1954/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 13.10.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Evaluierung der Situation für Asylberechtigte und Asylwerber_innen an den EU-Außengrenzen durch die Europäische Grundrechteagentur
Die Umstände in den griechischen Insellagern sind seit Jahren menschenunwürdig und lebensgefährlich. Die betroffenen Menschen (Asylwerber_innen sowie Asylberechtigte), die nach dem Brand des Lagers Moria auf Lesbos umgesiedelt werden mussten, leben weiterhin in einem neuen Zeltlager namens Kara Tepe, welches nahe am Meer gebaut ist.
Bei einem Fact-Finding-Visit im Mai 2021 habe ich persönlich mit dem Campleiter sowie Organisationen, die direkt in den griechischen Flüchtlingslagern tätig sind, gesprochen. Die Hilfe vor Ort, die Innenminister Nehammer im Rahmen einer PR-Aktion persönlich nach Athen gebracht hat, war keine Hilfe. Viele der österreichischen Zelte sind nie in den Lagern angekommen; die wenigen, die aufgestellt wurden, hat der starke Wind umgeweht- sie waren ungeeignet. Heizungen, die von der österreichischen Regierung geschickt wurden, waren mangels Stromanschluss im Camp Kara Tepe völlig unbrauchbar.
Viele Menschen wurden aus den Insellagern bereits auf das griechische Festland gebracht, insbesondere anerkannte Flüchtlinge. Dort leben sie jedoch erneut in überfüllten Lagern, wie dem Lager Eleonas in Athen, oder sie sind obdachlos. Anerkannte Schutzberechtigte haben in Griechenland keine Perspektive und aufgrund der griechischen Bürokratie keinen Zugang zum Sozialsystem: Für alle Leistungen benötigt man eine Steuernummer, welche man jedoch nur erhält, wenn man eine feste Wohnadresse in Griechenland hat; Flüchtlingscamps zählen nicht dazu.
Die griechische Regierung plant neue Flüchtlingszentren, diesmal sollen diese von der Öffentlichkeit abgeschottet und ganz geschlossen sein. Zahlreiche NGOs haben das Vorhaben bereits kritisiert, da es sich um Freiheitsentzug ohne gesetzliche Grundlage handelt.
Medienberichten zufolge sind die Ankünfte an der griechischen Außengrenze aktuell gering. Es häufen sich gleichzeitig Dokumentationen zu systematischen Pushbacks, die durch die griechische Küstenwache durchgeführt werden. Ebenso gab es bereits Vorwürfe gegenüber Frontex, an diesen beteiligt zu sein.
Pushbacks gibt es auch immer wieder entlang der Balkanroute, rund 15.000 davon sind im Black Book of Pushbacks dokumentiert. Auch Österreich soll laut einem aktuellen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark methodisch Pushbacks nach Slowenien durchführen.
Ein aktueller Bericht von Ärzte ohne Grenzen mit dem Titel "Constructing Crisis at Europe's Borders" dokumentiert zahlreiche Menschenrechtsverletzungen auf den griechischen Inseln und zeigt auf, wie das Leid der Asylwerber_innen und Asylberechtigten politisch intendiert ist, um als Abschreckung zu dienen. Die Europäische Grundrechteagentur FRA (Fundamental Rights Agency) mit Sitz in Wien ist im Rahmen ihres Mandats dazu befähigt, menschenrechtsrelevante Evaluierungen durchzuführen. Wie es zu welchen Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen der EU kommt und wer dafür zur Verantwortung gezogen werden muss, kann durch eine Evaluierung der Situation von Asylwerber_innen und Asylberechtigten an den EU-Außengrenzen inkl. der Anwendung von Pushbacks aufgedeckt werden. Menschenrechtsverletzungen auf europäischem Boden könnten durch diese Informationen seriös identifiziert werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung wird aufgefordert,
die Europäische Grundrechteagentur FRA mit der Evaluierung der Situation
von Asylberechtigten und Asylwerber_innen an den EU-Außengrenzen
inkl. der Anwendung von Pushbacks zu beauftragen."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.