1798/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 07.07.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Multiinstitutionelle Einberufung Sicherheitspolizeilicher Fallkonferenzen
Gemäß Art. 51 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul Konvention), BGBL III Nr. 164/2014, haben die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass eine Analyse der Gefahr für Leib und Leben und der Schwere der Situation sowie der Gefahr von wiederholter Gewalt von allen einschlägigen Behörden vorgenommen wird und damit die Gefahr unter Kontrolle zu bringen und erforderlichenfalls für koordinierte Sicherheit und Unterstützung zu sorgen.
In Umsetzung dieses Artikels der Istanbul Konvention, die Österreich 2013 ratifizierte, trat am 01.01.2020 eine Änderung des § 22 Sicherheitspolizeigesetz in Kraft, die in Absatz 2 die Möglichkeit einer Sicherheitspolizeilichen Fallkonferenz normiert. Grundsätzlich sind Sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen von der Sicherheitsbehörde einzuberufen. Aus der Begründung des Antrags (https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/A/A_00970/imfname_759521.pdf), der die Grundlage der Gesetzesänderung bildete, geht hervor, dass Vertreter_innen anderer Behörden bzw. der von § 22 Abs. 2 genannten Einrichtungen die Einberufung einer Sicherheitspolizeilichen Fallkonferenz anregen können.
Die Sicherheitsbehörden haben zwischen 1. Jänner 2020 und 30. Juni 2020 lediglich 18 Sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen einberufen, wie aus der Anfragebeantwortung (2506/AB) einer Anfrage von Abgeordneter Heinisch-Hosek an den Innenminister hervorgeht (https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_02506/index.shtml). Das scheint so gewollt zu sein: im Praxiskommentar zum Sicherheitspolizeigesetz (Keplinger/Pühringer, 2020) wird festgehalten, dass Fallkonferenzen nicht regelmäßig, sondern nur im Einzelfall abgehalten werden sollen.
Laut den Expert_innen, die am 25.05.2021 am Treffen der überparteilichen parlamentarischen Arbeitsgruppe Dialogforum Gewaltschutz teilnahmen, sollten Sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen jedoch öfter einberufen werden. Um nicht "Good Will" der Sicherheitsbehörde abhängig zu sein, forderten sie daher, dass Vertreter_innen anderer Behörden bzw. der von §22 Abs. 2 genannten Einrichtungen sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen nicht nur anregen, sondern auch beantragen können. Diese Forderung findet sich auch in den Reformvorschlägen des Bundesverbandes der Gewaltschutzzentren (https://www.gewaltschutz.at/cms/images/Dateien/Reformvorschlaege_2021.pdf S.67f). Es ist außerdem bereits im Regierungsübereinkommen festgehalten, dass die Möglichkeit einer multiinstitutionellen Einberufung von Fallkonferenzen bei Hochrisikofällen geschaffen werden soll (aus "Verantwortung für Österreich" – Regierungsprogramm 2020-2024 (2020) 190).
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle
beschließen:
"Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, dem Nationalrat unverzüglich einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten, mit dem die multiinstitutionelle Einberufung von Fallkonferenzen bei Hochrisikofällen ermöglicht wird."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.