2164/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 16.12.2021
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Künftige Finanzierung von IHS und WIFO

 

Der ehemalige Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), Christoph Badelt, bestätigte gegenüber "Profil", dass der damalige Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, während des Wahlkampfs im Jahr 2017 Druck auf das Forschungsinstitut ausübte. Bei einem Mittagessen habe ihm Thomas Schmid "sehr rüde eröffnet, dass das Finanzministerium die Wifo-Grundsubvention um eine Million, also um ein Viertel, kürzen wolle", sagte Badelt im Interview. Grund dafür sei "eine allgemeine Unzufriedenheit mit dem Wifo" im BMF. Um den Rücktritt Badelts und einen medialen Aufschrei während des Wahlkampfs zu vermeiden, wurden diese Pläne Badelt zufolge schlussendlich nicht weiterverfolgt.1 

Dem Mittagessen mit Christoph Badelt gingen Gespräche zwischen Thomas Schmid und Sebastian Kurz im Juni 2017 voraus, in denen Schmid berichtete, "dass er mit den heimischen Wirtschaftsforschern telefoniert habe und wer davon 'auf Linie' zu bringen sei."1,2 Zu diesen Wirtschaftsforschern, die auf Linie zu bringen seien, zählte auch der damalige Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS) und derzeitige Arbeitsminister, Martin Kocher. Über ihn schrieb Schmid laut Berichten des "Standard": "Kocher bringe ich noch auf Linie. IHS von BMF finanziert".Eine versuchte politische Einflussnahme Schmids auf das IHS bestätigte am 19. Oktober 2021 auch der langjährige ÖVP-Spitzenpolitiker und Präsident des IHS-Kuratoriums, Franz Fischler. Ende 2015/Anfang 2016 habe Schmid eine offene Ausschreibung der Stelle des Leiters des IHS verhindern wollen, damit "am Ende des Verfahrens 'seine Person' zum Zuge komme."3

Aus den Forschungsförderungsberichten des BMBWF geht hervor, dass das BMF mit Wifo und IHS mehrjährige Rahmenförderungsverträge abschließt. So wurde beispielsweise für die Jahre 2017-laufend ein Vertrag zur "Bereitstellung von kurz- und mittelfristigen Prognosen; Datenbanken; Beratungen zu ad hoc Anfragen; weitere Tätigkeiten mit öffentlichem Gut Charakter; Studien" mit einem Gesamtförderbetrag von 8.386.000 € abgeschlossen. In den Jahren 2013-17 bestand ein Fördervertrag zwischen BMF und Wifo über 9.817.500 €. Ebenso wurde mit dem IHS ein Fördervertrag für die Jahre 2014-2020 mit einem Gesamtförderbetrag von 11.629.795,50 € geschlossen. Für 2021 besteht mit dem IHS ein Fördervertrag über 1.805.220 €.

Die Unabhängigkeit von Wissenschaft und Forschung ist ein wesentlicher Grundpfeiler unserer Demokratie. Forscher_innen müssen ihre Arbeit in jedem Fall ohne politische Einflussnahme planen, durchführen, auswerten und veröffentlichen können, auch und vor allem, wenn es sich um Auftragsforschung handelt. Einen Beitrag zur Unabhängigkeit der Forschung von der Politik leistet das im Jahr 2020 beschlossene Forschungsfinanzierungsgesetz (FoFinaG), in dem zentrale Forschungs- und Forschungsförderungseinrichtungen aufgelistet und mehrjährige Leistungs- bzw. Finanzierungsvereinbarungen inklusive deren Mindestinhalte und Monitoring sowie Evaluierung eingeführt wurden. Die Schwerpunkte dieser Leistungs- bzw. Finanzierungsvereinbarungen werden im FTI-Pakt, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, festgelegt. Die genannten Bundesminister_innen müssen dafür das Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und dem Bundesminister für Finanzen herstellen.

In der Sitzung des Wissenschaftsausschusses am 19. Oktober 2021 zeigte sich Bundesminister Faßmann gesprächsbereit, die politisch unabhängige Finanzierung von Wifo und IHS zu garantieren, etwa durch eine Aufnahme der beiden Institute in das FoFinaG. Die beiden Einrichtungen seien vorerst nicht ins Fördersystem des FoFinaG einbezogen worden, da sie mit Auftragsforschung befasst seien. Dies könnte längerfristig aber geändert werden.4

 

1 https://www.profil.at/wirtschaft/kurz-chats-ex-wifo-chef-badelt-ueber-polit-interventionen/401771571

2 https://www.derstandard.at/story/2000130504665/wifo-chef-badelt-bestaetigt-oevp-schwitzkasten-waehrend-wahlkampf

3 https://www.diepresse.com/6049308/fischler-thomas-schmid-wollte-ihs-direktor-mitbestimmen

4 https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2021/PK1152/index.shtml

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie die langfristige Finanzierung des Instituts für Höhere Studien (IHS) und des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) künftig von der Zuständigkeit des Bundesministers für Finanzen in die Zuständigkeit des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung übertragen werden kann. Ziel muss in jedem Fall sein, Versuche politischer Einflussnahme auf beide Institute zu unterbinden."

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Forschung‚ Innovation und Digitalisierung vorgeschlagen.