1718/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 16.06.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Umgeschulte Linkshändigkeit

 

Wie die bislang größte Metaanalyse mit mehr als zwei Millionen Teilnehmer_innen aus dem Jahr 2020 zeigt, bevorzugen rund 10,6 Prozent der Menschheit die linke Hand gegenüber der rechten. Zu diesem Schluss kam ein Forschungsteam der Universitäten St. Andrews, Athen, Oxford, Bristol und Bochum in seiner Auswertung der Studien, deren Ergebnisse in der Zeitschrift "Psychological Bulletin" veröffentlicht wurden.

Die "Gesellschaft umgeschulter Linkshändiger" führte bereits 2018/2019 Erhebungen an Oberösterreichs VS, NMS, PTS durch. Dabei wurde ein Anteil von 10-11% linkshändig schreibender Schulkinder an den Pflichtschulen in Oberösterreich ermittelt. Ein Wert, den auch die aktuelle Metastudie belegt und der in weiterer Folge auch für Gesamtösterreich gelten dürfte.

Auch wenn Linkshändigkeit theoretisch kein Problem mehr sein sollte und kein Kind mehr gezwungen wird, mit der rechten Hand zu schreiben, ist es dennoch notwendig, linkshändig begabte Kinder besonders sensitiv in einer „Rechtshänderwelt“ zu begleiten und zu fördern. Denn aus vielen unbewussten Linkshändern werden bereits im Kleinkindalter oder im Kindergarten allein durch Nachahmung Pseudorechtshänder. 

Im Wesentlichen bedeutet eine Umschulung der Händigkeit, das Schreiben lernen mit der nicht dominanten Hand. Gerade das Schreiben ist ein Prozess, der mental sehr anspruchsvoll und feinmotorisch ist. Er erfordert die bildliche Vorstellung der Buchstaben, den Ablauf der Buchstabenfolge, die Gedankenkette und Erinnerungen sowie das Abrufen von Lerninhalten. Geschieht der Prozess des Schreibens auf Dauer mit der nicht dominanten Hand, dann wird diese überfordert und folglich auch die zugehörige Gehirnhälfte. Folgen, wie Schmerzen, treten auf und die Reaktion verlangsamt sich, da erst umgedacht werden muss. Außerdem entstehen Übertragungsschwierigkeiten zwischen den Gehirnhälften. Es kommt zu psychischen Folgen durch die einseitige Belastung des Gehirns.

Die Folgen: Die geistigen Fähigkeiten, darunter so wichtige Bereiche wie Gedächtnis, Konzentrationsfähigkeit, Belastbarkeit, Reaktionsfähigkeit, werden negativ beeinflusst, obwohl die ursprüngliche Intelligenz erhalten bleibt. Je stärker die ursprüngliche Linkshändigkeit eines Menschen war und je massiver die Umerziehung auf ihn eingewirkt hat – Amerikaner sprechen dahingehend auch von „brain breaking“ -, um so mehr verlieren Pseudo-Rechtshänder diese Fähigkeiten. 

Es kann davon ausgegangen werden, dass in vielen österreichischen Schulklassen linkshändige Kinder sitzen, die aufgrund von Anpassung und subtiler Beeinflussung bereits im Kindergartenalter begonnen haben, bspw. den Stift mit der rechten Hand zu verwenden. Diese, meist schleichende, Umstellung des Handgebrauches hat gravierende Folgen für die Gesundheit und die Schullaufbahn. Die Bereiche Schreiben, Konzentration, Gedächtnis und Selbstbewusstsein sind davon am häufigsten betroffen. Daher ist es umso wichtiger, dass diese Kinder im Idealfall bereits bei der Schuleinschreibung erkannt werden.

 

Quellen

·         https://psycnet.apa.org/doiLanding?doi=10.1037%2Fbul0000229

·         https://www.linkshaender-fakten.de/wp-content/uploads/2017/07/2016-10-03_Karl-Theodor-Liebe-Gymnasium_Gera_Linksh%c3%a4ndigkeit-kein-Nachteil-in-unserer-Gesellschaft.pdf

·         Vgl. Sattler, Johanna Barbara: „Der umgeschulte Linkshänder oder der Knoten im Gehirn“

·          http://www.gesulh.at

·         https://www.edugroup.at/service/suche/detail/linkshaender-in-der-schule.html

·         https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/zrp/pp.html

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, im Besonderen der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, Maßnahmen zu setzen, um bereits im Zuge der Schuleinschreibung „pseudo-rechtshändige“ Kinder zu erkennen und damit eine wichtige Weiche für einen sorgenfreien Schulstart zu stellen. Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird weiters aufgefordert, sicherzustellen, dass Kinder bei instabilem Handgebrauch sorgsam beobachtet werden, um im Falle von Fehlhändigkeit einen Schreibhandwechsel empfehlen zu können, und  eine händigkeitssensible Pädagogik im Unterricht zu forcieren, um eine bewusste oder unbewusste Umschulung der Händigkeit auszuschließen."  

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.