2181/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 16.12.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Julia Herr,
Genossinnen und Genossen

 

betreffend Klimakrise, die soziale Frage unserer Zeit!

Dürren, Hitzewellen, Überschwemmungen: Die Klimakrise verschärft sich zusehends und wird durch steigende CO2-Emissionen immer weiter angefacht. Im Kampf gegen die Klimakrise hören wir häufig: Wir müssen unseren Lebensstil ändern! Schauen wir jedoch genauer hin, zeigt sich: Nicht jeder Lebensstil trägt gleich viel zur Klimakrise bei! Nicht jeder Mensch ist von den Auswirkungen der Klimakrise gleich betroffen! Denn es sind Einkommen und Vermögen, die darüber bestimmen. Die Klimakrise ist auch eine soziale Frage!

Aus Ermangelung offizieller Zahlen haben sich unter anderem Greenpeace und der VCÖ genauer mit dem Thema auseinandergesetzt und kommen beide zum gleichen Ergebnis: Reiche verursachen wesentlich mehr Treibhausgase! Die Ursachen dafür liegen im exorbitant höheren Konsum, einem völlig anderen Mobilitätsverhalten und einer anderen Wohnsituation. Die Palette reicht von Privatjets über riesige Yachten bis hin zu großzügigen Villen und Penthäusern. Der Greenpeace-Report[1] zeigt auf, dass die reichsten zehn Prozent der österreichischen Bevölkerung mehr als vier Mal so viel CO2 verursachen, wie die ärmsten 10 Prozent insgesamt. Der VCÖ kommt in seiner Publikation[2] zum Schluss, dass das reichste Einkommensquartil 2,5 mal mehr CO2 ausstößt, als das unterste Einkommensquartil.

Global gesehen ist die Ungleichheit noch größer: Laut OXFAM[3] stoßen die reichsten 10 Prozent genau so viel Emissionen aus, wie die gesamte restliche Bevölkerung.

Diese Ungleichheit beim CO2-Ausstoß macht eines deutlich: Im Kampf gegen die Klimakrise braucht es einen klaren Überblick, wie CO2-Emissionen zustande kommen und wer dafür verantwortlich ist. Denn nur so können wir passende Lösungen finden, die sowohl zu einer raschen Reduktion von CO2-Emissionen, als auch zu einer gerechten Umsetzung von Maßnahmen führen.

Aber nicht nur beim Verursachen der Emissionen gibt es enorme Unterschiede, auch bei den Folgen der Klimakrise gibt es unterschiedliche Auswirkungen auf Reich und Arm. Während Reiche mehr Möglichkeiten haben, sich auf die negativen Konsequenzen einzustellen, gibt es für viele Menschen kaum Wege, sich diesen Folgen zu entziehen.

Hitze am Arbeitsplatz kann tödlich enden!

In der Arbeitswelt trifft es vor allem jene Menschen, die im Freien arbeiten müssen. Denn diese Jobs werden aufgrund der steigenden Hitze zu einer immer größeren Belastung, was im Extremfall auch tödlich enden kann. So brach etwa ein Bauarbeiter in der Steiermark in diesem Sommer wegen der extremen Hitze zusammen und starb.

Wenn die Wohnung zum Backofen wird!

Auch beim Wohnen gibt es eine extreme Ungleichheit. Vor allem kleine, enge Wohnungen ohne Balkon, Garten und Kühlungsmöglichkeiten werden bei steigender Hitze zu einem Problem. Gerade in dichtversiegelten Vierteln mit viel Asphalt und wenig Grün heizt sich die Umgebung untertags besonders auf und verhindert so auch eine Abkühlung bei Nacht. Die Lebensqualität in diesen Vierteln sinkt erheblich, aber auch die Gesundheit ist in Gefahr. Besonders betroffen sind ältere Menschen, Säuglinge, Kinder und chronisch Kranke.[4][5] In grünen Vierteln, die von der Hitze in der Stadt weniger betroffen sind, sind die Wohnkosten für arbeitende Menschen aber oft unerschwinglich.

Sanieren muss man sich erst mal leisten können!

Wer sich neue Heizungssysteme oder die thermische Sanierung von Wohnung oder Haus nicht leisten kann, ist durchschnittlich mit höheren Energiekosten konfrontiert. Dadurch, dass höhere Heizkosten kleinere Einkommen anteilsmäßig wesentlich stärker treffen, hat dies ebenfalls eine starke soziale Dimension.

