1600/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 19.05.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Konversionstherapien stoppen - einstimmigen Entschließungsantrag aus 2019 endlich umsetzen

 

Bereits im Juli 2019 hat der Nationalrat auf Initiative des Abg. Mario Lindner (SPÖ) eine einstimmige Entschließung gefasst (82/E), die dezidiert die unverzügliche Ausarbeitung einer Regierungsvorlage gefordert hat, die die Ausübung von sogenannten Konversions- und vergleichbaren "reparativen Therapieformen" an Minderjährigen verbietet. Diese Regierungsvorlage wäre dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorzulegen gewesen.

Was ist in der Zwischenzeit passiert? Obwohl es sich hierbei um eine einstimmige Entschließung aller damals im Parlament vertretenen Parteien (2019 exklusive Grüne) gehandelt hat, wurden bis heute in dieser Hinsicht keine weiteren Schritte gesetzt. Lediglich ein informatives Rundschreiben ohne unmittelbar rechtsverbindliche Wirkung erging am 29. Oktober 2019 an Behörden, Kammern und Berufsverbände, in dem der Sachverhalt noch einmal erläutert und als bereits gesetzlich ausreichend geregelt beschrieben wurde.

Was ist anderswo passiert? In Deutschland bspw. wurde am 7. Mai 2020 im Deutschen Bundestag ein weitreichendes Verbot von sogenannten Konversionstherapien als „wichtiges gesellschaftliches Zeichen an alle, die mit ihrer Homosexualtität hadern“ - so deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn – beschlossen und bereits am 12. Juni 2020 wurde das Gesetz zum Schutz von Konversionsbehandlungen in Deutschland erlassen!

Dieses Gesetz stellt die Durchführung von Konversionstherapien an Minderjährigen bis 18 Jahren und Volljährigen, die nicht wirksam eingewilligt haben, unter Strafe. Es verbietet zudem das öffentliche Werben für sowie das öffentliche Anbieten und Vermitteln von Konversionstherapien. Das Vermitteln einer Konversionsbehandlung an einen Minderjährigen ist grundsätzlich sogar als Beihilfe zur Durchführung der Behandlung strafbar, wenn die vermittelte Konversionsbehandlung durchgeführt wurde.  Verstöße gegen das Verbot von Konversionsbehandlungen werden mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft. Verstöße gegen das Verbot der Werbung, des Anbietens und Vermittelns werden mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet.
 https://www.bundesgesundheitsministerium.de/konversionstherapienverbot.html

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat erklärt, dass Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit keine Krankheit sind und keine Indikation für eine „Therapie“ besteht. Seit 1991 wird in der WHO-Klassifikation Homosexualität nicht mehr als psychische Störung aufgeführt, Transsexualität wurde im Mai 2019 von der Liste der psychischen Erkrankungen gestrichen. Der Weltärztebund hat 2013 sog. Konversionstherapien als Menschenrechtsverletzung und als mit der Ethik ärztlichen Handelns unvereinbar verurteilt.

Was also hindert Österreich daran, hier endlich tätig zu werden und zumindest die seit 2019 bestehende einstimmige Entschließung umzusetzen? Die Situation für homosexuelle Menschen hat sich diesbezüglich nicht verbessert. Noch immer gibt es Gruppen und Organisationen, die die Überzeugung vertreten und verbreiten, nicht heterosexuelle Orientierungen (z.B. Homo- oder Bisexualität) oder abweichende Geschlechtsidentitäten (z.B. Transgeschlechtlichkeit) seien eine „Krankheit“ und behandlungsbedürftig. Sie bieten sog. Konversionstherapien an, die darauf abzielen, die sexuelle Orientierung oder die selbstempfundene geschlechtliche Identität einer Person gezielt zu verändern oder zu unterdrücken. Wo sie durchgeführt werden, entsteht oft schweres körperliches und seelisches Leid. Wissenschaftlich nachgewiesen sind schwerwiegende gesundheitliche Schäden durch solche „Therapien“ wie Depressionen, Angsterkrankungen, Verlust sexueller Gefühle und ein erhöhtes Suizidrisiko. Nachgewiesen sind zudem auch  Stigmatisierungs- und Diskriminierungseffekte auf Dritte in Form von Minderheitenstress.

Es gilt daher nach wie vor, zumindest die einstimmige Entschließung des Nationalrats vom 02. Juli 2019 umzusetzen, um unverzüglich den notwendigen, angemessenen und vollständigen Schutz von Minderjährigen vor solchen sog. Konversions- und vergleichbaren "reparativen Therapieformen" zu garantieren. Es ist unabdingbare Aufgabe der Politik, für den Schutz der Betroffenen zu sorgen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, werden erneut aufgefordert, unter Einbindung der wissenschaftlichen Fachvereinigungen unverzüglich eine Regierungsvorlage auszuarbeiten, mit der die Ausübung von Konversions- und vergleichbaren „reparativen Therapieformen“ an Minderjährigen verboten wird, und diese dem Nationalrat zur Beschlussfassung zu übermitteln."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.