2194/A XXVII. GP

Eingebracht am 20.01.2022
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Antrag

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das  Öffnungszeitengesetz 2003 geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das  Öffnungszeitengesetz 2003, BGBl. Nr. 48/2003, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 6/2007, wird wie folgt geändert:

 

1.§ 2 lautet:

§ 2. Von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind ausgenommen

  1. die Warenabgabe aus Automaten;
  2. der Warenverkauf im Rahmen eines Gastgewerbes in dem im § 111 Abs. 4 Z 4 GewO 1994 bezeichneten Umfang und eines Konditorgewerbes in dem im § 150 Abs. 11 GewO 1994 bezeichneten Umfang;
  3. Tankstellen für den Verkauf von Betriebsstoffen für Kraftfahrzeuge sowie für den Kleinverkauf von im § 157 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 angeführten Waren nach Maßgabe des § 157 Abs. 2 GewO 1994;
  4. Verkaufsstellen im Kasernenbereich, die Waren nur an Angehörige des Bundesheeres oder der Bundespolizei und an die in der Kaserne tätigen Bediensteten abgeben („Marketendereien“);
  5. der Marktverkehr, und
  6. die Lieferung von Waren des kurzfristigen und des täglichen Bedarfs.

 

2. Dem § 2 wird folgender § 2a angefügt:

§ 2a. Waren des kurzfristigen und des täglichen Bedarfs im Sinne des § 2 Z 6 des Öffnungszeitengesetz 2003 sind:                                                                                                                     

  1. Lebensmittel
    1. Food I (Frischeprodukte), wie insbesondere Fleisch, Fisch, Wurst, Molkereiprodukte, Eier, frisches Obst und Gemüse, Brot und Gebäck,
    2. Food II (Trockensortiment), wie insbesondere alkoholische und alkoholfreie Getränke, Süßwaren, Konserven, Nährmittel (Mehl, Getreide, Reis, Nudeln), Gewürze, Tiefkühlwaren, Babynahrung;
  1. Übrige Sortimentsteile (Non-Food-Produkte)
    1. Drogeriefachmarktartikel, wie insbesondere Seife, Badezusätze, Parfums, Deodorants, hygienische Papierwaren, Hautcreme, Rasierzubehör, Haarpflegemittel, Zahnpflege, Babypflege, Windeln, sonstige Kosmetika, Produkte zur Gesundheitspflege, Arzneimittel, deren Abgabe an Letztverbraucher auch außerhalb von Apotheken gestattet ist,
    2. Tiernahrung,
    3. Wasch-, Reinigungs- und Pflegemittel.

 

Begründung

 

Digitalisierung des Öffnungszeitengesetzes: mehr Lieferungen am Sonntag!

 

Österreichs restriktives Öffnungszeitengesetz

Österreich ist im internationalen Vergleich sehr restriktiv bei der Regulierung des Warenverkaufs an Sonntagen. Nur wenige Staaten in Europa regeln überhaupt Öffnungszeiten von Montag bis Samstag und selbst unter diesen ist Österreich sehr restriktiv. Im Gegensatz dazu gibt es in 23 Staaten in Europa keine Regeln für Öffnungszeiten von Montag bis Samstag - 17 Staaten in Europa haben sogar keine Regeln für Öffnungszeiten am Sonntag. Österreich ist dazu der einzige Staat Europas, der eine Maximalzahl an Öffnungsstunden innerhalb des Rahmens vorgibt. Angesichts des gestiegenen internationalen Wettbewerbs sollten derart unübliche und starre Regeln dringend überdacht werden. Durch eine Modernisierung, die einerseits die neuen Bedürfnisse in der Gesellschaft und andererseits arbeitsrechtliche Standards berücksichtigt, könnten wichtige Impulse gesetzt werden. Wie aus den Gesetzesmaterialien ersichtlich, wurden bei der Einführung des Öffnungszeitengesetzes im Jahr 2003 die Probleme erkannt ("Ladenöffnungszeiten entsprechen zum Teil nicht den wirtschaftlichen Erfordernissen"; "im Vergleich zum europäischen Ausland […] noch immer äußerst restriktiv"; „Konsumenten nicht die entsprechenden Einkaufsmöglichkeiten“). Seitdem ist sehr viel Zeit vergangen. Technische Möglichkeiten, Geschäftsmodelle und damit letztlich auch das Konsument_innenverhalten haben sich innerhalb von fast 20 Jahren sehr stark verändert. Nur der Rechtsrahmen hielt nicht Schritt und wurde nur unwesentlich den geänderten Bedingungen angepasst.

