1606/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 19.05.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Verlustkompensation: einfach, einheitlich und transparent

 

Die Pandemie hat uns mehrere Dinge schmerzhaft vor Augen geführt: Die strukturellen Defizite in unserem Land. Dass wir aus unseren Fehlern endlich lernen müssen. Und dass veraltete Muster keine Basis für das Überstehen einer solche Krise bieten und uns aufhalten, nach vorne zu kommen. Daher braucht es einen echten Neustart. Wie durch ein Brennglas sehen wir nun, wo unsere Schwächen liegen, wo wir an unsere Grenzen gestoßen sind, was man besser machen kann - und soll.

 

Die unerwartete Pandemie: Mangelhafte Vorbereitung und dauerhafte Improvisation als schlechte Wirtschaftspolitik in der Krise

Die Stützung großer Teile der Wirtschaft über einen so langen Zeitraum, wie das im letzten Jahr passiert ist, hat es in dieser Form zuvor nicht gegeben. Geeignete Instrumente standen nicht bereit und so musste die Politik zunächst schnelle Maßnahmen ergreifen. Der parteiübergreifende Schulterschluss endete aber relativ rasch, als die schlechte Gewohnheit zur Intransparenz vonseiten der österreichischen Volkspartei zur Gründung der COFAG führte - spätestens aber als klar wurde, dass die Bundesregierung - geblendet von niedrigen Infektionszahlen - keine Vorbereitungen für den Herbst in Angriff nahm. Stattdessen inszenierte der Bundesminister für Finanzen aus Wahlkampfgründen einen Schaukampf mit der Europäischen Kommission. Wochen und Monate vergingen, viele Pressekonferenzen ersetzten die inhaltliche Vorbereitung möglicher Hilfsinstrumente für von erneuten Schließungen akut bedrohte Unternehmer_innen in Österreich. Instrumente wurden erst dann rasch zusammengestellt, als die zweite Welle bereits einen dunklen Schatten über die österreichische Wirtschaft warf, weitgehende Schließungen also unmittelbar bevorstanden. Der leichten Beantragung des Umsatzersatzes stand eine überschießende Ausgestaltung gegenüber - selbst der Bundesregierung war bald klar, dass dieses Instrument nicht zielgerichtet ist. Aus unnötiger Improvisation geboren, war der Umsatzersatz für ein monatelanges Ausrollen schlichtweg zu teuer. Die darauffolgenden Instrumente wiederum zu kompliziert - der Fixkostenzuschuss 800.000 sollte als Heilsbringer die Unternehmen über die Krise bringen - so das Versprechen. Aktuelle Zahlen belegen die von NEOS von Anfang an geäußerten Befürchtungen. Nur sehr wenige haben den Fixkostenzuschuss 800.000 beantragt - zu unpräzise der Richtlinientext, zu riskant die darin abverlangten Prognosen. Doch Probleme wurden und werden nicht zugegeben und so zauberte die Bundesregierung eine neue Kreation aus dem Hut: das Mischwesen Ausfallsbonus - halb Zuschuss, halb Vorschuss - war geboren. Aufgebaut auf den Fehlern der Vergangenheit konnte dieser nie wirklich laufen und humpelte von Anfang an. Was halbwegs funktionierte wurde kurzerhand aufgefettet - der am Fixkostenzuschuss 800.000 festhängende Teil ignoriert statt repariert. Die mangelhafte Ausgestaltung der Wirtschaftshilfen führte nicht nur zu langen Verzögerungen in der Auszahlung, sondern ebenfalls zu einer sehr unbefriedigend anmutenden Verteilung der Auszahlungen, die mehr dem Zufallsprinzip folgt als inhaltlich durchdachter Zielvorstellungen. Klare Regeln für Unternehmensgruppen wurden nicht eingebaut, weshalb manche nur einen einzigen Antrag stellen konnten, während andere pro Einheit einen solchen stellen konnten.

 

Mehr Krise/Mehr Show/Mehr Krise - Wie anhaltender Selbstlob die Unternehmen geschlossen hielt

Die zweifellos große Herausforderung für Regierungen weltweit besteht zum einen in der Bereitstellung geeigneter Hilfsinstrumente für Betroffene. Andererseits ist die Schaffung von Vertrauen in der Bevölkerung in die von der jeweiligen Regierung gesetzten Maßnahmen für eine erfolgreiche Krisenpolitik essenziell. Ein ruhiger und transparenter Kommunikationsstil mit dem Ziel, für möglichst große Planungssicherheit zu sorgen, bildet die Grundlage für ein solches Vertrauen. Der Zickzack-Kurs der österreichischen Bundesregierung mit klaren Fokus auf Selbstdarstellung sorgte für immer weniger Verständnis in der Bevölkerung. Pressekonferenz reihte sich an Pressekonferenz, hin und zurück wurde gerudert, viel wurde versprochen und nicht gehalten - das Ergebnis: unnötig selbstgemachte Verwirrung und sehr viel Frust bei den Zusehern. Die Pandemie verstärkte den bestehenden Drang der Regierungsparteien zur Selbstinszenierung und erschwerte somit eine effektive Bekämpfung eben dieser. Das Resultat dieser verfehlten Kommunikation waren steigende Infektionszahlen und eine der höchsten Quote an Schließungstagen in Europa. Die Eitelkeit einzelner Regierungsmitglieder stand einer effektiven Krisenbekämpfung im Weg und sorgte für lange Schließungen in Österreich.

