Eingebracht am 07.07.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Petra Vorderwinkler,
Genossinnen und Genossen
betreffend Einführung von „Reha-Klassen“ bzw. „Reha-Schulen“
Jedes Kind und jeder Jugendliche hat ein Recht auf Bildung unabhängig von seiner körperlichen und/oder geistigen bzw. psychischen Verfassung.
Einige Kinder sind aber auf Grund ihres gesundheitlichen oder psychischen Zustandes nicht dazu in der Lage das Regelschulsystem zu besuchen. Um dennoch jedem Kind einen Schulunterricht zu ermöglichen hat Österreich sogenannte „Heilstättenschulen“ geschaffen, von denen es in jedem Bundesland welche gibt. Sie stellen einen wichtigen Mosaikstein in der Behandlung kranker Kinder und Jugendlichen dar.
Es handelt sich hierbei um besondere Bildungseinrichtungen, die aber nicht Schulen im herkömmlichen Sinne mit klassischen Schulgebäuden sind. Die LehrerInnen unterrichten entweder an Krankenhäusern oder als mobile Teams an Schulen selbst. Zielgruppe sind chronisch kranke Kinder, darunter oft KrebspatientInnen, die auf Grund eines stationären Krankenhausaufenthaltes nicht in der Lage sind, die Schule zu besuchen. Aber es geht auch um sogenannte „Systemsprenger“. In der Fachsprache werden sie oft auch als „sozial und emotional beeinträchtigt“ bezeichnet. Dahinter verbergen sich oft dramatische Geschichten von Gewalt, Missbrauch und Drogen. "Diese Kinder haben Dinge erlebt, die sich niemand, der in diesem Bereich nicht tätig ist, vorstellen kann und vermutlich gar nicht vorstellen mag", wie Daniela Jagsch, eine Direktorin einer Heilstättenschule in Wien, gegenüber der Tageszeitung die Presse am 27.06.2021 sagt. Mit diesen habe das Bildungs- und Sozialsystem oft noch nicht den richtigen Umgang gefunden.
Tatsache ist, dass die Heilstättenschule als Einrichtung des öffentlichen Schulwesens eine wichtige Ergänzung zur Regelschule darstellt: Klassenwiederholungen können meist vermieden werden, Lernrückstände treten nicht auf, die Kinder werden auf die Wiedereingliederung in ihre Klassen vorbereitet, manchmal ist die Anbahnung einer neuen, anderen Schullaufbahn notwendig.
Gerade im Falle von „Systemsprengern“ stößt das derzeitige System aber an seine Grenzen. Viele von Ihnen sitzen in ganz normalen Klassen, das Problem wird als solches nicht erkannt. Das derzeitige System kann Kinder mit besonderen Bedürfnissen nicht optimal betreuen. Adäquate Schulplätze zu finden ist in der Praxis oft schwierig bis unmöglich. Es mangelt bundesweit an Plätzen und Ressourcen. Alleine für Wien, spricht Daniela Jagsch gegenüber der Presse, von 70 offenen Fällen, wo nicht klar ist, wie viele davon im nächsten Schuljahr einen adäquaten Schulplatz erhalten werden.
Für Inklusion ins Regelschulsystem müssen Vorbedingungen geschaffen werden, Kinder brauchen laut ExpertInnen oft Eins-zu-Eins-Betreuung, in normalen Klassen ist das nicht möglich. Genau für solche Fälle braucht es ganzheitliche Konzepte gemeinsam mit Jugendamt und Gesundheitssystem. Denn eine frühe und optimale Begleitung von sogenannten „Systemsprengern“ ist oft die einzige Chance für betroffene Jugendliche wieder im Regelsystem Fuß zu fassen und Ihnen die Möglichkeit auf ein erfülltes Leben. Ohne solch eine umfassende Betreuung folgen im schlimmsten Fall Jugendkriminalität und Strafvollzug – mit enormen persönlichem Leid, gesellschaftlicher Isolation und hohen Folgekosten.
Genau das passiert aber im derzeitigen System. ExpertInnen aus der Praxis fordern daher schon länger die Einführung von „Reha-Klassen“ bzw. im besten Falle ganzen „Reha-Schulen“, die sich vor allem an SchülerInnen mit psychiatrischer Diagnose richten, und aus dem Regelunterricht meist herausfallen und mit pädagogischen Mitteln allein nicht adäquat versorgt werden können. In Kleingruppen von höchstens sechs SchülerInnen soll gemeinsam mit LehrerInnen, SozialarbeiterInnen, PflegerInnen, TherapeutInnen, ÄrztInnen, insbesondere auch SchulärztInnen und ExekutivbeamtInnen gearbeitet werden. Es handelt sich hierbei um Multiprofessionelle Teams für die Tagesbetreuung und einem verschränkten Unterrichtskonzept. Im Mittelpunkt stehen neue pädagogische Ansätze wie beispielsweise Outdoorpädagogik sowie gezielter Elternarbeit.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert ein Konzept zur bundesweiten Einführung von sogenannten „Reha-Klassen“ und langfristig von „Reha-Schulen“ vorzulegen und rasch zur Umsetzung zu bringen. Dieses zusätzliche Angebot richtet sich an SchülerInnen, die mit pädagogischen Mitteln allein nicht adäquat versorgt werden können. Die dafür notwendigen zusätzlichen Mittel werden vom Bund finanziert. Die Einführung von Reha-Klassen soll wissenschaftlich begleitet und evaluiert werden.“
Zuweisungsvorschlag: Unterrichtsausschuss