eine Sonderumfrage im Zuge des Eurobarometers aus 2019 zeigte, dass 58% der befragten Österreicher_innen der Meinung sind, dass Korruption verbreitet ist (EU Open Data Portal). 40% finden gar, dass das Ausmaß an Korruption in Österreich in den vergangen drei Jahren angestiegen ist. Durch Korruption entsteht nicht nur ein Schaden zulasten der Bürger_innen, auch das Vertrauen in die Politik und die öffentliche Verwaltung wird nachhaltig beschädigt.
Eine EU-Richtlinie (RL (EU) 2019/1937 des EP und des Rates vom 23. 10. 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden) befasst sich mit dieser Thematik. Sie sieht ein Meldesystem für Verstöße gegen EU-Recht vor. Verpflichtend ist sie für juristische Personen des öffentlichen Sektors (u.a. Bund, Länder, Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern, Universitäten, Sozialversicherungsträger) und juristische Personen des privaten Sektors (Unternehmen) mit 50 oder mehr Arbeitnehmer_innen. Bis spätestens 17. Dezember 2021 muss die Richtlinie von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden.
Einen wichtigen Meilenstein für mehr Transparenz und Korruptionsbekämpfung hat kürzlich die Fortschrittskoalition in Wien gesetzt. Durch die Inbetriebnahme des "Wiener Hinweisgeberinnen und Hinweisgebersystems" - kurz: Whistleblower-Plattform - wird für städtische Mitarbeiter_innen sowie Kund_innen der Stadt und ihren Vertragspartner_innen eine vertrauliche Anlaufstelle für anonyme Hinweise geschaffen. Dabei setzt man auf das erprobte Business Keeper Monitoring System (BKMS), das auch von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sowie der Finanzmarktaufsicht (FMA) verwendet wird. Das System ist von unabhängigen Stellen zertifiziert. Datenschutz und Informationssicherheit werden so gewährleistet. Zusammen mit hohen technischen Standards stärkt dies das Vertrauen potentieller Hinweisgeber_innen.
Wie dringlich diese Thematik ist und daher vor Auslaufen der Frist umgesetzt werden sollte, zeigen aktuelle Diskussionen auf Bundesebene. Gerade im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Handychats zur Besetzung des ÖBAG-Alleinvorstandes Thomas Schmid wird deutlich, dass Postenschacherei immer noch "neuer Stil" ist. Zudem sollten auch Verstöße gegen nationales Recht - nicht nur EU-Recht- wie die EU-RL vorsieht - umfasst werden.
Zwar verfügen, wie beschrieben, einzelne
Bundesstellen, wie etwa die Finanzmarktaufsicht (https://www.fma.gv.at/whistleblowing/)
oder die WKStA
(https://www.justiz.gv.at/wksta/wirtschafts--und-
korruptionsstaatsanwalt-
schaft/hinweisgebersystem~2c9484853d643b33013d8860aa5a2e59.de.html)
über eigene Hinweisgeber_innensysteme. Es gibt weder ein eigenes
bundeseinheitliches "Korruptionstelefon" noch sichere - d.h.
zumindest verschlüsselte - Kontaktmöglichkeiten für alle Stellen
des Bundes. Auch Kontaktmöglichkeiten für anonyme Anfragen oder
Hinweise gibt es nicht - eine bundesweite Whistleblower_innen-Plattform schon
gar nicht. Die öffentliche Verwaltung steht und fällt allerdings mit
der Integrität ihrer Bediensteten. Leider braucht es nur ein paar einzelne
schwarze Schafe, um das Ansehen und das Vertrauen in die Verwaltung nachhaltig
zu beschädigen. Wenn es daher Anhaltspunkte gibt, dass für den Bund
tätige Personen nicht im Interesse des Bundes oder nicht korrekt handeln,
sich bestechen lassen, öffentliche Gelder verschwenden, ihre Position zum
persönlichen Vorteil oder zum Vorteil von Dritten missbrauchen, sogar
strafbare Handlungen begehen oder dies planen, dann soll ein niederschwellig
zugängliches, technisch sicheres und auch anonym verwendbares Meldesystem
sowie entsprechende gesetzliche Bestimmungen zur Absicherung gegen Retaliation
und beruflicher Nachteile für Hinweisgeber_innen auch auf Bundesebene zur
Verfügung stehen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem auf Bundesebene für öffentliche Stellen ein Hinweisgeber_innen- und Meldesystem (Whistleblower_innen-Plattform) eingerichtet wird."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.