Eingebracht am 16.11.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag.
Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
betreffend
Maßnahmenpaket gegen den Arbeitskräftemangel
Österreich sieht sich
mit einem massiven Fachkräftemangel konfrontiert, die Anzahl an offenen
Stellen übersteigt im Juli 2021 die 100.000 Marke. Im Oktober 2021
stehen 269.514 arbeitslos gemeldeten Personen, 112.155 offenen Stellen
gegenüber (1). Die Dunkelziffer der offenen Stellen ist jedoch viel
höher. Der ÖVP-Wirtschaftsbund hat computergestützt alle
Stelleninserate in Österreich gezählt und kommt zu dem Ergebnis, dass
mehr es mehr als doppelt so viele offene Stellen gebe, wie die AMS-Statistik
ausweist. Laut Wirtschaftsbund weist das Arbeitsmarktservice (AMS)
also mit 112.155 offenen Stellen per Ende Oktober nur einen Teil der
tatsächlich offenen Stellen aus. Wenn man die relevanten Online-Jobportale
mitzählt und um Duplikate bereinigt, würden sich
laut Wirtschaftsbund rund 248.000 offene Stellen ergeben (2). Die
Maßnahmen der Bundesregierung und die fehlenden Reform haben dazu geführt,
dass sich der Fachkräftemangel hin zu einem Arbeitskräftemangel
entwickelt hat.
Als Fachkräftemangel bezeichnet
man den Mangelzustand einer Volkswirtschaft, in dem eine bedeutende Anzahl von
Arbeitsplätzen für Arbeitnehmer mit bestimmten Qualifikationen nicht
besetzt werden kann, weil auf dem Arbeitsmarkt keine entsprechend
qualifizierten Fachkräfte zur Verfügung stehen. Von einem Arbeitskräftemangel
kann gesprochen werden, wenn die Arbeitsnachfrage dauerhaft über dem
Arbeitsangebot liegt, ohne nach Qualifikationen zu unterscheiden. Das bedeutet,
dass Betriebe mehr Stellen zu besetzen haben, als Arbeitskräfte zur
Verfügung stehen. Die Auswirkungen des Fachkräftemangels sind immens
und die betroffenen Betreibe sind mit Umsatzeinbußen konfrontiert und
müssen auch als Folge des Fachkräftemangels häufig auch geringer
qualifizierte Bewerber_Innen einstellen, wodurch die Möglichkeiten zur
Innovation bzw. Entwicklung neuer Produkte eingeschränkt ist. Daher
braucht es ein breit angelegtes Maßnahmenpaket, um den negativen
Auswirkungen entgegenzuwirken:
- Ausstieg aus der
Corona-Kurzarbeit: Ja,
sie war ein richtiges Instrument am Anfang der Krise und im Lockdown, doch
nicht in der aktuellen Situation. Schon vor Monaten haben sich
österreichische Ökonomen, wie der ehemalige Leiter des
WIFO-Instituts Prof. Dr. Christoph Badelt, aber auch der AMS Vorstand
Johannes Kopf und der Unternehmer und KTM-Chef Stefan Pierer kritisch zur
aktuellen Ausgestaltung der Corona-Kurzarbeit ausgesprochen. So spricht
Badelt davon, dass das Instrument der Kurzarbeit die Gefahr einer
Überförderung in sich berge und somit auch den Strukturwandel
behindere. Außerdem betont er, dass es nicht möglich sei, alle
Arbeitsplätze in die betroffenen Branchen zu erhalten. Doch wie das
Budgetbegleitgesetz 2022 zeigt, gibt es auch 2022 keine Obergrenze
für die Kurzarbeitsausgaben durch die Regierung. Offensichtlich will
die Regierung dauerhaft und in großem Stil betriebliche Risiken von
den Unternehmen auf die Steuerzahler überwälzen. Zudem wird die
Corona-Kurzarbeit auch bei Lieferkettenproblemen genutzt, wie der Fall des
BMW-Werkes in Steyr zeigt. Da dies gänzlich entgegen des
ursprünglichen Sinnes ist, ist die Zeit gekommen, aus der Corona
Kurzarbeit auszusteigen und zur ursprünglichen Ausgestaltung der
Kurzarbeit zurückzukehren.
