1533/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 21.04.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Beendigung der Finanzierung von Golf- und Jachtklub-mitgliedschaften mit Kammerbeiträgen der Zwangsmitglieder

 

 

Der jüngst bekannt gewordene Prüfbericht des Kontrollausschusses offenbart ein erschreckendes Bild der Wirtschaftskammern mit dem Umgang mit den Zwangsbeiträgen ihrer Zwangsmitglieder.

 

So berichtet unter anderem der Standard vom 19. April 2021 unter dem Titel „Teuer beraten“ wie folgt:

„Der Prüfbericht ihres Kontrollausschusses legt nahe, dass in der Wirtschaftskammer einiger Reformbedarf besteht. Die Beratungskosten sind laut Kontrollamt hoch, die Aufträge wurden aber nicht offiziell beschlossen.

Der Wochenendtrip der Wiener Bestatter im Mai 2019 nach Athen, Schulgeld nicht nur für Sprösslinge von Wirtschaftsdelegierten im Ausland, sondern auch für Funktionärskinder in Österreich, sowie Verluste der Stein- und Keramischen Industrie durch die Pleite der Commerzialbank Mattersburg sind die auffälligsten Schmankerln im Bericht des Kontrollausschusses der Wirtschaftskammer (WKO) über die Gebarung 2019.
Der ungewöhnlich kritische Bericht enthält darüber hinaus einiges an Hinweisen, was den Reformbedarf der gesetzlichen Interessenvertretung der österreichischen Unternehmer betrifft. Vor allem die Beratungskosten sind im ersten Jahr des Kammerpräsidenten Harald Mahrer deutlich gestiegen. Hauptauftragnehmer war laut Bericht die nach Eigenangaben auf Kostenkontrolle im öffentlichen Sektor, in Dienstleistungs- und Gesundheitswesen spezialisierte Consulting AG.


Sie sollte Umstrukturierungsmaßnahmen erarbeiten und begleiten. Engagiert wurde die Consulting AG bereits lange vor Mahrers Antritt an der Kammerspitze, im August 2016, und zwar im Wege eines Rahmenvertrags mit der WKO Inhouse GmbH. 2019 kam das Geschäft so richtig in Fahrt, das Volumen stieg von 840.000 Euro im Jahr 2018 auf 1,4 Millionen Euro.


Das Problem dabei: Einen Beschluss des Präsidiums, dem neben Funktionären des ÖVP-Wirtschaftsbunds mit Mahrer an der Spitze auch Vertreter des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands und der Freiheitlichen angehören, gab es für die insgesamt 2,24 Millionen Euro schwere Auftragsvergabe nicht.

Es lag wohl ein Rahmenvertrag vor, aber eben kein Beschluss für die Beauftragung. Was noch schwerer wiegen dürfte: Für die Beratung, die bis ins Jahr 2020 hineinreichte, wurde „kein (Gesamt)konzept mit Plandaten erstellt“. Künftig wäre die Erstellung einer Grundplanung für derart umfassende Beratungsvolumina jedenfalls zu empfehlen, rät der Kontrollausschuss in seinem Prüfbericht.

Die Consulting AG ist bei den Selbstständigen übrigens keine Unbekannte. Sie war 2017 gut im Geschäft mit der damaligen Sozialversicherungsanstalt (SVA) und dem Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV), wo sie Potenzial für Sachkostenoptimierung aufspürte, diesfalls bei Medikamentenkosten und als Subauftragnehmer von Accenture.
Detail am Rande: Der Kammerführung dürfte beim Beratungsauftrag mit der Consulting AG selbst nicht ganz wohl gewesen sein. Im Dezember 2018 war der Großteil der Beratungen auf die Kostenstelle von WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf gebucht worden. In der Folge wurden Teile dieser Aufwendungen aber von der Kostenstelle 700200 „Büro GS Kopf“ auf verschiedene SAP-Aufträge (Kostenträger) aufgeteilt. Kopf versprach, dass man den Prüfbericht überaus ernst nehme und „Punkt für Punkt mit den betroffenen Abteilungen durcharbeiten, besprechen und im Rahmen unseres großen Reformprojektes auch mitnehmen und da oder dort auch Veränderungen vornehmen“ werde, wie er in der ZiB 1 sagte.

