1980/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 13.10.2021
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Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried,

Genossinnen und Genossen

betreffend außenpolitische Initiative Österreichs für eine gemeinsame Afghanistanpolitik der EU

 

Die internationale Staatengemeinschaft verfolgt weiterhin mit äußerst großer Sorge die Entwicklung in Afghanistan nach der erneuten Machtübernahme der Taliban.

 

Die Taliban waren bereits von 1996 bis 2001 in Afghanistan an der Macht. In diesem Zeitraum waren massive Verstöße gegen die Menschenrechte, Gewalt gegen politische Gegner*innen und Frauen, öffentliche Hinrichtungen und Strafen auf der Tagesordnung. Frauen und Mädchen verschwanden fast ganz aus der Öffentlichkeit. Das Recht auf Bildung und Arbeit wurde ihnen genommen. Die Pflicht zum Tragen der Burka wurde von den Taliban wiedereingeführt. Nach dem Jahr 2001 wurden die Frauenrechte zurück erkämpft. Mit der erneuten Machtübernahme der Taliban drohen diese Errungenschaften wieder abgeschafft zu werden. Die Taliban haben zwar die Weltöffentlichkeit wissen lassen, keine Vergeltungsmaßnahmen an Vertreter*innen der bisherigen Regierung zu verüben und den Zugang zu Bildung und Arbeit auch für Frauen weiter zu ermöglichen, doch sind, aufgrund der früheren Vorgangsweise und den ersten Eindrücken der neuen Herrschaft, massive Menschrechtsverletzungen zu befürchten. Berichte der internationalen Medien und ein erster Bericht der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte bestätigen dies.

 

Nach Einschätzung der Vereinten Nationen droht Afghanistan in den nächsten Wochen und Monaten eine humanitäre Katastrophe. Auch für die Flüchtlingslager in den Nachbarländern von Afghanistan wird dringend Hilfe benötigt.

 

Mittlerweile hat sich Katar als Drehscheibe und politischer Vermittler für Gespräche der internationalen Staatengemeinschaft mit Afghanistan etabliert. Erst kürzlich berichteten internationale Medien erneut über einen informellen Austausch der EU in Doha zu Themen wie humanitäre Hilfe und Bekämpfung extremistischer Gewalt.

 

Vor kurzem fand auf Initiative des italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi ein G-20 Gipfel in Rom zur aktuellen Situation in Afghanistan statt. Die EU kündigte bei diesem Sondergipfel an, sie werde Afghanistan mit insgesamt einer Milliarde Euro helfen. Über bereits zugesagte 500 Millionen Euro hinaus sollen mindestens 250 Millionen in den Gesundheitsschutz fließen. Weiteres Geld geht in die Nachbarstaaten, in die rund zwei Millionen Afghaninnen und Afghanen geflohen sind.

 

Ein intensiveres Engagement der EU und eine aktive Rolle Österreichs wäre von Beginn an wünschenswert gewesen. Jedenfalls wird es in den kommenden Wochen und Monaten notwendig sein, sich innerhalb der EU über das politische und humanitäre Engagement der EU für Afghanistan eng abzustimmen und eine gemeinsame Afghanistanpolitik zu entwickeln.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert

 

-        alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die verbliebenen Österreicherinnen und Österreicher und afghanische Staatsangehörige mit gültigem Aufenthaltstitel in Österreich rasch aus Afghanistan zu evakuieren;

 

-        sich für eine weit aktivere Rolle der EU einzusetzen und dazu eine außenpolitische Initiative Österreichs zu starten;

 

-        Österreich als Gastgeber anzubieten, um das künftige politische und humanitäre Engagement der EU in Afghanistan abzustimmen und eine gemeinsame Afghanistanpolitik zu entwickeln;

 

-        ihre humanitäre Hilfe vor Ort fortzusetzen und sich mit Nachdruck für einen ungehinderten und sicheren Zugang für Hilfsorganisationen, etwa durch die Errichtung humanitärer Korridore, einzusetzen;

 

-        die Kooperation und die finanzielle Hilfe für die Nachbarstaaten von Afghanistan substantiell zu erhöhen, mit dem Ziel menschenrechtskonforme Unterbringungen in sicheren Schutzzonen zu schaffen. Dies ist notwendig, um eine unkontrollierte und gefährliche Flucht nach Europa zu verhindern und geflohene Menschen in der Region bestmöglich versorgen zu können;

 

-        so wie zahlreiche andere Mitgliedstaaten der EU besonders gefährdeten Personen, insbesondere Frauen, Schutz zu gewähren, die sich in Afghanistan jahrelang für Demokratie, Menschen- und Frauenrechte eingesetzt haben und unter dem Taliban-Regime um ihr Leben fürchten müssen.“

Zuweisungsvorschlag: Außenpolitischer Ausschuss