2271/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 23.02.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Wirtschafts- und Finanzbildung in Schulen - Kooperationen zwischen Schulen und Arbeitswelt stärken
Am 23. September 2021 präsentierte der ehem. Finanzminister Blümel gemeinsam mit Nicola Brandt, Leiterin des OECD Berlin Centre, die nationale Finanzbildungsstrategie "Mein Geld, mein Leben, meine Entscheidung - ich bin mir sicher", die auf insg. vier Säulen ruht: i) die frühzeitige Entwicklung von Grundlagen, um solide finanzielle Entscheidungen treffen zu können und eine Überschuldung zu verhindern, ii) die Förderung einer verantwortungsvollen Finanzplanung für ein langfristiges finanzielles Wohlergehen, iii) die Sensibilisierung für die Bedeutung von Finanzbildung und Sicherstellung des Zugangs zu qualitativ hochwertiger Finanzbildung für alle Bürgerinnen und Bürger und iv) die Steigerung der Effektivität von Initiativen zur Förderung der Finanzkompetenz durch Dialog, Koordinierung und Evaluierung.1
Der erste Punkt zielt v.a. auf die Verankerung von Finanzbildung als fächerübergreifendes Thema in Österreichs Schulen ab und dieser Schritt ist auch dringend notwendig, wie zahlreiche Studien bestätigen. Laut eines Policy Papers der Julius Raab Stiftung wissen knapp 50% der Österreicher_innen nicht, was Zinsen sind. Nur 8% der Befragten einer Studie der Wiener Börse von 2017 fühlen sich bei Wirtschafts- und Finanzthemen sattelfest und 77% der Befragten meinen auch, dass Finanzwissen in Österreichs Schulen zu wenig vermittelt wird.2 Die geplante Finanzbildungsstrategie ist daher dringend notwendig, um junge Menschen von Beginn an zu mündigen und handlungsfähigen Bürger_innen zu erziehen, die umsichtige und informierte finanzielle Entscheidungen im täglichen Leben treffen können.
Damit das auch funktioniert, muss Wirtschafts- und Finanzbildung mit Leben erfüllt werden. Eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien 20182 über das Wirtschaftswissen von Schüler_innen am Ende der Sekundarstufe I (Mittelschule/Gymnasium) hat ergeben, dass rund die Hälfte der Befragten angaben, es hätte nichts mit Wirtschaft zu tun, wenn sie ein Praktikum in einem Büro absolvieren. Rund zwei Drittel gaben an, dass es Aufgabe des Staates sei, zu entscheiden, was nach Österreich importiert oder exportiert wird und über ein Viertel der Schüler_innen war überzeugt, dass der Staat die Preise von Produkten und Dienstleistungen festlegt. Es braucht hier also dringend innovative Kooperationen zwischen Schulen und Arbeitswelt in Form von Projekten, Wettbewerben, gegenseitigen Besuchen etc., bei denen Schüler_innen praxisnah erfahren können, wie vielfältig und bedeutend Wirtschafts- und Finanzbildung sowohl im Alltag als auch in der Arbeitswelt ist. Solche Kooperationen gibt es bereits, jedoch ist das Angebot unübersichtlich und längst nicht allen Schüler_innen zugänglich, sondern vom jeweiligen Schulstandort bzw. individuellen Engagement der Lehrenden abhängig. Damit in Zukunft möglichst alle Schüler_innen von solchen innovativen Kooperationen profitieren können, muss gewährleistet werden, dass alle Schulen aus einem breiten Kooperationsangebot schöpfen können und dieses Angebot auch nutzen.
Ein regelmäßiger Austausch zwischen Schule und Arbeitswelt in allen Schulstufen und Schultypen brächte für die Schülerinnen und Schüler auch einen starken Zusatznutzen im Bereich der Berufsorientierung mit sich. Wer im Laufe der Schulzeit unterschiedlichste berufliche Tätigkeitsfelder kennen gelernt hat, ist besser gerüstet für die eigene Berufswahl. Für kleine und mittlere Unternehmen, die häufig keine geeigneten Lehrlinge finden, ergäben sich wiederum neue Möglichkeiten, ihre Berufe und Ausbildungsmöglichkeiten vorzustellen.
1 https://www.bmf.gv.at/presse/pressemeldungen/2021/september/finanzbildungsstrategie.html
2 https://www.wu.ac.at/fileadmin/wu/d/i/wipaed/kongresse/wp12/Schiene_D/Rumpold_Wipaed_2018.pdf
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, einhergehend mit der stärkeren Verankerung von Wirtschafts- und Finanzbildung in den Lehrplänen auch den verpflichtenden, regelmäßigen Austausch zwischen Schule und Arbeitswelt flächendeckend zu gewährleisten, damit künftig alle Schüler_innen Wirtschafts- und Finanzbildung in Alltag und Arbeitswelt praxisnah erfahren können und zugleich vielfältigere Anregungen für ihre Berufsorientierung bekommen."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.