 

Absurde Ausnahmen und verfehlte Ziele: ausnahmsweise geöffnet, aber nur gekocht geliefert

Andererseits bestehen innerhalb dieses strengen Regelwerks zahlreiche Ausnahmen, die den aktuellen Rechtsrahmen noch zweifelhafter erscheinen lassen. Zum Beispiel gelten gemäß §7 Z 1 Öffnungszeitengesetz diese Vorschriften nicht für Verkaufsstellen in Bahnhöfen oder auf Flughäfen. Die Idee hinter dieser Ausnahme war, Reisenden den Erwerb von Proviant zu ermöglichen. In Wirklichkeit drängen sich Einheimische jeden Sonntag in diesen Supermärkten, obwohl ihre Reise oft nur der Weg von und zum einzigen offenen Supermarkt in der näheren Umgebung ist. Ein ähnlicher Gedanke steckt auch hinter der Ausnahme für Tankstellen (§ 2 Z 3 Öffnungszeitengesetz iVm § 157 GewO). Dank umfangreicher Kooperationen zwischen Betreibern von Tankstellen und Supermarktketten gibt es auch hier inzwischen ein gewisses Angebot in Ballungszentren, das nur am Rande der Beschaffung von Reiseproviant dient. Dann gibt es auch Supermärkte, die als Restaurants angemeldet sind, und trotz kleiner Speiseecke, wiederum die Möglichkeit bieten, Reiseproviant, Waren des üblichen Reisebedarfes oder Geschenkartikel zu erwerben (§ 2 Z 2 Öffnungszeitengesetz iVm 111 Abs. 4 Z 4 GewO). Zu guter Letzt steht gemäß § 5 Öffnungzeitengesetz auch jedem Landeshauptmann bzw. jeder Landeshauptfrau die Möglichkeit zu, Ausnahmen für Öffnungen am Sonntag vorzusehen.

Diese vorgesehenen Ausnahmen verfehlen die dahinterstehenden Ziele und tragen den geänderten Umständen in keiner Weise Rechnung. Die durch alle Bereiche gehende Digitalisierung und damit einhergehende Änderung im Konsumverhalten hin zu Online-Bestellungen samt Lieferung vor die Haustüre werden im aktuellen Öffnungszeitengesetz nicht berücksichtigt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum gewisse Lebensmittel nur in zubereiteter Form bestellt werden können, bei anderen ist eine Lieferung an jedem Tag erlaubt. Auf den Punkt gebracht darf sich der Bürger die Pizza liefern lassen, aber die Zutaten für eine Pizza nicht. Non-Food-Produkte, wie Drogeriefachmarktartikel oder Waschmittel können hingegen nur an gewissen Orten auch am Sonntag erworben, aber nicht geliefert werden. Das wachsende Onlineangebot vonseiten etablierter Supermarktketten wie auch zahlreiche neue Dienstleister in diesem Bereich zeigen, dass sich das Verhalten der Konsument_innen deutlich verändert hat. Es ist somit Aufgabe der Politik, den Bürger_innen einen modernen Rechtsrahmen zur Verfügung zu stellen, der den aktuellen Konsumgewohnheiten und  -wünschen entspricht. Die vorgeschlagene Änderung des Öffnungzeitengesetzes soll die Lieferung von Waren des kurzfristigen und des täglichen Bedarfs auch sonntags ermöglichen. Die Eingrenzung der lieferbaren Waren richtet sich danach, was bereits heute an Sonntagen in den zahlreichen von den Ausnahmen erfassten Betriebseinrichtungen erworben werden kann. Ziel ist, die Digitalisierung insofern im Öffnungszeitengesetz zu berücksichtigen, dass eine Gleichbehandlung des stationären und des online Handels bei der Art des Erwerbs von Waren des kurzfristigen und des täglichen Bedarfs gewährleistet wird. 

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen‚ diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie zuzuweisen.