- Reform des
Arbeitslosengeldes hin zu einem degressiven Arbeitslosengeld: Die Ausgestaltung von Leistungen der
Arbeitslosenversicherung sei eine zentrale Frage, wenn es darum geht,
Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, einerseits angemessen
sozial abzusichern, andererseits auch rasch wieder in Beschäftigung
zu bringen und die Dauer der Arbeitslosigkeit kurz zu halten. Das
bedeutet, dass die Zeiten von Arbeitslosigkeit möglichst kurz sein
sollten. Derzeit fallen Menschen beim Jobverlust auf 55 Prozent ihres
Netto-Letztverdienstes zurück. Das degressive Modell würde
Menschen, die nur kurzfristig arbeitslos sind, finanziell absichern und
Anreize schaffen, schnell wieder in Beschäftigung zu wechseln.
- Die Wirtschaft
weiß am besten, welche Qualifikationen gebraucht
werden: Angesichts der
nach wie vor bestehenden Arbeitsmarktprobleme, muss der Prozess zur
Verbesserung der Schulungseffektivität wesentlich beschleunigt
werden. Dabei sollte das Service für Arbeitskräfte gemeinsam mit
dem Service für Unternehmen im AMS vermehrt auf Unternehmen zugehen
und bedarfsgerechte Schulungsmaßnahmen entwickeln. Seit dem Jahr
2010 nimmt die Effektivität von arbeitsmarktpolitischen
Fördermaßnahmen ab. Somit braucht es konkrete Anpassungen der
Corona-Joboffensive. Sie sollen die Treffsicherheit im Hinblick auf
branchen-, alters- und vor allem auf ausbildungsspezifische Aspekte
erhöhen. Des Weiteren braucht es eine gezielte Unterstützung
für Geringqualifizierte und ältere Arbeitnehmer_innen sowie
einen Qualifizierungsschwerpunkt auf digitale Technologien.
- Mehr Treffsicherheit
bei der Bildungskarenz: Die
Bildungskarenz stellt eine potenziell starke aktive arbeitsmarktpolitische
Maßnahme dar, die bereits frühzeitig den Zugang zu
Qualifizierungsmaßnahmen erleichtert und somit präventiv vor
Arbeitslosigkeit schützen kann. Von der Bildungskarenz (und der
monetären Förderung durch das Weiterbildungsgeld) sollen
Personen profitieren, die ausbildungsbedingt Probleme haben, sich gegen
Arbeitslosigkeit abzusichern. Zu diesen Personen gehören
überdurchschnittlich oft ältere Arbeitnehmer_innen,
Arbeitnehmer_innen mit niedrigen Bildungsabschlüssen und
Arbeitnehmer_innen in Branchen, die besonders häufig von
Arbeitslosigkeit betroffen sind. Es zeigt sich aber, dass diese Gruppen
nur bedingt gefördert werden. Während sich der Anteil jener, die
eine akademische Ausbildung haben und Weiterbildungsgeld in Anspruch
genommen haben, zwischen 2010 und 2018 von 17% auf 21% gesteigert hat, ist
der Anteil derjenigen mit Pflichtschulabschluss gesunken. 2019 lag der
Anteil jener, mit maximal Pflichtschulabschluss bei 19%. Daher müssen
die Richtlinien in Hinblick auf ihre Treffsicherheit überarbeitet
werden.
Quellen:
(1) https://www.dnet.at/amis/Datenbank/DB_Stellenmarkt.aspx
(2) https://www.diepresse.com/6056141/248000-offene-stellen-wirtschaftsbund-fordert-reform-des-arbeitslosengeldes
(3) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_01102/index.shtml
Die unterfertigten
Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle
beschließen:
"Die Bundesregierung,
insbesondere der Bundesminister für Arbeit, wird aufgefordert, dem
Nationalrat ein Maßnahmenpakt gegen den Arbeitskräftemangel
zuzuleiten. Folgende Punkte sollen dabei Berücksichtigung finden:
- Ausstieg aus der
Corona-Kurzarbeit
- Reform des
Arbeitslosengeldes hin zu einem degressiven Arbeitslosengeld
- Verbesserung der
Schulungseffektivität in AMS Kursen
- Mehr Treffsicherheit bei
der Bildungskarenz"
In formeller Hinsicht
wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.