1556/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 22.04.2021
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Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Petra Steger, Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend Österreich darf nicht Teil einer Schuldenunion werden

 

Für den sogenannten Wiederaufbaufonds, auch NextGenerationEU oder NGEU genannt, dotiert mit 750 Mrd. Euro nimmt die EU gemeinschaftliche Schulden auf. Diese Mittel werden als Zuschüsse und Darlehen an die Mitgliedstaaten weitergereicht. Von der türkis-grünen Bundesregierung ist das politisch gewünscht und wird auf EU-Ebene mitgetragen. Der dafür notwendige Eigenmittelbeschluss wurde auf EU-Ebene bereits angenommen. Der Wiederaufbaufonds ist vermeintlich als temporäres sogenanntes Notfallinstrument angelegt, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie in den EU-Mitgliedstaaten zu bekämpfen. Drohende Fehlentwicklungen und Risiken werden jedoch nicht breit diskutiert, sondern intransparent zurückgehalten. Lediglich der spät geplante Verteilungsschlüssel der Mittel wird ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt, um einzelne Projekte medienwirksam zu bewerben.

 

Erstmals in ihrer Geschichte wird die Europäische Union durch die Europäische Kommission über Anleihen erhebliche Mittel am Kapitalmarkt aufnehmen.  Insgesamt handelt es sich um 800 Milliarden Euro, die bis 2026 für den Aufbaufonds geliehen werden sollen. Mit 750 Milliarden wird folglich NGEU ausgestattet und mehr als die Hälfte dieser Schulden – 390 Milliarden Euro – werden nicht unmittelbar von den Empfängern, sondern über den EU-Haushalt getilgt. Als Garantie für alle Schulden des Wiederaufbaufonds steht der EU-Haushalt. Damit haften die Mitgliedstaaten hierfür gemeinschaftlich über ihre künftigen Beiträge zum EU-Haushalt. Im Falle Österreichs würde es sich laut dem Brüsseler Thinktank Bruegel um rund 15 Milliarden Euro handeln, die insgesamt zurückzuzahlen wären, sollte man sich unter allen Mitgliedsstaaten auf keine neuen EU-Eigenmittel einigen. Für Österreichs Budget birgt der Wiederaufbaufonds somit erhebliche Risiken. Seine Finanzierung bedeutet eine grundlegende Änderung der europäischen Haushalts- und Finanzarchitektur. Denn ein solches Haftungsregime schließt die sogenannte „Nichtbeistandsklausel“ in den europäischen Verträgen grundsätzlich aus.

 

Fehlender Tilgungsplan


Für die Kredite, die aus dem EU-Haushalt getilgt werden sollen, gibt es keinen verbindlichen Tilgungsplan. Österreich wird laut Zahlen des deutschen Bundesrechnungshofes voraussichtlich 5,9 Milliarden Euro mehr zahlen, als es selbst Zuschüsse bekommt. Klar ist bislang nur, dass die Kredite im Zeitraum 2028 bis 2058 über den EU-Haushalt zurückgezahlt werden. Offen ist aber, welcher Anteil dann auf welchen Mitgliedstaat entfällt. Diese Frage soll Gegenstand zukünftiger Verhandlungen sein. Was passiert, wenn sich die Mitgliedstaaten nicht wie angekündigt bis 2024 auf neue Eigenmittel einigen können oder wollen, bleibt gänzlich offen.

 

Wiederaufbaufonds ist übersichert


Die EU sichert die Schulden des Wiederaufbaufonds mit ihrem Haushalt ab. Um die Bonität zu gewährleisten, wird die sogenannte „Eigenmittelobergrenze“ erhöht. Das führt zu einem enormen Garantievolumen von mindestens 4 000 Milliarden Euro: fünfmal höher als das Volumen des Wiederaufbaufonds selbst. Eine Garantie in diesem Umfang wäre allein für diesen Zweck überschießend; beim Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wurden bereits 40 % als ausreichend erachtet. Dieser Spielraum befeuert Spekulationen über eine Verstetigung der Verschuldung und wird Begehrlichkeiten wecken, sowie dazu verleiten, den Tilgungsbeginn hinauszuzögern.

 

Kriseninstrument nicht als Dauereinrichtung


Die Praxis zeigt: In Krisenzeiten auf EU-Ebene eingeführte Instrumente verstetigen sich regelmäßig. So hat der ESM beispielsweise die zuvor eingerichteten temporären Rettungsschirme mittlerweile dauerhaft abgelöst. Dabei wird schlichtweg ausgeblendet, dass die Kosten und Risiken in der jeweiligen Krise gerechtfertigt sein mögen, nicht aber auf Dauer rechtfertigbar sind.

 

Fiskalregeln anwenden


Die Fiskalregeln begrenzen die nationalen Defizite und Schuldenstände. Sie gelten jedoch nicht für EU-Schulden. Die Mitgliedstaaten könnten sich also auf EU-Ebene theoretisch unbegrenzt verschulden und sich diese Mittel dann als Zuschüsse selbst zuweisen. Die enorme Übersicherung des Fonds setzt diesbezüglich bereits bedenkliche Anreize. Darunter wird die EU-Haushaltsdisziplin weiter leiden.

 

Stabilität der Wirtschafts- und Währungsunion sichern

 

Der Wiederaufbaufonds will Voraussetzungen schaffen, unter denen die Mitgliedstaaten die negativen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abfedern können und besser für zukünftige Krisen gewappnet sind. Mindestens 37 Prozent dieses Geldes müssen in Klimaschutzmaßnahmen fließen, 20 Prozent in die Digitalisierung, um so Strukturen in den Mitgliedstaaten widerstandsfähiger gegen Kriseneinflüsse zu machen. Gelingt dies nicht, droht eine langfristige Instabilität der Wirtschafts- und Währungsunion. Die Haftungsrisiken für Österreich würden schlagend werden. Inwiefern Investitionen in temporäre Projekte für Klimaschutzmaßnahmen die desaströsen wirtschaftlichen Folgen der Coronamaßnahmen konkret abfedern können sollen, bleibt fraglich. Ebenso unverständlich bleiben die Aufteilungsschlüssel der Auszahlungen für die einzelnen Mitgliedsstaaten, denn lediglich 30 Prozent orientieren sich an den Folgen der Corona-Krise im jeweiligen Land, die restlichen 70 Prozent der Auszahlungen werden auf Basis von Wohlstand, Arbeitslosigkeit und Bevölkerung errechnet.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert den Beitritt zu einer Schuldenunion in Verbindung mit dem EU-Wiederaufbaufonds (NGEU) auf EU-Ebene abzulehnen und ein klares Bekenntnis für die finanzielle Unabhängigkeit Österreichs und gegen die Vergemeinschaftung von Schulden abzugeben.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Budgetausschuss ersucht.