2143/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 15.12.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen
betreffend 3-Punkte-Plan gegen Fake News und Desinformation
Die Themen Fake-News und Desinformation sind nicht erst seit der Corona-Pandemie eine Bedrohung für unsere liberale Demokratie. Die Pandemie zeigt aber noch einmal deutlich, dass Fake-News nicht mehr nur auf irgendwelchen unseriösen Websites oder auf Telegram verbreitet werden, sondern schon länger in der Mitte der österreichischen Politik und Gesellschaft angekommen sind. So hat zum Beispiel die FPÖ-Politikerin Dagmar Belakowitsch-Jenewein auf einer Anti-Corona-Demo am 4.12.2021 in Wien behauptet, dass nicht ungeimpfte Corona Patient_innen die Krankenhäuser füllen, sondern „ganz ganz viele Geimpfte, die aufgrund eines Impfschadens behandelt werden müssen“. (https://www.youtube.com/watch?v=79gxMZggi2A ) Das ist nicht nur eine eindeutige Lüge, die unter anderem von der Ärztekammer und allen anderen Parlamentsparteien aufs Schärfste zurückgewiesen wird, sondern auch eine bewusste, zynische Form der Desinformation von Demonstrations-Teilnehmer_innen. (https://orf.at/stories/3239183/) Unsere österreichische Gesellschaft steht vor einem großen Problem, wenn sich manche Bevölkerungsgruppen wegen dieser bewusst in Kauf genommenen Fragmentierung nicht mehr auf grundlegende Fakten oder Wahrnehmungen einigen können. Eine weitere Erschwernis entsteht durch die fortschreitende Digitalisierung und die damit einhergehenden isolierten Wahrnehmungswelten. In diesen Echokammern nehmen die Protagonist_innen einzelner Interessen und politischer Überzeugungen nur noch sich selbst und ihre eigene Meinung wahr. Deshalb ist die Toleranz für die andere Meinung zur Option geworden; man muss sie scheinbar nicht mehr haben. Zusätzlich wird das Recht auf eigene Meinung immer öfter und von vielen politischen Gruppe ganz bewusst mit dem Recht auf eigene Fakten verwechselt.
Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass die Bevölkerung nicht noch stärker das Vertrauen in seriöse Medien verliert, sondern – ganz im Gegenteil – diese einen noch stärkeren Teil dazu beitragen, gegen Fake-News und Desinformation aufzuklären und sich nachvollziehbar auf Fakten und seriöse Quellen zu stützen. Gerade beim Thema Vertrauen in unsere Medienlandschaft spielt die Regierung eine große Rolle und trug leider in den letzten Jahren massiv zur Beschädigung derselben bei. So haben die zuletzt erhobenen Vorwürfe gegenüber dem ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinem Umfeldes das Vertrauen in Medien massiv beschädigt. Die Hausdurchsuchungen haben gezeigt, wie die Inseratenpolitik einiger Ministerien zur Einflussnahme in die Berichterstattung bestimmter Medien benutzt wurde. Zugleich hat es noch einmal die starke Abhängigkeit vieler Medien von Inseraten der öffentlichen Hand untermauert. Dieser Abhängigkeit muss endlich entschlossen entgegengewirkt werden.
In Zeiten ,wo Fake-News öffentlich von FPÖ-Politiker_innen wie Dagmar Belakowitsch-Jenewein oder Herbert Kickl auf Demos und Pressekonferenzen verbreitet werden, und diese sich auch umso schneller auf Social-Media-Plattformen und in diversen Gruppen von Messenger-Diensten ausbreiten, braucht es einen Plan gegen Fake-News und Desinformation, der so rasch wie möglich von der Regierung umgesetzt wird. Es müssen auf verschiedenen Ebenen Kampagnen bzw. Strategien zu entwickelt werden, um die Bevölkerung aktiv gegenüber Fake-News und Desinformation zu sensibilisieren, sie über Gefahren und momentane Verschwörungstheorien aufzuklären und zugleich die Medienkompetenz zu stärken.
Jedoch: Initiativen, Aktionspläne oder Ideen zu diesem sehr wichtigen Thema sucht man bei der momentanen Regierung vergebens. Das Wort „Fake News“ hat es auch gerade einmal ins Regierungsprogramm geschafft, und zwar beim Thema „Grundwehrdienst attraktiv machen“ (Seite 226). Das Wort „Desinformation“ dagegen gleich dreimal, leider jedoch –wie so oft – als politisches Lippenbekenntnis, zum Beispiel mit dem Halbsatz „Schutz vor Desinformation“ (Seite 55). Interessant ist das vor allem auch deswegen, da die WHO schon seit Anfang 2020 auf die erhöhte Gefahr und Ausbreitung von Desinformation bzw. Fake News in Hinblick auf Covid-19 hinweist. Sie spricht von einer Infodemic: “An infodemic is too much information including false or misleading information in digital and physical environments during a disease outbreak. It causes confusion and risk-taking behaviours that can harm health. It also leads to mistrust in health authorities and undermines the public health response” (https://www.who.int/health-topics/infodemic/the-covid-19-infodemic#tab=tab_1 ) Aus diesem Grund haben 132 Staaten ein Statement zu diesem Thema unterzeichnet, darunter auch Österreich. Darin verpflichtet sich die österreichische Regierung unter anderem dazu, „Maßnahmen zu ergreifen, um die Verbreitung solcher Desinformationen zu verhindern“. (Cross-Regional Statement on „Infodemic“ in the Context of COVID-19) Leider ist es bei dieser Absichtserklärung wie beim Regierungsprogramm: Papier ist geduldig. Nachdem Unterstützer_innen dieser Infodemic als gewählte Volkvertreter_innen im Parlament sitzen und ihren Teil dazu beitragen, dass gezielt gestreute Fake-News und Desinformation noch stärker Eingang in die öffentliche Debatte finden, müssen wir dem rasch entgegensteuern.
Wir müssen daher einen Plan entwicklen, wie wir gezielten Desinformationskampagnen und Fake News begegnen können:
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung wird aufgefordert, aufgrund der immer stärker werdenden Bedrohung durch Fake-News und Desinformation, ehestmöglich den eben vorgestellten 3-Punkte-Plan gegen Fake-News und Desinformation Punkt für Punkt umzusetzen.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.