1835/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 08.07.2021
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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jörg Leichtfried,

Genossinnen und Genossen

betreffend Konvent für Medienfreiheit und Transparenz: Inseratenvergabe auf neue Grundlage stellen

Anfang Juli 2021 hat das Medienhaus Wien die von Andy Kaltenbrunner erstellte Studie „Scheinbar transparent II. Eine Analyse der Inserate der Bundesregierung in Österreichs Tageszeitungen und der Presse- und Rundfunkförderung im Pandemiejahr 2020“ vorgelegt. Die Studie wertet die Inserate, Presseförderung und Privatrundfunkförderung aus dem Jahr 2020 aus und zeigt in übersichtlicher Art und Weise den Handlungsbedarf auf.

Laut der Studie wurden im Jahr 2020 von Österreichs Bundeskanzleramt und den Ministerien insgesamt 33.551.809,29 Euro für Inserate und Medienkooperationen mit Österreichs Tageszeitungen und deren Onlinekanäle ausgegeben. Die auffälligste Steigerung verzeichnete dabei das Bundeskanzleramt. Insgesamt ist das im Jahr der Corona-Pandemie der mit Abstand höchste Wert seit Einführung der Medien-Transparenzdatenbank vor einem knappen Jahrzehnt. 57 % dieses Regierungsetats wurden für Inserate in (drei) Titeln im Zeitungsboulevard eingesetzt; ein Viertel des Medienkooperations-Budgets ging an (sieben) Bundesländerzeitungen; rund ein Zehntel wurde für Inserate in (zwei) nationale Qualitätszeitungen aufgewendet.

2020 gab die öffentliche Hand – Bund, Länder, Gemeinden, Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung – insgesamt rund 222 Millionen Euro für Inserate aus. Das war der höchste erfasste Wert seit Einführung der Meldepflicht für die RTR-Transparenzdatenbank 2013. Die unter Ausnutzung von Schlupflöchern nicht gemeldeten Werbeausgaben können auf etwa 50 Millionen Euro hochgerechnet werden.

Innerhalb der Koalitionsregierung verfügten ÖVP-geführte Ressorts über 95 % der Inseratenausgaben an Zeitungen, jene von MinisterInnen der Grünen über 5 %. Das Gesundheitsministerium überließ, anders als in Deutschland, dem Bundeskanzleramt die Gesamtverantwortung für die Corona-Kampagnen. Die Streuung der Etats zeigt, dass weder zwischen Ministerien, noch zwischen Koalitionspartnern eine nachvollziehbare gemeinsame Vergabeformel als Buchungsgrundlage akkordiert oder übergreifend akzeptiert wurde. Es fehlen auch Hinweise auf Kommunikationsziele und ableitbare Mediapläne von Kampagnen.

Die Chance als Bürger*in von bezahlten Informationen der Bundesregierung in Zeitungen erreicht zu werden, ist zudem regional sehr unterschiedlich, in Ostösterreich wesentlich höher als in den westlichen oder südlichen Bundesländern. Pro Print-Leser*in wurde am meisten bei Österreich/oe24 ausgegeben (8,22 Euro), am wenigsten bei Der Standard (2,43).

Das Fazit der Studie lautet: „Die Inseraten- und Förderpolitik von Österreichs Bundesregierung im Tageszeitungsmarkt ist in den vergangenen Jahren ideell und konzeptuell aus dem Ruder gelaufen. Aus Forschungssicht müssen wegen der sehr intransparenten, willkürlichen Inseratenvergabe der Bundesregierung ,Bedenken hinsichtlich einer möglichen politischen Einflussnahme‘, wie sie von der EU-Kommission in ihrem ,Rechtsstaatlichkeitsbericht‘ zu Österreich formuliert wurden, geteilt werden.“

Durch diese Studie wird einmal mehr klar, dass Österreich eine konvergente Medienförderung, die Medienvielfalt und unabhängigen Journalismus unterstützt, fehlt. Die Inseratenvergabe der Bundesregierung muss daher auf eine neue Grundlage gestellt werden. Gleichzeitig bräuchte es im Gegenzug es eine massive Erhöhung der Medienförderung inklusive Ausweitung der Qualitätskriterien.

Um einen breiten Diskussionsprozess zu garantieren, soll die Inseratenvergabe in einem Konvent gemeinsam mit der Zivilgesellschaft und Expert*innen auf neue Beine gestellt werden. Werbekampagnen und Inserate sollen dem öffentlichen Interesse dienen und nicht der Regierungspropaganda. Es muss klar sein, warum Ministerien Inserate in welcher Höhe in welchen Medien mit welcher Zielgruppe schalten. Zusätzliche Transparenz könnte dabei durch die Vorgabe geschaffen werden, dass die einzelnen Ministerien ihre Kommunikationspläne, die die geplanten Maßnahmen und die Budgetierung für das Folgejahr beinhalten, vorlegen müssen und diese im Nationalrat diskutiert werden. Eine Evaluierung hinsichtlich der Erreichung der vorgelegten Kommunikationsziele der öffentlichen Werbekampagnen und eine Diskussion derselben könnte dann ebenfalls jährlich im Parlament stattfinden. Auch die Forderung des Anti-Korruptionsvolksbegehrens nach personellen und budgetären Höchstgrenzen für die Öffentlichkeits- und Informationsarbeit der Bundesministerien wäre im Rahmen dieses Konvents zu behandeln.

 

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, einen Konvent für Medienfreiheit und Transparenz einzuberufen. Dort sollen die Regierungsparteien und die Opposition gemeinsam mit der Zivilgesellschaft und Expert*innen in einem breiten Diskussionsprozess eine neue Grundlage für die Inseratenvergabe auf der Basis größtmöglicher Transparenz und effizientem Mitteleinsatz erarbeiten. Die Inseratenvergabe ist zugleich eine indirekte Medienförderung, daher muss auch sie den Prinzipien der Förderung von Meinungspluralismus, Medienvielfalt, publizistischer Qualität, Innovation und der Unterstützung von unabhängigem Journalismus folgen.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.