1703/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 26.05.2021
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst
und weiterer Abgeordneter
betreffend Prophylaxe einer „Post-freedom society“
Unter der Überschrift „Smart City Charta. Digitale Transformation in den Kommunen nachhaltig gestalten“1 beschäftigt sich ein Strategiepapier des deutschen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) mit der Frage, wie die vollständige Gestaltung, Kontrolle und Organisation unseres gesellschaftlichen und privaten Lebens in der Zukunft denkbar wären.
Das Ziel der Charta oder besser der Strategie Smart City besteht darin, Menschen per Apps auszuforschen und durch Kontrolle zu dirigieren, teils über automatisierte Prozesse. So verwundert es nicht, dass der Begriff der Privatsphäre auf den 108 Seiten nur ein einziges Mal vorkommt. Der Privatmensch, der Bürger, das Individuum ist bürgerlich, gestrig, reaktionär, populistisch, rechts; modern und progressiv ist hingegen der gläserne, seiner Daten enteignete Gemeinschaftsmensch. Vor allem geht es in dem Papier darum, dass ständig vom Staat (von Kommunen und Kreisen) Daten erhoben werden, die für die Stadtentwicklungsplanung, aber auch für die Lenkung der Wirtschaft und der Bürger eine entscheidende Rolle spielen. Massive Eingriffe, die durchaus ideologisch begründet werden, sollen datengestützt vorgenommen werden, denn: „Lokale Sharing-Ansätze, neue Nachbarschaftsforen und nachhaltige Geschäftsmodelle, die sozialverträglich zu einer ressourceneffizienteren und CO2-freien Wirtschaft beitragen, sind zu stärken. Kreislaufwirtschaft, gemeinsames Nutzen oder Wiederverwerten von Materialien, Technologien und Produkten sollten gefördert werden.“ Kreislaufwirtschaft ist ein neues hübsches Nebelwort für den alten Begriff der Planwirtschaft, denn die Kreisläufe müssen vorgeschrieben, geplant und angewiesen werden, heißt, jedes Unternehmen hat dem ihm vorgeschriebenen Platz im Kreislauf einzunehmen. Der Staat, die Kreis- oder Stadtverwaltung greifen dirigistisch, wie man es aus dem Sozialismus kennt, in die Wirtschaft ein. Denn es ist der Staat, der dann die Vorgaben für die Kreislaufwirtschaft macht. Natürlich nach Gemeinwohlkriterien.2
Roope Mokka, Gründer des finnischen Think Tanks Demos Helsinki, beschreibt in dem Strategiepapier mehrere Punkte, wie ein solcher hypervernetzter Planet aussehen könnte:
1. Super resource-efficient society
Eine Gesellschaft, in der kein Gebäude leer steht, sondern die ganze Zeit optimal genutzt wird. Auch fahren keine Autos mehr leer. Neue Geräte und Maschinen generieren ihre eigene Energie. Für diejenigen, die an Energy Harvesting Sensoren arbeiten, erscheint die Diskussion über zentralisierte, große Kraftwerke sinnlos.
2. Post-choice society
Künstliche Intelligenz ersetzt Wahl: Wir müssen uns nie entscheiden, einen bestimmten Bus oder Zug zu nehmen, sondern bekommen den schnellsten Weg von A nach B. Wir werden auch nie unsere Schlüssel, Geldbeutel oder Uhren vergessen.
3. Post-ownership society
Dank der Information über verfügbare geteilte Waren und Ressourcen macht es weniger Sinn, etwas zu besitzen: Vielleicht wird Privateigentum in der Tat ein Luxus. Daten könnten Geld als Währung ergänzen oder ersetzen.
4. Post-market society
Im Grunde genommen sind Märkte Informationssysteme, die Ressourcen zuteilen. Als Informationssystem funktioniert ein Markt jedoch sehr einfach. Er übermittelt nur, dass eine Person dies oder das gekauft hat; wir wissen aber nicht warum. Künftig können Sensoren uns bessere Daten als Märkte liefern.
5. Post-energy society
Um ubiquitär genutzt zu werden, müssen Sensoren energieeffizient und energieautark sein. Wenn eine Datenrevolution stattfinden soll, muss Energy Harvesting – die Fähigkeit, Energie auf Makro-, Mikro- oder Nanoskala zu generieren und zu speichern – Alltag werden.
6. Post-voting society
Da wir genau wissen, was Leute tun und möchten, gibt es weniger Bedarf an Wahlen, Mehrheitsfindungen oder Abstimmungen. Verhaltensbezogene Daten können Demokratie als das gesellschaftliche Feedbacksystem ersetzen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
E N T S C H L I E S S U N G S A N T R A G
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert auf internationaler und EU-Ebene aktiv gegen die Einführung totalitärer Gesellschaftsmodelle unter dem Vorwand der Digitalisierung aufzutreten.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Menschenrechtsausschuss vorgeschlagen.
Quellen:
1. https://bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentichungen/themen/bauen/wohnen/smart-city-charta-langfassung.pdf?_blob=publicationFile&v=7
2. https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/die-ersetzung-der-demokratie-durch-ein-feedbacksystem-der-verwaltete-mensch/