1639/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 20.05.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim,

Genossinnen und Genossen

betreffend die dramatische Unterdotierung der Gerichtsmedizin in Österreich

Laut einem Bericht von ORF.at Redaktion Steiermark vom 10. Mai 2021 beklagt die Gerichtsmedizinerin Dr.in Alexandra Maierhofer von der klinisch-forensischen Untersuchungsstelle in Graz die Tatsache, dass es zu wenige GerichtsmedizinerInnen in Österreich gäbe. „Da sei man Schlusslicht [...] gerade was Gewaltprävention und forensische Gerichtsmedizin betrifft.“

Es ist seit längerem bekannt, dass die Gerichtsmedizin in Deutschland und in der Schweiz viel besser in die Gewaltprävention integriert sei. In Österreich fehlen die finanziellen Mittel. Auch im Wahrnehmungsbericht von Justizminister Dr. Clemens Jabloner aus dem Jahr 2019 kann man ersehen, welche Probleme es bei der Gerichtsmedizin gibt (siehe S. 29-31, Kapitel VIII. Finanzierung gerichtsmedizinischer Leistungen).

Dort selbst heißt es unter anderem:

„Die Medizinischen Universitäten stehen nun auf dem Standpunkt, dass die Aufrechterhaltung der gerichtsmedizinischen Einheiten GMI im ausschließlichen Interesse der Justiz liege, ein wissenschaftliches Interesse an der Beibehaltung der GMI bestehe de facto nicht. Der Betrieb der GMI stelle insofern eine Quersubventionierung zu Gunsten der Justiz dar, bei der die Universitäten in Vorleistung treten würden. Der hiefür im Geb AG vorgesehene Aufwandersatz sei viel zu niedrig. Mangels Deckung der Kosten zur Aufrechterhaltung der gerichtsmedizinischen Einheiten, könnten die Ausbildungsplätze (für die es zudem kaum Interessenten gebe) nicht finanziert werden; äla longue stehe die Streichung dieser Einheiten aus den Entwicklungsplänen der Universitäten im Raum. Die politische Wirkungsdimension wird unter der Schlagzeile, Fehlende Investitionen in der Gerichtsmedizin helfen den Mördern' diskutiert.“[1]

Weitere Probleme, die von GerichtsmedizinerInnen dargelegt werden:

-       Es braucht eine bessere Bezahlung in der Gerichtsmedizin. Mit 2.800€ brutto liegen gerichtsmedizinische AusbildungsassisentInnen derzeit weit unter den Gehältern praktisch aller anderen ÄrztInnen. Erst viele Jahre nach Studienabschluss gibt es die Möglichkeit zusätzlicher Einnahmen durch gerichtlich beeidete Sachverständigentätigkeit. Auch hier sind die Honorare allerdings bescheiden.

-       Es gäbe kein vernünftiges Karrieremodell für GerichtsmedizinerInnen.

Das Durchschnittsalter der gerichtsmedizinischen Sachverständigen liege bei knapp 60 Jahren.

-       Wurden 1984 in Österreich noch 30.737 Personen nach ihrem Ableben einer Autopsie zugeführt, waren es 2018 nur noch 8.539. Dies hat sich seitdem auch nicht verbessert.

Die Ursache von bis zu 30% der Todesfälle werde nicht sachkundig aufgeklärt. Mehr als 20 Morde pro Jahr bleiben angeblich demnach unentdeckt.

Es ist hoch an der Zeit, dass die Bundesministerien für Justiz, für Wissenschaft und für Finanzen endlich gemeinsam einen Ausweg aus der Misere suchen und mehr Geld für die Gerichtsmedizin zur Verfügung stellen.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Justiz, der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, gemeinsam einen Weg aus der derzeitigen Misere der Gerichtsmedizin zu suchen und der Gerichtsmedizin wesentlich mehr Budgetmittel als bisher zur Verfügung zu stellen. Damit soll auch das Berufsbild der GerichtsmedizinerInnen wieder deutlich aufgewertet und die Ausbildung den Erfordernissen unserer Zeit angepasst werden.

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Justizausschuss



[1] https://www.justiz.gv.at/file/2c94848b6d50e800016e6a285abf00ed.de.0/wahrnehmungsbericht_hbm%20jabl

oner.pdf (S.29)