1694/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 26.05.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend LGBTIQ-inklusive Lehr- und Lernmaterialien und niederschwellige Anlaufstellen in Österreichs Schulen

 

Der Jahresbericht ILGA-Europe, der die rechtlichen, politischen und sozialen Entwicklungen in 54 Ländern und 4 europäischen Institutionen dokumentiert, zeichnet alljährlich die relevanten positiven und negativen Trends in Bezug auf die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen und die Menschenrechte in Europa und Zentralasien auf.

Der diesjährige Rückblick für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2020 zeigt, dass LGBTIQ-Personen und -Gemeinschaften in Europa infolge der krisenhaften Ereignisse des Jahres 2020 an den gesellschaftlichen Rand gedrängt wurden, und er macht Lücken in Bezug auf die Lebensrealität von LGBTIQ-Menschen in Europa und Zentralasien deutlich. Insgesamt wurde ein starker Anstieg von Missbrauch und Hassreden gegen LGBTIQ-Personen verzeichnet. Viele von ihnen wurden anfällig für Obdachlosigkeit und mussten in feindliche Familien- und Gemeinschaftssituationen zurückkehren. 

In Summe besorgniserregende Entwicklungen, die nicht zuletzt auch durch die Corona-Krise-Pandemie noch zusätzlich befeuert wurden und aufzeigen, dass eine allgemeine Zunahme von Gewaltbereitschaft häufig verstärkt zulasten von vulnerablen Gruppen, wie auch der LGBTIQ-Personen, geht. Dem gilt es gesellschaftlich so umfassend und vor allem auch so frühzeitig wie möglich entgegenzuwirken.

Auch in Österreich stellen von der Heteronormativität abweichende sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten immer noch ein Tabuthema und einen Diskriminierungsgrund dar. Das bestätigte auch die weltweit größte LGBTIQ-Studie der europäischen Grundrechte-Agentur FRA. Ihr zufolge geben 40% der LGBTIQ-Personen in Österreich an, sich innerhalb von 12 Monaten mindestens einmal diskriminiert gefühlt zu haben, 33% berichten von Belästigungen und 11 % der Befragten berichteten von physischen oder sexuellen Übergriffen innerhalb der letzten fünf Jahre. https://fra.europa.eu/de/news/2020/umfrage-unter-lgbti-personen-europa-dominiert-die-hoffnung-oder-die-angst

Vor allem der schulische Bereich, der Arbeitsplatz und die medizinische Versorgung kristallisieren sich dabei als Problemfelder heraus. Viele LGBTIQ-Personen verheimlichen daher immer noch ihre sexuelle Identität aus Angst vor Spott, Diskriminierung und Gewalt. Besonders im Schulunterricht wird anhand der Lehr- und Lernmaterialien und des Aufklärungsunterrichts deutlich, dass über Homo-, Inter- oder Transsexualität noch immer nicht offen gesprochen wird und nur wenige Lehrer_innen sich aktiv mit diesem Thema befassen.

LGBTIQ-Personen und besonders -Jugendliche wissen oft nicht, an wen sie sich mit ihren Fragen und Gefühlen wenden können, leiden vermehrt an Depressionen und gesteigerter Suizidgefahr. Die Entfaltung der eigenen sexuellen Orientierung und Identität ist ein wichtiger Schritt der Persönlichkeitsentwicklung und wirkt sich nachhaltig auf die Lebensqualität eines Menschen aus. Es ist daher besonders wichtig, bereits im Schulunterricht offen an LGBTIQ-bezogene Themen heranzugehen, für sachliche und fundierte Aufklärung zu sorgen und deutlich gegen verbale und physische Gewalt und Diskriminierung einzutreten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, ein umfassendes Konzept zu erarbeiten, das die rasche Verankerung von LGBTIQ-bezogenen Themen, sachlicher Aufklärung hierzu und die Verwendung von LGBTIQ-inklusiven Lehr- und Lernmaterialien im österreichischen Schulunterricht vorsieht. Darüber hinaus sollen an Schulen niederschwellige Anlaufstellen eingerichtet werden, an die sich Kinder und Jugendliche bei Fragen, Problemen und Diskriminierungserfahrungen wenden können, um Unterstützung zu erhalten."  



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.