Man sieht: Einkommen und Vermögen sind zwei Schlüsselfaktoren, sowohl bei der Entstehung als auch bei den Auswirkungen der Klimakrise. Eine systematische Aufarbeitung der ungleichen Verteilung der Verursachung und der Auswirkungen der Klimakrise findet nicht statt. Das ist ein Problem, denn was nicht sichtbar gemacht wird, geht in der Politik am Ende allzu leicht unter. Das erkannten auch Greenpeace und VCÖ, die mit ihren Publikationen auf diese Ungleichheit aufmerksam machen wollen. Doch für eine soziale und gerechte Politik braucht es mehr! Zahlen und Daten müssen von behördlicher Seite erhoben und ausgewertet werden. Das muss regelmäßig und kontinuierlich geschehen und veröffentlicht werden. Nur so gibt es die notwendige Grundlage, um sozial gerechte Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise finden zu können.

Hier braucht es ein Zusammenspiel zwischen dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, um eine intraministerielle Stelle einzurichten, die – angelehnt an das Modell des Energie- und Klimahilfsfonds der Arbeiterkammer - die sozialen Folgen der Klimakrise aufarbeitet und entsprechende Zahlen, Daten und Fakten systematisch aufarbeitet. Wo Zahlen und Daten fehlen, sollen diese von der Statistik Austria erhoben werden. Ein Beirat bringt die verschiedenen sozial- und klimapolitischen Perspektiven ein, um ein umfassendes Bild zu erreichen und legt dazu Schwerpunkte fest. Im Beirat sollen die Sozialpartner sowie zivilgesellschaftliche VertreterInnen aus dem Umweltschutz- und Sozialbereich vertreten sein.

Nur so kann die Ungerechtigkeit in der Klimakrise in ihrer vollen Dimension erfasst werden und die dafür notwendige Aufmerksamkeit und Datengrundlage bekommen. Gemeinsam bildet das die Grundlage für einen gerechten Weg im gemeinsamen Kampf gegen die Klimakrise, bei dem niemand zurückgelassen wird. Im Sinne des Green New Deals müssen Klimapolitik und soziale Gerechtigkeit Hand in Hand gehen – nur so schaffen wir es, die Klimakrise gemeinsam zu bekämpfen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert,

 

     Eine intraministerielle Stelle einzurichten, die die sozialen Folgen der Klimakrise bzw. die Ungleichheit beim Treibhausgasausstoß aufarbeitet.

     Diese Stelle soll speziell die Auswirkungen auf unterschiedliche Bevölkerungsgruppen herausarbeiten. Den thematischen Rahmen bilden dabei die unterschiedlichen Konsum- und Mobilitätsverhalten und Wohnsituationen nach Einkommen und Vermögen, sowie deren Auswirkung auf den Ausstoß von Treibhausgasen. Außerdem sollen die bereits herrschenden Auswirkungen der Klimakrise auf verschiedene Bevölkerungsgruppen unterschieden nach Einkommen, Vermögen, Region und Geschlecht sowie deren Resilienz gegen künftige Veränderungen durch die Klimakrise erhoben werden.

     Diese Stelle soll in regelmäßigen Abständen, jedoch mindestens einmal jährlich, diese Daten und Fakten gesammelt veröffentlichen, sowie konkrete, politische Handlungsableitungen erarbeiten und dem Nationalrat in Form eines Berichts zuleiten.

     Wo bestehende Daten für die Arbeit der intraministeriellen Stelle nicht ausreichen, sollen fehlende Daten durch die Statistik Austria erhoben werden. Die intraministerielle Stelle agiert dabei als Steuerungsgremium der Datenerhebung.

     Einen Beirat einzurichten, der für die intraministerielle Stelle innerhalb des übergeordneten Rahmens Schwerpunkte festlegt. Die Sozialpartner sowie zivilgesellschaftliche VertreterInnen aus dem Umweltschutz, dem Sozialbereich und der Armutsbekämpfung sollen in diesem Beirat vertreten sein.

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales



[1] https://mobilitaet.greenpeace.at/assets/uploads/assets/uploads/GP_ReportKlimaungerechtigkeitAT.pdf

[2] https://www.vcoe.at/themen/mobilitaet-als-soziale-frage/download-publikation-mobilitaet-als-soziale-frage?file=files/vcoe/uploads/Themen/Mobilitaet%20als%20soziale%20Frage/2018-01%20VCÖ-Publikation%20Mobilität%20als%20Soziale%20Frage.pdf&cid=14339

[3] https://oxfamilibrary.openrepository.com/bitstream/handle/10546/621052/mb-confronting-carbon-inequality-210920-en.pdf

[4] https://awblog.at/massnahmen-gegen-hitze-in-der-stadt/

[5] APCC Special Report „Gesundheit, Demographie und Klimawandel“, https://sr18.ccca.ac.at/