1869/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 22.09.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Aufgabe der Fundamentalopposition vonseiten der Regierung gegenüber Resettlement aus Afghanistan 

 

Seit 15. August 2021 haben die radikal-islamistischen Taliban nach einer 20-jährigen Besetzung durch internationale Truppen in Afghanistan wieder die Macht übernommen. Seither verschlimmert sich die Lage im Land täglich. Die Taliban beweisen bereits jetzt, dass sie – wie in ihrer ersten Periode an der Macht zwischen 1996 und 2001 – gegen international anerkannte Normen und Menschenrechte verstoßen. Es gibt durch Bildaufzeichnungen untermauerte Belege von öffentlichen Hinrichtungen inklusive Steinigungen von Frauen sowie Auspeitschungen von Frauen für "moralische Vergehen".

Flugzeuge können mangels Erlaubnis nicht mehr in Afghanistan landen und der Militärflughafen in Kabul, von wo aus noch Evakuierungen durchgeführt werden können, wird nun von Bombenangriffen durch den IS für fliehende Zivilist_innen unerreichbar. Eine Flucht über den Landweg in die Nachbarländer Afghanistans ist lebensgefährlich, manche Grenzen können aufgrund der lückenlosen Präsenz von bewaffneten Truppen gar nicht mehr passiert werden.

Auf europäischer Ebene sind seit 2012 Bestrebungen zu gemeinsamem Resettlement, also zu der Aufnahme von schutzbedürftigen Flüchtlingen aus einem Nicht-EU-Staat, zu beobachten. So hat der Ministerrat am 8. März 2012 das bereits im Jahr 2009 von der EU-Kommission vorgeschlagene gemeinsame EU Resettlement-Programm (Joint EU Resettlement-Programme) verabschiedet. Das  Rahmenprogramm legte unverbindliche Richtlinien und Schwerpunkte für die nationalen Resettlement-Programme der Mitgliedstaaten sowie damit verbundene Möglichkeiten zur finanziellen Unterstützung durch die EU fest – zuerst unter dem Europäischen Flüchtlingsfonds III und ab 2014 unter dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) (2014–2020).

In Folge der zunehmenden Migrationsbewegungen seit 2015 wurden die im gemeinsamen EU Resettlement-Programm formulierten Richtlinien jedoch teilweise durch andere ad-hoc Resettlement-Initiativen ersetzt: Im Rahmen derer verpflichteten sich EU-Mitgliedstaaten zur Aufnahme von insgesamt 20.000 Flüchtlingen für die Jahre 2015 bis 2018, und der Bereitstellung von weiteren 50.000 Plätzen von 2018 bis 2020. Im Fokus standen dabei syrische Flüchtlinge aus den umliegenden Erstaufnahmeländern Libanon, Jordanien und der Türkei – letztere wurden teilweise auch im Rahmen des EU-Türkei Abkommens aus dem Jahr 2016 in Europa neuangesiedelt. Bis zum Ende der jeweiligen Programme wurden die gesprochenen Kontingente allerdings nicht erschöpft; im Rahmen des 20.000-Programms kamen 18.563 Personen nach Europa und bis Ende des 50.000-Programms im Dezember 2019 wurden 41.300 Resettlement-Flüchtlinge von EU-Mitgliedstaaten aufgenommen. Für das Jahr 2020 haben Mitgliedsstaaten weitere 30.000 Plätze für Resettlement zur Verfügung gestellt. 

Österreich jedoch hat seit 2017 keinen einzigen Flüchtling über Resettlement aufgenommen. Auch im Falle von Afghanistan, für den die EU-Kommission ein Resettlement-Programm startete und den freiwilligen Aufnahmestaaten 10.000 Euro pro umgesiedeltem Flüchtling in Aussicht stellt, bleibt die Bundesregierung bei ihrer Fundamentalopposition. Während sie wiederholt die Bekämpfung von Schlepperei zu einem vordergründigen Ziel erklärt und Kanzler Kurz meint, Bruno Kreisky zum Vorbild zu haben, steht sie gemeinsam mit Ungarn und Tschechien dem Resettlement gefährdetster Personen aus Afghanistan fundamental ablehnend gegenüber. Gerade aber Resettlement bietet die Möglichkeit, Flüchtlinge über einen kontrollierten und sicheren Weg nach Europa zu bringen und damit in diesen Fällen Schlepperei zu unterbinden. Auch (Re)traumatisierungen entlang der Fluchtroute durch Folter, Misshandlung und Gewalt können verhindert werden. Weiters sind gerade jene Personen, die aufgrund ihrer Arbeit für Menschenrechte und Demokratie besonders gefährdet sind, ja auch aus eben diesem Grund leicht zu integrieren. 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, und insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, die ablehnende Haltung gegenüber dem Resettlement-Programm der Europäischen Kommission zur Aufnahme von durch ihren Einsatz für Menschenrechte und Demokratie besonders gefährdeten Personen aufzugeben."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.