1596/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 19.05.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Neukonzeption EZA-Mittel Äthiopien
Trotz des internationalen Interesses und verschiedener Vermittlungsversuche – auch Außenminister Schallenberg war schon vor Ort – verschlimmert sich die Situation in Äthiopien zusehends. Besonders dramatisch ist die Rolle der Regierung, die statt mit Konfliktlösung mit der Befeuerung des Konflikts sowie mit massiven Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang gebracht wird. Bereits im Februar teilte das UN-Nothilfebüro OCHA (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) mit, es habe es von der Regierung noch keine Genehmigung für die Entsendung kritischer Mitarbeiter_innen zur Verteilung von Hilfsgütern gegeben. Die Regierung sprach von Sicherheitsproblemen, obwohl Präsident Abiy Ahmed schon im November die Militäroffensive gegen die TPLF für beendet erklärt hatte.
Seit damals mehren sich die Berichte, dass die Regierung nicht Teil der Lösung, sondern Teil der Eskalation ist. CNN etwa berichtet,(https://edition.cnn.com/2021/05/12/africa/tigray-axum-aid-blockade-cmd-intl/index.html) dass Truppen aus Eritrea in der Kriegsregion Tigray aktiv sind, humanitäre Hilfe blockieren, Krankenversorgung unterbinden, morden und vergewaltigen. Die Truppen aus dem nördlichen Nachbarland tragen dabei Uniformen der äthiopischen Armee und arbeiten "hand in glove" (Hand in Hand) mit der äthiopischen Regierung.
Ein Arzt berichtete CNN, es sei in den letzten Wochen ein massiver Anstieg an Opfern sexueller Gewalt zu verzeichnen, aber selbst das sei nur die Spitze des Eisbergs, da viele Menschen viel zu verängstigt seien, um sich in ein öffentliches Spital zu begeben. Sexuelle Gewalt ist auch in Tigray als systematisch verwendeter Kriegsakt – und damit als Kriegsverbrechen – einzustufen. Nach einer Schätzung kommt es bei einem Drittel der Angriffe auf zivile Ziele zu sexuellen Übergriffen, wovon die Mehrheit von Männern in Uniform begangen wird.
Die äthiopische Regierung hat nun sogar bestätigt (https://orf.at/stories/3212579/ ) dass Polizisten und Soldaten im November an Vergewaltigungen in der nördlichen Region Tigray beteiligt waren. Es sollen 116 Menschen während einer äthiopischen Militäroffensive zur Einnahme der Stadt Axum Opfer von sexueller Gewalt geworden zu sein. Laut ORF sollen Augenzeugen Polizisten und Soldaten als Täter identifiziert haben.

Quelle: CNN
Im Februar 2021 wurde ein Antrag auf Neubewertung der österreichischen EZA Zuwendungen an Schwerpunktland Äthiopien dem EZA-Unterausschuss zugewiesen. Dieser hat seither nicht mehr getagt und wird wahrscheinlich auch bis zum Herbst nicht mehr einberufen werden. In Krisenzeiten ist es unabdingbar, Entscheidungen schneller zu treffen, als der Unterausschusskalender es erlaubt.
Österreichs EZA an Äthiopien beträgt zurzeit knapp 28 Millionen Euro. Damit kann Österreich das machtpolitische Kalkül von Abiy Ahmed wohl nicht nachhaltig beeinflussen. Dennoch ist es wichtig für ein Land, das sich selbst gerne im Vorfeld der internationalen Menschenrechtsdebatte verortet, nicht aktiv mit einem Regime zu kooperieren, das Menschenrechte mit Füßen tritt und der internationalen Gesellschaft die Hilfe für seine eigenen Bürger_innen untersagt. Auch ist Geld ein umleitbares Gut. Mittel, die nicht mehr aus Österreich zu Projekten in Äthiopien fließen, müssen von der Regierung ersetzt werden; andernfalls riskiert die Regierung den Unmut der Organisation und deren Mitarbeiter_innen, die diese Zuwendungen verloren haben. Zudem hat eine spürbare, von Taten untermauerte Erklärung eines Partnerlandes Symbolwirkung für das Ansehen des Regimes innerhalb seiner "win coalition," also der Gruppe von Unterstützern, die das Regime zum Überleben benötigt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, und insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert, alle Zahlungen an Äthiopien auszusetzen und sie an internationale Organisationen umzuleiten, die Direkthilfe ohne Beteiligung der äthiopischen Regierung für vom Krieg betroffene Menschen leisten."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.