2088/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 19.11.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

 

 

betreffend Mehr Kosteneffizienz in den Sammelsystemen und beim Einwegpfand im Interesse der KonsumentInnen

 

Legt man die Kostensenkungen der Dualen Sammelsysteme in Deutschland ab der Wettbewerbsöffnung 2003 bis 2011 auf Österreich um[1], so dürfte die Verpackungssammlung im Haushaltsbereich in Österreich nicht 140 Mio. Euro, sondern nur rund 90 Mio. Euro jährlich kosten. Bis zu 50 Mio. Euro Einsparungspotential jedes Jahr sind eine beträchtliche Größe angesichts dessen, dass Verpackungen nur wenige Prozent aller in Österreich anfallenden Abfälle ausmachen. Noch nicht bezifferbar sind die Mehrkosten in der Sammlung, weil eine Hauptkostenverantwortung der Ausschreibungsführer gem. § 29 Abs. 10 AWG fehlt. Demnächst könnten noch weitere 10 Mio. Euro Zusatzkosten hinzukommen, wenn es den Großformen des Lebensmittelhandels ermöglicht wird, anstelle der Abfüller selber die Kontrolle über das Einwegpfandsystem an sich zu reißen und dann die gesammelten Einwegpfandgebinde für sich profitträchtig zu vermarkten, so wie dies in Deutschland geschehen ist[2];

Wohlgemerkt: Alle diese Kosten sind Zusatzkosten, die aus mangelndem Wettbewerb resultieren und über die Produktpreise umgelegt werden. Die KonsumentInnen bekommen dafür aber keinen wie immer gearteten Zusatznutzen.

 

Die o.g. Kostensenkungen in Deutschland resultieren daraus, dass das deutsche Bundeskartellamt schon um 2000 rigoros gegen In-Sich-Geschäft-Praktiken im damaligen DSD-System vorgegangen ist, die im österreichischen ARA-System, immer noch zu beobachten sind[3]. Bemerkenswerterweise enthält die ARA-Vereinsatzung sogar eine Regel, die solchen In-Sich-Geschäften vorbeugen soll[4]. Doch sie wird einfach nicht umgesetzt. Deswegen sollte im AWG als Grundregel für marktbeherrschende Systeme der Erweiterten Herstellerverantwortung verankert werden, dass aktuelle oder künftige Auftragnehmer dieser Systeme weder mittelbar noch unmittelbar Mitglieder oder Eigentümer dieser Systeme sein können.

Nicht umgesetzt ist in Österreich auch das Prinzip der Hauptkostenverantwortung in der Kunststoffhaushaltssammlung, obwohl die Sammlung mehr als 50% aller Kosten verursacht[5]: Die Ausschreibungsführer (§ 29c Abs 10 AWG) haben wenig Anreiz für kosteneffiziente Ausschreibungen, weil die resultierenden Kosten nach Marktanteilen zwischen allen Sammel- und Verwertungssystemen aufgeteilt werden können. Das würde sich ändern, wenn der Ausschreibungsführer vorab 30 bis 50% der Kosten tragen muss und nur der Rest dann aufgeteilt wird.

 

Bei der Umsetzung des Einwegpfandes wird darauf zu achten sein, dass es zur Errichtung einer einheitlichen Gesellschaft in der Hand der Abfüller kommt, so wie dies schon in der sog. Hauer-Studie des BMK vorgeschlagen wird. Jedenfalls muss sichergestellt sein, dass die Abfüller weiterhin Eigentümer der zurückgenommen Pfandgebinde bleiben. Den Großformen des Lebensmittelhandels hier Profite zu ermöglichen, wäre schon deswegen Unfug, weil die neue Rücknahmeautomatenstruktur ja auch über das Resilienzpaket finanziell gefördert werden wird und der Handel ohnedies eine Abgeltung seiner Zusatzkosten erhalten soll.