 

Beratungsresistenz: anhaltende Belastung für Österreichs Unternehmen

Immer wieder wurde der Lockdown verlängert und immer wieder wurden neue - unterschiedliche und doch überschneidende - Wirtschaftshilfen präsentiert. Die bereits vor der Krise niedrige Eigenkapitalquote in österreichischen Unternehmen, und ganz besonders in Tourismusbetrieben, belastet diese schwer und hätte es besonders nötig gemacht, effiziente und transparente Instrumente zur Verfügung zu stellen. Schlechtes Management durch Bundesregierung strapazierte nicht nur die Geduld der Unternehmer_innen in Österreich. Die mangelhafte und intransparente Gestaltung erschwerte die Antragstellung und die Bearbeitung der Anträge. Während des langen Wartens auf eine Antwort der Blackbox COFAG mussten viele Unternehmer_innen zusehen, wie ihre Liquidität immer mehr aufgebraucht war. Zahlreiche Experten, betroffene Unternehmen und Oppositionsparteien wiesen immer wieder auf bestehende Konstruktionsfehler hin und drängten auf nötige Verbesserungen. Beratungsresistent wurde stattdessen das geschaffene Hilfenwirrwarr gelobt. Diese anhaltende Belastung für heimische Betriebe soll endlich abgestellt werden und ein taugliches Instrument für die weitere und künftige Bewältigung solcher Wirtschaftskrisen eingeführt werden. Eine Verlängerung der bestehenden Hilfen würde die aktuellen Fehlentwicklungen nur verstärken.

Zur Abwechslung mal vorbereitet - Verlustkompensation als einfaches, einheitliches und transparentes Kriseninstrument

Die mangelhafte Ausgestaltung bestehender Wirtschaftshilfen hat Experten schon sehr früh dazu veranlasst, effizientere Instrumente zur Krisenbewältigung zu konzipieren. Der designierte Leiter des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts, Prof. Dr. Gabriel Felbermayr, machte bereits im Dezember 2020 einen konkreten Vorschlag für ein effizientes Instrument zur Bekämpfung dieser aber auch zukünftiger Krisen - das Kieler Modell für betriebliche Stabilisierungshilfen. Im Gegensatz zu bestehenden Instrumenten ist dieses nicht an Umsatz oder Fixkosten orientiert, sondern am Betriebsergebnis. Anhand einheitlicher Kriterien soll es zu keiner Diskriminierung nach Branchen, Größe oder Rechtsform mehr kommen. Eine Kompensation wird nach der Betroffenheit der Branche zentral ermittelt und errechnet sich zunächst nicht nach den Verlusten eines einzelnen Unternehmens. Dies sorgt dafür, dass dieses Instrument schnell aktiviert werden kann und rasch Liquidität in die Unternehmen gespült wird. Komplizierte Einzelfallprognosen, wie derzeit nötig, wären also nicht erforderlich. Die Endabrechnung erfolgt bei Erledigung der Steuererklärung. Da es keine starre Grenze als Voraussetzungen für Anträge gibt, hätten Unternehmen so auch die Möglichkeit und auch den Anreiz in der Krise mehr zu verdienen. Der Vorteil dieses Instruments liegt auch darin, dass es das Eigenkapital der Unternehmen stärkt und damit ihre Krisenresilienz. Im Gegensatz dazu schützt der Fixkostenzuschuss vor allem Fremdkapitalgeber. Nach Vorbild dieses Modells sollte die Bundesregierung ein Instrument einführen, dass rasch Abhilfe leisten kann und modular auf weitere Branchen ausgeweitet bzw. dann wieder eingeschränkt werden kann. Zur Sicherstellung möglichst großer Effizienz und Transparenz sollten Anträge über FinanzOnline beantragt und vom Bundesministerium für Finanzen direkt bearbeitet werden können. Bisherige Erfahrungen in der Verteilung sollten in Form von klaren Vorgaben für Unternehmensgruppen einfließen. Die anhaltende Krise in manchen Branchen sowie die unsichere Entwicklung der Pandemie im kommenden Herbst sollten für die Bundesregierung Grund genug sein, endlich ein passendes Kriseninstrument zu entwickeln und für die kommenden Monate zur Abwechslung mal vorbereitet zu sein.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, ein einheitliches und transparentes Instrument zur weiteren Bewältigung der aktuellen, wie auch zukünftiger Wirtschaftskrisen nach Vorbild des Kieler Modells für betriebliche Stabilisierungshilfen einzuführen. Im Vordergrund sollte dabei die rasche Stärkung des Eigenkapitals betroffener Unternehmer_innen sowie Nichtdiskriminierung und Transparenz stehen."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.