1618/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 19.05.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Neustart: rasches Gründen ohne Stolpersteine

 

Die Pandemie hat uns mehrere Dinge schmerzhaft vor Augen geführt: Die strukturellen Defizite in unserem Land. Dass wir aus unseren Fehlern endlich lernen müssen. Und dass veraltete Muster keine Basis für das Überstehen einer solchen Krise bieten und uns aufhalten, nach vorne zu kommen. Daher braucht es einen echten Neustart. Wie durch ein Brennglas sehen wir nun, wo unsere Schwächen liegen, wo wir an unsere Grenzen gestoßen sind, was man besser machen kann - und soll.

 

Go Found Yourself: Reformstau statt Gründerland Österreich 

Eine umfassende Reform, um das Gründen in Österreich deutlich zu erleichtern und den heimischen Standort damit zu attraktiveren, wird schon seit vielen Jahren diskutiert. Schon im Regierungsprogramm 2008-2013 wird eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen und Unternehmensgründer_innen gefordert. Bereits damals wurde ein One-Stop-Shop als notwendig erachtet, auch ein Bekenntnis zu Mitarbeiterbeteiligungen findet sich darin. Zahlreiche, zum Teil sehr konkrete, Forderungen wurden seitdem ausgearbeitet und vielfach besprochen, immer wieder fanden die bekannten Probleme in den neuen Regierungsprogrammen Einlauf - viel umgesetzt wurde aber nicht. Als Ergebnis dieses jahrzehntelangen Reformstaus ist es somit kein Wunder, dass Österreich vom Rest der Welt abgehängt wurde. Im Starting a Business Ranking der Weltbank belegt Österreich Rang 127. Während eine Gründung in Estland (Nummer 7 im gleichen Starting a Business Ranking) 4 Tage dauert, braucht es in Österreich 21 Tage. Auch in internationalen Rankings zu Startup-Gründungen ist klar ersichtlich, dass der Standort Österreich nicht mitgehalten hat. Während in Österreich Stillstand herrschte, haben kleine wie große Staaten in Europa große Reformen hinter sich gebracht und sind damit auch zu digitalen Vorreitern in der EU und weltweit geworden. Bekenntnisse zu Reformen finden sich auch in der aktuellen Regierungsvereinbarung. Wegen des großen Aufholbedarfs ist es notwendig, dass eine umfassende Modernisierung der Rahmenbedingungen rund um das Thema Gründen so rasch wie möglich umgesetzt wird. Die dafür nötigen Rezepte liegen auf dem Tisch bzw. in zahlreichen Schubladen. Fokus sollte dabei auf modernere und international wettbewerbsfähige Gesellschaftsformen wie auch auf eine einfache, rasche und digital durchführbare Gründung liegen.

 

Corona-Krise als Sprungbrett nach vorne oder weiter nach unten

Die pandemiebedingte Wirtschaftskrise hat Unternehmen in Österreich schwer unter Druck gesetzt. Trotz gewisser Zeichen der Erholung kann bereits jetzt gesagt werden, dass es in vielen Bereichen noch sehr lange dauern wird, bis an Vorkrisenzeiten angeknüpft werden kann. Wegen der aktuellen Maßnahmen im Bereich der Abgabenstundung und Insolvenzanmeldungen kann nicht beurteilt werden, wie viele Unternehmen es aus dieser Krise schaffen werden. Zahlreiche Experten warnen jedoch vor einer auf uns zukommenden Insolvenzwelle. Ein neuer Rahmen - einfacher und moderner - soll es Unternehmer_innen in Österreich erlauben, selbst nach einer Insolvenz neue Zugänge zu Unternehmertum zu finden. Dazu ist jedes Scheitern eines Unternehmens immer auch eine potenzielle Chance für neue Unternehmer_innen, die aufkommenden Lücken zu schließen und durch innovative Konzepte immer stärker zu wachsen. Zahlreiche Reformen stehen seit langer Zeit an und würden für eine überfällige Modernisierung des Standortes sorgen. Mitarbeiterbeteiligung hat sich zum Beispiel gerade im Start-up Bereich als probates Mittel erwiesen, um die besten Köpfe zu gewinnen, zu halten und zu Bestleistungen zu motivieren. Flexible und modernere Gesellschaftsstrukturen sind ein wichtiges Instrument für neue Unternehmer_innen wie für internationale Investoren. Die aktuelle Krise kann somit mit den richtigen Rahmenbedingungen auch zum Startschuss einer längst überfälligen Aufholjagd des Standorts Österreich werden. Grundvoraussetzung dafür ist aber, dass diese Instrumente rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden. Halbernst umgesetzte Reformen im nächsten Jahr sind zu wenig und starten den erhofften Turbo ebenso wenig wie weitere Absichtserklärungen im nächsten Regierungsprogramm.