Keinen tatsächlichen Nutzen für die KonsumentInnen, dafür aber beträchtliche Zusatzkosten, die eine künftige Einwegpfandgesellschaft an ARA entrichten wird müssen, verspricht das Konzept des Digitalen Pfands. Dieser Ansatz sollte nicht weiterverfolgt werden, damit es für KonsumentInnen bei der klaren Botschaft bleibt, dass sie die Pfandgebinde künftig in den Handel zurückbringen sollen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird aufgefordert, anlässlich der Abschaffung der Missbrauchsaufsicht nun zielgerichtetere Maßnahmen für mehr Kosteneffizienz im Interesse der KonsumentInnen zu ergreifen, insbesondere

·      dass für marktbeherrschende Systeme der Erweiterten Herstellerverantwortung verankert wird, dass aktuelle oder künftige Auftragnehmer dieser Systeme weder mittelbar noch unmittelbar Mitglieder oder Eigentümer dieser Systeme sein können,

·      dass das Prinzip der Verlosung der Sammelregionen gem. § 29c Abs. 10 AWG um eine Hauptkostenverantwortung des Ausschreibungsführers ergänzt wird,

·      dass die Getränkeabfüller auch Eigentümer, der im Handel zurückzunehmenden Einweg-Pfandgebinde, bleiben,

·      bei der Umsetzung des Einwegpfandes ohne Digitales Pfand auszukommen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Umweltausschuss



[1] Pressemeldung: Bundeskartellamt legt Sektoruntersuchung duale Systeme vor – Wettbewerbsöffnung senkt die Kosten der Verpackungsentsorgung um eine Mrd. Euro/Jahr; Bundeskartellamt, Sektoruntersuchung Duale Systeme – Zwischenbilanz der Wettbewerbsöffnung, Bericht gemäß § 32e GWB – Dezember 2012 unter    http://www.bundeskartellamt.de/DE/UeberUns/Publikationen/Sektoruntersuchungen/sektoruntersuchungen_node.htm

[2] Vgl. dazu NABU - Das Geschäft mit dem Einwegpfand - Wie Abfüller und Handel am Pfand verdienen https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/ressourcenschonung/einzelhandel-und-umwelt/mehrweg/21967.html : Nach NABU-Berechnungen liegen die Einnahmen der Händler aus dem Verkauf von PET-Ballen und zurückgenommenen Getränkedosen für das Recycling bei geschätzt 68 Millionen Euro jährlich. In Spitzenzeiten mit einer hohen Nachfrage nach recyceltem PET liegen diese Einnahmen wesentlich höher.

[3] Große Auftragnehmer von ARA, die sowohl in der Sammlung (~ zwei große Lebensmittelketten) als auch in der Verwertung von Verpackungsabfällen (~ die altstoffverwertenden Industrien: Papier, Glas, Metall, Kunststoffrecycling und -verbrennung) tätig sind, sind bis heute im ARA-Aufsichtsrat vertreten, in dem wichtige Entscheidungen getroffen werden; vgl. zum Folgenden die Stellungnahme der BAK im Begutachtungsverfahren https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/SNME/SNME_109718/index.shtml und ausführlich das BAK-Positionspapier zum Vorschlag für das zweiten EU-Kreislaufwirtschaftspaket vom 22. Juni 2020 https://www.akeuropa.eu/de/neuer-aktionsplan-kreislaufwirtschaft-fuer-ein-sauberes-und-wettbewerbsfaehigeres-europa insbesondere die S 4 und 6.

[4] § 4 der ARA-Vereinssatzung bestimmt:

„Keine ordentlichen Mitglieder des Vereins können … (Unternehmen) sein, 
(c) die aktuelle oder potentielle Auftragnehmer (private oder öffentliche Entsorger) des ARA Systems sind.“

[5] Siehe schon die BAK-Stellungnahme zur AWG-Novelle 2015            https://www.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/umweltundverkehr/umwelt/stellungnahmen/AWG-Novelle_2015.html.