Externes Know-how

Neben der Consulting AG hat die WKO mehrere Berater an Bord, insbesondere im Bereich Bildungspolitik und Bildungsoffensive. Auch für die 2020/21 geplante Expo in Dubai, strategische Themen sowie für Rechtsauskünfte und -beratungen greift die Wirtschaftskammer, die ihren Mitgliedern von Berufs wegen jede Menge an Expertise anbietet, gern auf externes Know-how zu.

Laut Kontrollamt hat allein das Büro des WKO-Generals – er ist maßgeblich für die operative Führung der Organisation verantwortlich – 2018 und 2019 Beratungs-aufträge im Volumen von 453.000 Euro vergeben.“

 

„Um Kontakte zu Wirtschaft und Politik zu fördern, steuerte die Kammer 40.508 Euro zu Mitgliedschaften in Golf-, Jacht- oder Sportvereinen bei“, berichtet die Kleine Zeitung vom 18. April 2021.


Wenn dann in einer Reaktion der Generalsekretär der WKO Karlheinz Kopf gegenüber der Kleinen Zeitung vom 19. April 2021 mitteilt, dass es auch zweckmäßig sein kann, beispielsweise „Mitgliedschaften in Sportvereinen wie Golfklubs zu übernehmen,“ so kann das nur als Schlag ins Gesicht der Unternehmer bezeichnet werden, die als Zwangsmitglieder jährlich enorme Zwangsbeiträge an die Kammern entrichten müssen.

Diese Wortmeldung von Karlheinz Kopf veranlasste auch die Bundesvorsitzende der Grünen Wirtschaft Sabine Jungwirth zu einer entsprechend kritischen Reaktion in der Kleinen Zeitung vom 20. April 2021:

„Jungwirth stört die „Überheblichkeit“, mit der WK-Generalsekretär Karlheinz Kopf und WK-Präsident Harald Mahrer Kritik vom Tisch wischten, „als wäre das Bezahlen von Golfklubmitgliedschaften das Normalste der Welt.

Kein Unternehmen kann so wirtschaften, warum eine Interessenvertretung?“, fragt Jungwirth. „Gerade wenn man weiß, wie letztes Jahr WK-Mitglieder, die jeden Cent umdrehen müssen, mit den Grundumlagen geknebelt wurden, während in der Kammer geklotzt wird.“

 

Aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten offenbaren diese Zuschüsse für Mitgliedschaften in Golf-, Jacht- oder Sportvereinen, Schulgeld in Millionenhöhe für Kinder von Mitarbeitern, steigende Beraterkosten einen Mega-Privilegienskandal in der ÖVP dominierten Wirtschaftskammer. Die für die Aufsicht der WKO zuständige Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort ist dringend angehalten, hier tätig zu werden.

 

In Zeiten wie diesen, in denen gerade Kleinst- und Kleinunternehmen sowie mittelständische Betriebe nach Lockdowns in Endlosschleife ums wirtschaftliche Überleben kämpfen, viele von ihnen immer noch auf die angekündigten großzügigen Unterstützungsleistungen warten und eine massive Pleitewelle anrollt, stünde es der Wirtschaftskammer gut an, die Wirtschaftstreibenden und ihre Familien aus den millionenschweren Kammerrücklagen heraus zu unterstützen.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

„Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort wird aufgefordert, im Rahmen ihres Aufsichtsrechts gemäß § 136 Wirtschaftskammergesetz umgehend sämtliche Auskünfte von den Wirtschaftskammern in Zusammenhang mit dem jüngst bekannt gewordenen Prüfbericht des Kontrollausschusses anzufordern, diese  in Hinblick auf die gesetzmäßige Führung der Geschäfte und Aufrechterhaltung des ordnungsmäßigen Ganges der Verwaltung in den Wirtschaftskammern zu prüfen und dem Nationalrat über die Ergebnisse zu berichten.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht ersuchen die unterfertigten Abgeordneten um Zuweisung dieses Antrages an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie.