1593/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 19.05.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Kucher,

Genossinnen und Genossen

 

betreffend Bekämpfung des Personalmangels im Gesundheitswesen

 

 

An einer von der Ärztekammer Wien in Auftrag gegebenen Umfrage unter Ärztinnen und Ärzte in den Spitälern beteiligten sich 1.765 Personen, was einer Quote von 21,5 Prozent entspricht. Die Ergebnisse sind durchaus dramatisch. Mehr als die Hälfte ist körperlich oder emotional erschöpft. Mehr als ein Viertel der Betroffenen fühle sich zudem oft allein gelassen, 14 Prozent haben bereits oft daran gedacht, an einem Burnout zu leiden.

 

Als Konsequenz haben offenbar nicht wenige Wiener Spitalsmediziner*innen bereits erwogen, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. 54 Prozent überlegen dies – wobei es 31 Prozent bereits getan haben. Doch auch eine Veränderung der belastenden Situation wird nicht ausgeschlossen. 52 Prozent der Spitalsärzt*innen haben laut der Umfrage bereits überlegt, den Job zu wechseln bzw. zu kündigen, knapp ein Fünftel denkt darüber sogar oft oder sehr oft nach.

 

Nicht nur Ärztinnen und Ärzte sind am Limit angelangt. Auch das Pflegepersonal, das im letzten Jahr besonders gefordert war, ist erschöpft und ausgelaugt. In Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen oder anderen in der mobilen Pflege fehlt oftmals die Zeit, um Patient*innen angemessen zu betreuen. Das Personal ist überlastet und fühlt sich von der Politik übersehen. Natürlich bringt die Coronakrise das sowieso schon übervolle Glas auch noch zum Überlaufen. Wichtig ist es dem Pflegepersonal aber vor allem, dass sie gehört und nicht mehr ignoriert werden, dass sie einbezogen und nicht ausgegrenzt werden.

 

Diese Situation muss doch Jedem zu denken geben. Aber nein, die Regierungsfraktionen legen noch eine weitere Belastung oben drauf. Die derzeit hohen Arbeitsstunden für das Krankenanstaltenpersonal von bis zu 55 Wochenstunden, die mit 30. Juni 2021 eigentlich Geschichte sein sollten, werden um weitere 4 Jahre verlängert. Danach folgt ein Zeitraum von drei Jahren, in denen bis zu 52 Stunden gearbeitet werden soll.

 

Das ist nicht nur unmenschlich, es ist vor allem ein komplett falscher Zugang um Gesundheitsberufe, die wir so dringend benötigen, attraktiver zu gestalten.

 

Die Pandemie hat auch noch einmal aufgezeigt, dass es sofort Maßnahmen zur Beseitigung des bereits bestehenden und weiterhin drohenden Personalmangels im Bereich der Ärzt*innen und des Pflegepersonals braucht und nicht eine weitere 7-jährige Ausbeutung des Krankenhauspersonals.

 

 

 

Ärztemangel – es braucht ein Bündel an Maßnahmen:

·                Zusätzliche Studienplätze, die daran geknüpft werden, nach Abschluss der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitsbereich und/oder im Sachleistungsbereich für eine bestimmte Zeit tätig zu sein

·                Weitere Anreize für Medizinstudent*innen und Ärzt*innen nach der Ausbildung auch im Land zu bleiben und im öffentlichen Sektor und/oder im Sachleistungsbereich tätig zu sein (zB Studienförderung, Förderungen bei Praxisgründung)

·                Erhöhte Praxiserfahrung in der Ausbildung. Dazu gehört u.a. ein verstärkter Fokus auf Praktika.

·                Eine Reduzierung der Belastung von Ärzt*innen in Krankenanstalten durch Delegierung von Tätigkeiten an das Gesundheitspersonal.

·                Digitalisierungsoffensive.

·                Bessere Arbeitsbedingungen: z.B. weniger „Einzelkämpfertum“, weniger belastende Arbeitszeiten und Bereitschaftsdienstregelungen, attraktive Arbeitsinhalte, Entbürokratisierung, Teilzeitmöglichkeiten und Kinderbetreuungseinrichtungen.

 

Pflegepersonalmangel – zwei Aufgaben müssen rasch gelöst werden, damit in naher Zukunft ausreichend Menschen in den Pflegeberufen arbeiten wollen:

·                Gut ausgebaute Wege in die Pflege durch attraktive Ausbildungen und

·                attraktive Arbeitsbedingungen, damit die Wege nicht gleich wieder aus den Pflegeberufen hinausführen.

 

Daher braucht es auch für diese Gesundheitsberufe zahlreiche Maßnahmen:

·                Ausbildungsplätze aufstocken.

·                Die derzeit laufenden Schulprojekte (HTL bzw. HBLA für Pflegeberufe – 5-jährige Ausbildung mit Matura) in den Regelbetrieb übernehmen.

·                Massiver und unbefristeter Ausbau des Fachkräftestipendiums.

·                Pflegestiftungen der Länder massiv aufstocken.

·                Studiengebühren für FH Gesundheitsberufe abschaffen.

·                Existenzsichernde Absicherung: Angesichts konkurrierender Ausbildungsangebote, wie etwa die Polizeiausbildung, bei der man im ersten Ausbildungsjahr brutto 1.690,- Euro verdient (Stand 2019), muss auch an der finanziellen Schraube gedreht werden.

·                Attraktive Arbeitsplätze durch bessere Arbeitsbedingungen: Neben ausreichendem Personal, sind faire Bezahlung und langfristig lebbare Arbeitszeitmodelle zentral um Menschen für diese Berufe zu gewinnen und zu halten (z.B.: Bonus für schlechte AZ-Lage, 6. Urlaubswoche ab 40. Lebensjahr).

·                Entwicklung und Einführung einer bundesweit einheitlichen, verpflichtenden und bedarfsorientierten Personalberechnung für den intra- als auch den extramuralen Bereich des Gesundheitswesens und der Langzeitpflege.

 

Nur durch schnelles und konsequentes Handeln kann nachhaltiger Schaden an unserem Gesundheitssystem abgewendet werden.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert umgehend ein Maßnahmenbündel bestehend aus Verbesserungen im Bereich der Ausbildung und im Bereich der Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal, insbesondere für Ärztinnen und Ärzte sowie das Pflegepersonal, zu erarbeiten und noch heuer zur Umsetzung zu bringen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Gesundheitsausschuss