1630/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 19.05.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Petra Vorderwinkler,

Genossinnen und Genossen

 

 

betreffend Schlüsselrolle von Schulen beim Thema Gewaltschutz

 

In Österreich wurden in den letzten 4 Monaten 14 Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordert. 2020 wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik 31 Frauen – häufig von ihren (Ex-) Partnern oder Familienmitgliedern – ermordet. Davor gab es im Jahr 2018 sogar einen Höchststand von 41 Morden an Frauen. Zum Vergleich: 2014 wurden 19 Frauen umgebracht. Es kam also in diesem Zeitraum zu mehr als einer Verdoppelung der ermordeten Frauen – ein trauriger Rekord.

Es braucht daher dringend österreichweite Maßnahmen für mehr Gewaltschutz und Präventionsarbeit. Die Vorschläge, die bisher von der Regierung präsentiert wurden, zielen vor allem darauf ab, den betroffenen und gefährdeten Frauen unmittelbar Schutz zu bieten. Maßnahmen, die das Problem an der Wurzel behandeln könnten, fehlen allerdings weitgehend. Denn Frauenhass ist nach wie vor ein unterschätzter Teil in unserer Gesellschaft. Es geht also um nichts Geringeres als um eine Änderung der Wertehaltungen. Und diese entwickeln sich meist bereits im Kindesalter.

Besonders wichtig ist es deshalb, dass Kinder so früh wie möglich lernen, mit eigenen Gefühlen wie Wut oder Aggression umzugehen, Konflikte gewaltfrei lösen zu können, und auch, wie sie die eigenen Grenzen anderen gegenüber aufzeigen und verteidigen, sowie Grenzen des anderen zu akzeptieren und Wertschätzung füreinander zu entwickeln. Es ist der Schlüssel um aus der Generation der Erwachsenen von Morgen eine gewaltfreiere Gesellschaft zu machen.

Daher ist es wichtig, dass das Thema auch in der Schule behandelt wird. Beim Runden Tisch zu Gewaltschutz, Opferschutz und Gewaltprävention am 12. Mai 2021 waren zwar neben Frauenministerin, Justizministerin, Innenminister und Sozialminister auch Frauenorganisationen vertreten, auffallend war allerdings, dass Bildungsminister Faßmann nicht daran teilnahm. Was er - beziehungsweise die Regierung - im Bereich der Schulen und Gewaltprävention planen, wurde bisher nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei ist gerade die Schule ein geeigneter Lernort, dort treffen sich tagtäglich Buben und Mädchen. Gewalt hat immer auch etwas mit Macht- und Kontrollausübung von Männern gegenüber Frauen zu tun. Es ist Aufgabe der Schule für einen Unterricht zu sorgen, der darauf abzielt, traditionelle Rollenbilder abzubauen und Geschlechtergerechtigkeit herzustellen.

Die Corona-Pandemie hat unumstritten auch ihre Auswirkungen in den Familien:

Arbeitslosigkeit, finanzielle Probleme, psychischer Druck, Freiheitseinschränkungen und ihre Auswirkungen. All das geht nicht spurlos vorüber. Die Erwachsenen sind überfordert. Als Folge davon nahm leider auch die häusliche Gewalt zu.

Auch Kinder sind von der Situation unmittelbar betroffen und wissen oft nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Vor allem fehlt Ihnen die Möglichkeit und der Ort diese bedrückenden Gefühle zu verarbeiten. Oft mangelt es auch an Vorbildern beziehungsweise eine Alternative, um erlernen zu können, wie Probleme ohne Gewalt gelöst werden könnten. Gerade Bildungseinrichtungen hätten die Möglichkeit dem professionell gemeinsam mit PädagogInnen, PsychotherapeutInnen oder PsychologInnen entgegen zu wirken.

Bisher wurde Gewaltprävention zwar als schulischer Schwerpunkt gesehen, bei der Umsetzung oder den Inhalten mangelt es aber an verbindlichen Vorgaben. Die Finanzierung von professionell abgehaltenen Gewaltpräventionsworkshops durch darauf spezialisierte Vereine oder Organisationen, die über Wochen oder Monate gehen - was in der Praxis allerdings notwendig wäre, denn ein eintägiger Workshop oder eine einzige Stunde dazu bringen nur wenig - obliegt den Schulerhaltern, den Elternvereinen oder den Eltern meist selbst. Viele haben dies daher in der Form nicht durchgeführt.

De facto fehlt aber auch ein eigenes Schulfach, in dem es ausreichend Zeit und Raum gibt über genau solche Frage- und Problemstellungen zu diskutieren und zu reflektieren. Die Einführung eines Ethikunterrichts für alle SchülerInnen könnte eigentlich einen Rahmen für die Entwicklung einer soliden Wertehaltung bieten und eine qualifizierte Auseinandersetzung über Konfliktlösungsstrategien und Gewalterfahrungen ermöglichen. Vor allem an Schulen braucht es ein Klima der Toleranz und Wertschätzung, in dem SchülerInnen zu selbstständigen, verantwortungsvollen Menschen heranwachsen können. Der Ethikunterricht würde damit auch als wichtige Präventionsmaßnahme wirken.

Leider hat die Regierung den Ethikunterricht Ende letzten Jahres nur für jene SchülerInnen beschlossen, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben bzw. konfessionslos sind. Eingeführt wird der Ethikunterricht lediglich in der Sekundarstufe II (Oberstufe), UnterstufenschülerInnen und auch BerufsschülerInnen sind damit nicht umfasst. Das Ministerium rechnet folglich mit rund 100.000 SchülerInnen, die dann den Ethikunterricht besuchen werden. Mit einem Anteil von nicht einmal 10% der SchülerInnen wird hier lediglich ein „Minderheitenprogramm“ verwirklicht – was angesichts der immer größer werdenden Herausforderungen, auch im Hinblick auf steigende Gewalt, sehr schade ist.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert umgehend ein umfangreiches Paket zum Thema Gewaltprävention für Kindergärten und alle Schultypen und Schulstufen vorzulegen, das unter anderem folgende Punkte vorsieht:

·         Fixe Implementierung und ausreichende Finanzierung von Gewaltpräventionsworkshops und Präventionsprojekten zu gewaltfreier Konfliktlösung mit externen Orgnisationen in allen Bildungseinrichtungen, bereits im Kindergarten. Hierfür braucht es eine Liste von AnbieterInnen, die vom Ministerium geprüft und empfohlen werden.

·         Einführung eines flächendeckend und verpflichtenden Ethikunterrichts für alle SchülerInnen. All jene SchülerInnen, die den Religionsunterricht besuchen wollen, sollen diesen - wie bisher - besuchen können. Gewaltprävention und genaue Kriterien und inhaltliche Vorgaben sollen als expliziter Schwerpunkt im Lehrplan verankert werden.

·         Ausbau von Maßnahmen gegen Mobbing und Gewalt an Schulen, wie zum Beispiel Peer-Mediations-Programme für SchülerInnen. Hierfür werden SchülerInnen ausgebildet, Konfliktsituationen zu erkennen und deeskalierende Lösungen zu erarbeiten. Die Umsetzung dieser Programme soll regelmäßig evaluiert werden.“

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Unterrichtsausschuss