1886/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 22.09.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Gesetzeskonformer Assistenzeinsatz

 

Ende Juli beschloss die Bundesregierung die Aufstockung der im Grenzeinsatz tätigen Bundesheersoldat_innen von 1.000 auf 1.400. Diese Entscheidung steht in klarem Widerspruch zum Auftrag des Rechnungshofes, den Grenzeinsatz – wie auch andere Assistenzeinsätze – in Hinblick auf ihre Rechtmäßigkeit zu evaluieren und anzupassen (https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/BUND_2020_38_Assistenz_und_Unterstuetzungsleistungen.pdf ). 

Laut geltender Gesetzeslage darf das ÖBH nur dann für Hilfeleistungen herangezogen werden, wenn die zivilen Ressourcen nicht ausreichen, um eine imminente Gefahr zeitgerecht abzuwenden. Auch ist die zivile Behörde verpflichtet, ihren Fehlbestand unverzüglich auszugleichen, sodass das Bundesheer nur für einen Überbrückungszeitraum, in dem die zivile Behörde ihre Kapazitäten aufstockt, zur Verfügung stehen muss. 

Die rasant ansteigenden Flüchtlingszahlen während der Syrienkrise 2015-2016, mit etwa einer Dreiviertelmillion Menschen, die in einem Zeitraum von einem halben Jahr an Österreichs Grenzen kamen, stellen einen Extremfall dar, mit dem die zivilen Behörden nicht alleine zurechtkommen konnten. In den Jahren danach, beginnend 2017, sind die Zahlen auf etwa 20.000 jährliche Flüchtlinge an Österreichs Grenzen gefallen. Dennoch blieb ein Militärkontingent von etwa 1.000 zur Assistenz an den Grenzen stationiert. Der Nutzen dieses Einsatzes wurde, wie der Rechnungshof auch kritisiert, nicht evaluiert. Der Rechnungshofbericht besagt, dass nur ein kleiner Prozentsatz (weniger als 5%) der Aufgriffe nach illegalen Grenzüberschreitungen vom Bundesheer ausgeführt wurden. Die Kosten für den Einsatz lagen allerdings in dreistelliger Millionenhöhe – 273 Millionen Euro zwischen 2015 und 2017. Rückerstattet wurde dem ÖBH nur ein zweistelliger Millionenbetrag. 

Der Rechnungshof kommt zum Schluss, dass aufgrund der Flüchtlingszahlen seit 2017 ein Assistenzeinsatz nicht zu rechtfertigen ist, und keinesfalls eine ultima ratio, wie im Gesetz vorgeschrieben, gegeben ist. Nun rechtfertigt Innenminister Nehammer die Ausweitung des Assistenzeinsatzes mit den steigenden Zahlen an Asylwerbern. Er beziffert die Zahl der Aufgriffe mit etwa 15.000, hochgerechnet für 2021 also etwa 27.000. Wenn der Prozentsatz der Aufgriffe durch das ÖBH sich weiterhin um die Fünf-Prozent-Marke bewegt, dann wären das 1.350 Aufgriffe – die allerdings auch durch die Aufstockung des Personals des Grenzschutzes erreicht werden könnten. 

Zusätzlich zum Grenzeinsatz versehen zurzeit auch 230 Soldat_innen Wachdienst bei Botschaften (eine Aufgabe des Innenministeriums, die keinesfalls nach dem ultima ratio Prinzip gerechtfertigt werden kann) und 350 sind im COVID Einsatz (auch hier ist nach anderthalb Jahren Pandemie fraglich, warum die zivilen Behörden nicht ihre Kapazitäten aufgestockt haben).

Der Bundesheereinsatz kommt den Steuerzahler_innen im Normalfall teurer als einer der Polizei. Ein Sprecher des BMLV meinte dazu, dass die Kosten erst im Nachhinein erkenntlich seien, weil der Gesamtaufwand davon abhänge, welchen Mix aus Grundwehrdienern und anderem Personal das BMLV aufbiete. Ein Hauptpunkt der von Bundesministerin Tanner angekündigten Heeresreform war allerdings, dass Grundwehrdiener nicht mehr für ausbildungsfremde Assistenzeinsätze herangezogen werden würden. Wenn das ÖBH diesen Vorsatz nicht schon wenige Tage nach seiner Ankündigung wieder verwerfen will, muss der Grenzeinsatz von teurerem Berufspersonal vollzogen werden. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Landesverteidigung wird aufgefordert:

  1. so schnell wie möglich eine Evaluierung des seit 2015 andauernden Grenzeinsatzes durchzuführen, in dem der Mehrwert des ÖBH im Grenzeinsatz sowie die Kosten dieses Einsatzes bewertet werden, und Weiterführung des Assistenzeinsatzes aufgrund dieser Analyse zu rechtfertigen oder abzulehnen;
  2. den Einsatz nach den rechtlichen Vorgaben des ultima ratio Prinzips zu rechtfertigen und dem Parlament diese Bewertung vor jedweder weiteren Aufstockung oder Verlängerung vorzulegen;
  3. Assistenzeinsätze jeder Art zeitlich zu limitieren und vor jeder Verlängerung sowohl Mehrwert des Einsatzes als auch das Weiterbestehen der ultima ratio zu bewerten und diese Bewertungen dem Parlament vorzulegen."
  4.  

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Landesverteidigungsausschuss vorgeschlagen.