2036/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 16.11.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

Entschliessungsantrag

 

 

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS

und Genoss*innen

 

betreffend Verbesserung der Qualitätsstandards, der Gebühren und der Arbeitsbedingungen für Gerichtsdolmetscher*innen

 

 

 

Die Aufgabe von Gerichtsdolmetscher*innen ist enorm wichtig und erfordert höchste Konzentration während der gesamten Verhandlungsdauer.

 

Diesem Umstand trägt die Regierungsvorlage vom 13. Oktober 2021 Rechnung, indem Gebühren teilweise erhöht wurden und Fristen und Verrechnungsmethoden aus Sicht der Dolmetscher*innen verbessert wurden. Die Erhöhungen treten aber erst mit 1. Juli 2022 in Kraft.

 

Ein*e Gerichtsdolmetscher*in ist an einem Tag in mehreren Gerichtsverhandlungen und oft in mehreren Bundesländern im Einsatz. Trotzdem wurde in der Regierungsvorlage § 33 (1) gestrichen (Zeitversäumnis über 30 km à € 28,20). Aufgrund der Streichung dieses Postens und des herrschenden Mangels an beeideten Dolmetscher*innen, muss befürchtet werden, dass weitere Wegstrecken nicht mehr in Kauf genommen werden und zunehmend nicht beeidete Dolmetscher*innen zum Einsatz kommen

 

Gemäß Artikel 6 (3) e der EMRK hat jede angeklagte Person das Recht, „die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers zu verlangen, wenn der Angeklagte die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.“

 

Es geht bei Gerichtsverhandlungen so gut wie immer um Existenzen, egal ob ein Delikt mit Geld- oder Haftstrafen bedroht ist. Die Dolmetschung muss gewissenhaft, vollständig und korrekt durchgeführt werden.

 

Nach jeder Einvernahme bei der Polizei wird das Aussageprotokoll, das bis zu 20 Seiten lang sein kann, ausgedruckt und der aussagenden Person zur Durchsicht und Unterschrift vorgelegt. Der/Die Dolmetscher*in dolmetscht die nunmehr verschriftlichte Aussage zurück, um sicherzustellen, dass richtig und vollständig protokolliert wurde. Der/Die Beschuldigte hat die Möglichkeit Korrekturen vornehmen zu lassen. Eine exakte und präzise Rückübersetzung ist hier sehr wichtig. Eine Leistung die zuvor mit € 20,- pauschaliert war und in der Regierungsvorlage nun auf € 12,- reduziert wurde.

 

Es ist fahrlässig und eines Rechtsstaates unwürdig, Menschen Dolmetschungen durchführen zu lassen, die weder einschlägige Kompetenz noch Erfahrung haben. Zweisprachig aufgewachsen zu sein oder anzugeben, eine bestimmte Sprache sprechen zu können, ist keine Qualifikation, um den Beruf eines*r Dolmetschers*in ausüben zu können. Weiters sind soft skills, wie Präzision und Konzentrationsfähigkeit und Verhaltensregeln wie Objektivität, Verschwiegenheitspflicht und Distanziertheit zu allen Beteiligten, wesentliche Kompetenzen von zertifizierten Gerichtsdolmetscher*innen.

 

Gerichtsdolmetscher*innen verrechnen bei jedem Strafverfahren und bei jedem Verfahren, in dem Verfahrenshilfe gewährt wurde, gemäß GebAG. Das trifft bei ungefähr 90 % der Gebührennoten zu. Die Gebühren für Dolmetscher im GebAG wurden seit 2007 nicht inflationsangepasst.

 

Die Dolmetschung ist ein Menschenrecht, es braucht Kompetenz, Qualifikation und Erfahrung, hohe Mobilität und geistige Flexibilität.

 

Die Dolmetschleistung ist somit eine fordernde, anspruchsvolle und vor allem verantwortungsvolle Aufgabe und essenzieller Baustein im Justizsystem, die auch dementsprechend abgegolten werden muss.

 

Auch der Rechnungshof geht in seinem Bericht „Dolmetsch– und Übersetzungsleistungen im Innenministerium und Justizministerium“ (2020) auf die Notwendigkeit einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Gerichtsdolmetscher*innen ein.

 

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Entschließungsantrag:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der folgende Eckpunkte beinhaltet:

 

 

1.         Nur Personen, die allgemein beeidet und gerichtlich zertifiziert sind, dürfen an Verhandlungen bei Gericht oder Vernehmungen bei der Polizei hinzugezogen werden.

 

2.         Wenn aus Dolmetschermangel vorläufig noch nicht ausgebildete und zertifizierte Gerichtsdolmetscher*innen beauftragt werden, müssen diese adhoc-beeidet werden und die adhoc-Beeidigung muss protokolliert werden.

 

3.         Eine Gebühr für Zeitversäumnis ab 30 km [§ 33 (1)]

 

4.         Die Gebühr ab der dritten halben Stunde bei einem Satz von € 30,00 anzusetzen

 

5.         Die Aufhebung der Pauschalierung von Rückübersetzung und sie mit einer Verrechnung pro Seite ersetzen

 

6.         Die Gebühren der Gerichtsdolmetscher*innen, geregelt im GebAG, sollen einer jährlichen Indexanpassung unterzogen werden.

 

7.         Die Festleg ung einer Frist für die Auszahlung von gestellten Honorarnoten auf drei Monate.

 

8.         Die Einführung einer Stornogebühr/Ausfallsentschädigung bei kurzfristig abberaumten Verhandlungen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Justizausschuss