 

Gedämpfte Erwartungen: nationales Schweigen nach großen internationalen Erklärungen

Es ist seit vielen Jahren auf der ganzen Welt bekannt, dass niedrige Hürden beim Gründen und eine zentrale, rasche und digitale Abwicklung essenzielle Bestandteile des Erfolgs eines Standortes sind. Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort hat wohl deshalb am 13. März 2021 eine Start-up-Deklaration unterzeichnet. Eine Gründung sollte nach diese Erklärung innerhalb von 24 Stunden und mit höchsten 100 EUR an Kosten möglich sein. Große Ankündigungen fallen Vertretern der Bundesregierung bekanntlich leicht über den Lippen, eine rasche Umsetzung dieser ambitionierten Ansagen erscheint insofern zweifelhaft, als im Punkto Digitalisierung trotz neuem großen Digitalisierungsfonds ein solcher One-Stop-Shop nicht prominent aufgeführt wurde. Einfaches und rasches Gründen wurde nicht mal im Zuge der Pressekonferenzen zur neuen Industriestrategie 2040 von der zuständigen Bundesministerin erwähnt. An der Ambition in der Umsetzung dieser Erklärung wird die Standortpolitik dieser Bundesregierung wesentlich abhängen. Innerhalb sehr kurzer Zeit könnte der regulatorische Rahmen zwischen Bundesregierung, Experten, Unternehmer_innen und Opposition erarbeitet und beschlossen werden. Die Einführung eines umfassenden One-Stop-Shops würde zwar eine gewisse Zeit dauern aber ohne Ambition zum Startschuss, abseits aller Versprechen, auch nie Wirklichkeit werden.

 

Neuer Rahmen, neuer One-Stop-Shop, neuer Standort Österreich

Es braucht somit nicht viel mehr, als die Umsetzung von alledem was über die Jahre angekündigt und versprochen wurde. Es ist wichtig erneut zu betonen, dass es hier ganz besonders auch um das Tempo geht. Auch wenn Geschwindigkeit nie über Qualität gehen darf, sollte möglichst viel Anstrengung vonseiten der Bundesregierung unternommen werden, um jene Mittel so rasch wie möglich zur Verfügung zu stellen, die unser Land aus der Krise bringen würden. Eine Modernisierung des Gesellschaftsrechts soll Unternehmer_innen mehr Möglichkeiten bieten. Bestehende Gesellschaftsformen sollen reformiert und damit Neustart-fit gemacht werden. Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftungen soll das Stammkapital auch 0 EUR betragen können mit der gleichzeitigen Verpflichtung in solchen Fällen 25% des Gewinns in das Eigenkapital fließen zu lassen, bis das Stammkapital von 10.000 EUR erreicht wird (GmbH Zero). Angesichts des großen Rückstandes des österreichischen Private Equity Marktes im EU-Vergleich brauchen Unternehmer_innen in Österreich auch neue Formen von Investmentgesellschaften, um endlich mehr Optionen der Finanzierung bzw. Beteiligung zu haben. Eine Modernisierung sollte ebenfalls eine erleichterte Anteilsübernahme vorsehen, insbesondere was Mitarbeiterbeteiligungen angeht. Diese gesetzlichen Änderungen könnten sehr rasch erarbeitet und beschlossen werden. Mit Mitteln aus dem Digitalisierungsfonds soll dann auch eine zentrale Anmelde- und Abwicklungsstelle geschaffen werden, auf der sämtliche notwendigen Schritte für eine Unternehmensgründung erfolgen können. Anders als Unternehmensserviceportal oder andere Angebote soll diese Plattform nicht nur Informationen und Links zu Gründungen enthalten. Von der Steuernummer bis hin zum Gewerbeschein oder Meldungen bei der Sozialversicherung soll alles zentral auf dieser Plattform erledigt werden können. Im Hintergrund würden die Anträge an die entsprechenden Stellen gesendet werden, die wiederum direkt auf der Plattform die Ergebnisse eingeben können. Der Absichtserklärung Österreichs in der Declaration on Startups Nations Standard of Excellence entsprechend soll eine Gründung innerhalb von 24 Stunden mit Kosten von maximal 100 EUR rein digital möglich sein. Dem Anspruch folgend, internationale Standards zu erfüllen, soll eine Gründung selbstverständlich auch vollständig in englischer Sprache möglich sein. Ein solches ambitioniertes Modernisierungspaket wäre ein wichtiges Signal an alte, neue und potenzielle Unternehmer_innen in Österreich und weltweit.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort sowie die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, rasch einen modernen Rahmen für Gründungen zu erarbeiten und vorzulegen. Dabei sollte die Einführung einer einheitlichen, digitalen Anmelde- und Abwicklungsstelle sowie eine Reform des Gesellschaftsrechts hinsichtlich modernisierter sowie neuer Gesellschaftsformen und Möglichkeiten des Beteiligungsmanagements im Vordergrund stehen." 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.