1714/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 16.06.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Aufwertung und schrittweise Anerkennung der Nationalen Einheitsregierung in Myanmar

 

Als Folge des Februar-Coups, der ein Jahrzehnt der Öffnung und Demokratisierung in Myanmar beendete, beschlossen Staaten rund um die Welt verschiedene Sanktionen gegen das neue Militärregime. Unter den Staaten, die Sanktionen verhängten, sind die USA, die EU, Kanada und Großbritannien. Auch der österreichische Nationalrat verabschiedete eine Entschließung "betreffend die Situation in Myanmar." In dieser Entschließung wird der Außenminister vom Parlament aufgefordert, 

·         den Militärputsch zu verurteilen und die Verantwortlichen zu sanktionieren;

·         sich gemeinsam mit den EU-Partnern für eine sofortige Einstellung des gewaltsamen und eskalierenden Vorgehens der Militärjunta gegenüber den friedlichen Protesten der Zivilbevölkerung einzusetzen und die Freilassung der gewählten Volksvertreter_innen zu erwirken;

·         die Zivilgesellschaft zu unterstützen, Meinungs- und Versammlungsfreiheit einzufordern und freien Journalismus zu unterstützen;

·         das unverzügliche Ende des Ausnahmezustands zu verlangen;

·         sich für das Zusammentreten des gewählten Parlaments unter Respektierung des Wahlresultats vom November 2020 einzusetzen;

·         und sich für die Verbesserung der Situation der ethnischen Minderheit der Rohingya einzusetzen.

Seit der Entschließung, beschlossen im Außenpolitischen Ausschuss am 16. März und verabschiedet vom Nationalrat am 26. März 2021, hat sich die Lage in Myanmar stark verschlechtert. Aus Protesten und deren Unterdrückung wurden bürgerkriegsähnliche Zustände, in denen das Militär von Beobachtern beschuldigt wird, mit einer "shoot-to-kill" Strategie vorzugehen. Menschen "verschwinden" nach Aufgriff durch Sicherheitskräfte. Über 840 Menschen, davon mehr als 70 Kinder, wurden bereits getötet, über 4000 inhaftiert, viele auch gefoltert. Der Bürgerkrieg in den von den ethnischen Minderheiten bewohnten Grenzgebieten eskaliert wieder; der davor schon festgefahrene Friedensprozess zerfällt nun komplett. Gezielte Artillerie- und Luftschläge des Militärs gegen Zivilisten haben bereits zehntausende Menschen in die Flucht getrieben, zum Teil auch über die Landesgrenzen hinweg. Zusätzlich wurden zeitliche Beschränkungen für die Dienstdauer des Oberbefehlshabers und Coup-Anführers Min Aung Hlaing abgeschafft, das Regime kann nun (auch "legal") uneingeschränkt weiterregieren.

Gleichzeitig haben die im November gewählten Volksvertreter_innen eine Regierung der Nationalen Einheit ernannt. Diese beinhaltet mit Aung Myo Min einen Menschenrechtsminister der für seinen Aktivismus für die Rohingya wie auch dafür bekannt ist, dass er der erste offene LGBT-Minister Myanmars ist. Auch gibt es in der Einheitsregierung einen Föderalismusminister, Lian Hmung Sakhong. Dies ist besonders wichtig als Zeichen für die Inklusivität der Einheitsregierung in einem Land, dessen Geschichte von ethnischen Streitigkeiten und bewaffneten Konflikten geprägt ist. Minister Lian ist selbst Mitglied einer ethnischen Minderheit, der Chin. Eine derart breit aufgestellte Regierung bietet die Möglichkeit, das Land in einer föderalen, demokratischen Republik zu vereinen. Diese Chance gilt es von internationaler Seite her wahrzunehmen und zu unterstützen.

Eine der wichtigsten Herausforderungen für die Nationale Einheitsregierung ist es, den Unterstützer des Regimes zu zeigen, dass sie eine realistische Alternative zur Junta darstellt. Viele Regimeunterstützer und Soldaten hegen wenig Sympathien für die Generäle, spalten sich aber aus Angst, keine lebensfähige Alternative zu haben, nicht davon ab. Je schneller und deutlicher die Nationale Einheitsregierung sowohl innerhalb Myanmars als auch in wichtigen Nachbarstaaten, wie China oder in ASEAN, zeigen kann, dass sie zu einer anerkannten Alternative heranreift, desto eher kann eine Spaltung des Regimes und damit ein Ende der Repression und eine Rückkehr zu einer demokratisch legitimierten Regierung erreicht werden. 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert,

·         schnell den Kontakt zur Nationalen Einheitsregierung öffentlich zu suchen;

·         einen Plan zu erarbeiten, um schrittweise die Nationale Einheitsregierung als Vertretung Myanmars anzuerkennen; 

·         sich auf internationaler Ebene für die von der Nationalen Einheitsregierung ernannten diplomatischen Vertreter_innen als anerkannte Repräsentant_innen Myanmars einzusetzen;

·         humanitäre Hilfe ausschließlich über die Nationale Einheitsregierung abzuwickeln;

·         sich gegenüber den thailändischen und indischen Regierungen dafür einzusetzen, dass die Korridore für internationale Hilfe an den Grenzen zu Myanmar weiter offen bleiben.

 

Weiters wolle sich die Bundesregierung in Brüssel für gleichartige Schritte auf europäischer Ebene einsetzen."  

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.