1509/A XXVII. GP
Eingebracht am 21.04.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Verlangen
der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Mag.a Karin Greiner,
Genossinnen und Genossen
auf Gebarungsprüfung durch den Rechnungshof gemäß § 99 Abs. 2 GOG
Die unterfertigten Abgeordneten verlangen gemäß § 99 Abs. 2 GOG, dass der Rechnungshof eine Gebarungsprüfung des Bundesministeriums für Gesundheit, Soziales, Pflege und Konsumentenschutz, des Bundesministeriums für Finanzen und des Bundeskanzleramtes hinsichtlich der Beschaffung und Finanzierung von Impfstoffen im Zuge der COVID-19-Pandemie vornehme.
Vom Rechnungshof sollen dabei insbesondere folgende Aspekte bei der Beschaffung von Impfstoffen näher geprüft werden:
• sämtliche Verträge der Republik Österreich mit den Impfstoffherstellern (u.a. Kauf- und Lieferverträge) sowie die von der Europäischen Kommission im Namen der Mitgliedstaaten abgeschlossenen Vorverträge betreffend Abnahmegarantien der Impfstoffe (soweit diese für den RH zugänglich sind)
• die Rolle Österreichs bei den Verhandlungen mit der Europäischen Union bzw. der Europäischen Kommission ausgehend von den österreichischen Positionen bis hin zum Ergebnis der Verhandlungen
• der Vorgang der nationalen Impfstoffbeschaffung, insbesondere die Koordination der Beschaffung bzw. die Rolle des Bundeskanzleramts bei den diesbezüglichen Verhandlungen und Nachverhandlungen mit der Europäischen Union bzw. der Europäischen Kommission
• der Spielraum, der den österreichischen VertreterInnen in den EU-Gremien, insbesondere dem österreichischen Vertreter im EU-Lenkungsausschuss von Seiten der österreichischen Bundesregierung eingeräumt wurde
• die Rolle des nationalen Impfstoffbeschaffungsgremiums im Zusammenhang mit der Beschaffung und der Abberufung der Impfstoffe
• die finanziellen Rahmenbedingungen und die finanzielle Bedeckung durch das Bundesministerium für Finanzen
• die konkrete Menge pro Hersteller, die in Vorkaufsrechten gesichert wurde bzw. im Namen und auf Rechnung Österreichs schlussendlich gekauft wurde; die Abrufung des österreichischen Kontingents bzw. der Umfang der nicht abgerufenen Mengen
• die vertraglichen Vereinbarungen der Republik Österreich bezüglich des konkreten Zeitpunktes und Ortes der Impfstofflieferungen pro Hersteller
• zusätzliche Möglichkeiten bzw. Optionen zum Ankauf von Impfstoffen, die von Österreich nicht genutzt wurden bzw. auf die Österreich freiwillig verzichtet hat und die dann durch andere Mitgliedstaaten übernommen wurden
• die Koordination der Beschaffung innerhalb der damit betrauten Ressorts (Bundeskanzleramt, Bundeministerium für Finanzen, Bundesministerium für Gesundheit, Soziales, Pflege und Konsumentenschutz)
• die Auswirkungen des freiwilligen Verzichts auf Impfstoffkontingente durch die Bundesregierung auf die Durchimpfungsrate bis Ende Juni 2021, sowie deren wirtschaftliche, soziale und gesundheitliche Folgen
Begründung
Eine rasche Durchimpfung der Bevölkerung rettet Menschenleben, sichert Arbeitsplätze und ist die Basis für einen annähernd normalen Sommer 2021, auf den alle Österreicherinnen und Österreicher sehnsüchtig warten. Mit 100.000 Impfungen pro Tag wären bis Ende Juni 2021 zwei Drittel der Bevölkerung durchimmunisiert.
Das Impftempo in Österreich ist aber viel zu langsam. Mittlerweile lassen einige große Unternehmen ihr Personal im Ausland impfen. Kürzlich wurde bekannt, dass Österreich bis Ende Juni 2021 weniger Impfstoff pro Kopf erhalten wird, als viele andere EU-Länder. Die Verantwortung dafür trägt die Bundesregierung, die auf Impfstoff-Bestellungen verzichtet hat und damit am falschen Platz spart. Denn ein einzelner Tag harter Lockdown verursacht Kosten von 200 Mio. Euro.
Genau dieser Wert von nur einem einzelnen Tag harten Lockdown - nämlich 200 Mio. Euro - wurde per Ministerratsbeschluss 2020 als Kostendeckel und damit als maximale Obergrenze bei der Impfstoffbeschaffung vorgegeben. Die Folge: im Herbst 2020 wurde „freiwillig“ auf den Kauf von mehreren Millionen Impfdosen verzichtet.
Der Kurier berichtete schon Mitte März diesen Jahres den schwerwiegenden Fehler bei der Impfstoffbeschaffung durch die Bundesregierung.[1]
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Alleine beim Impfstoff von Johnson&Johnson hat Österreich auf die Lieferung von 1,5 Mio. Dosen verzichtet. Bei Johnson&Johnson, wo eine Impfdosis für eine Vollimmunisierung ausreicht, bedeutet das also auch potentiell 1,5 Millionen zusätzlich geimpfter Personen.
Aber auch bei Biontech/Pfizer wurden rund 650.000 Dosen weniger bestellt als möglich. Der Kurier kommt zum Schluss, dass durch die mangelhafte Bestellung der Bundesregierung bis Ende Juni 2021 insgesamt 760.000 weniger Impfdosen in Österreich verabreicht werden können.
Dänemark hat - im Gegensatz zu Österreich - 100% seines Kontingents abgerufen und auch jenen Impfstoff gekauft, auf den Österreich verzichtet hatte. Dänemark wird daher lt. EU-Prognose bis Ende Juni 80% der Bevölkerung gegen Corona geimpft haben, Österreich hingegen nur 50%. Dies geht aus nachstehender Tabelle des EU-Steering Boards hervor.
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Die österreichische Bundesregierung hat augenscheinlich ausgerechnet beim Impfen gespart und schwerpunktmäßig auf den billigsten Impfstoff von Astra-Zeneca gesetzt. Wie sonst lässt sich erklären, dass ausgerechnet bei Astra-Zeneca mehr als 100% des Österreich-Kontingents bestellt wurde und gleichzeitig bei allen anderen Impfstoffen teilweise deutlich weniger?
Die Prüfung der gravierenden Mangelbeschaffung von Impfstoffen seitens der Bundesregierung durch den Rechnungshof soll auch sicherstellen, dass bei weiteren Beschaffungen diese Fehler nicht wiederholt werden.
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LEICHTFRIED |
GREINER |
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YILDIRIM |
OBERRAUNER |
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DROBITS |
SCHATZ |
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HERR |
LAIMER |
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SCHROLL ALOIS |
SEEMAYER |
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SILVAN |
P. WIMMER |
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KECK |
LERCHER |
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KOLLROSS |
KÖLLNER |
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HEINISCH-HOSEK |
EINWALLNER |
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YILMAZ |
MUCHITSCH |
[1] https://kurier.at/politik/inland/zu-wenig-bestellt-wie-viel-impfstoff-dosen-fehlen-in-oesterreich/401220033