2283/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 23.02.2022
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner, BSc, Philip Kucher,
Genossinnen und Genossen
betreffend Keinen jungen Menschen zurücklassen - psychosoziale Versorgung für Kinder und Jugendliche endlich sicherstellen
Für die gesamte Bevölkerung stellen die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen eine massive psychosoziale Belastung dar.
Besonders betroffen sind davon aber immer stärker Kinder und Jugendliche. Nationale und internationale Studien zeichnen mehr denn je ein dramatisches Bild, was die psychische Gesundheit einer ganzen Generation junger Menschen angeht.
Dabei verschlechtert sich die Lage bei Kindern und Jugendlichen gerade in Österreich massiv. Eine brandaktuelle Studie des Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit der Donau Uni Krems zeigte Ende 2021, wie rapide sich die Lage vieler betroffener verschlimmert hat:
„Bei 62 Prozent der Mädchen und bei 38 Prozent der Burschen zeigte sich eine zumindest mittelgradige depressive Symptomatik. Rund ein Fünftel der Mädchen und 14 Prozent der Burschen leiden unter wiederkehrenden suizidalen Gedanken, d.h. sie denken entweder täglich oder an mehr als der Hälfte der Tage an Selbstmord.“[1] Gleichzeitig warnen die Studienautor*innen: „Die psychische Belastung ist besorgniserregend und die bisherigen Maßnahmen reichen hier ganz offensichtlich nicht.“
Die Politik ist mehr denn je gefordert, rasch umfassende Maßnahmen zu treffen, um integrierte, flächendeckende psychosoziale Versorgung für alle Menschen in Österreich zu garantieren. Die im Sommer 2021 groß angekündigten Sonder-Investition von 13 Millionen Euro zur Bewältigung psychosozialer Probleme von Kindern und Jugendlichen reichen dazu keineswegs aus. Wie aktuelle Anfragebeantwortungen zeigen, wird dieses Geld erst mit Beginn des Jahres 2022 eingesetzt, gleichzeitig ist „das Ende des Projektes (...) zum jetzigen Zeitpunkt mit Ende 2022 vorgesehen“ und „eine Überführung der Projektmittel über 2022 hinaus (ist) nicht vorgesehen“.[2]
Eingesetzt werden sollen diese Mittel überhaupt nur für den Bereich der Prävention und psychotherapeutischen Versorgung. Für viele junge Menschen, die bereits jetzt unter handfesten psychiatrischen Krankheitsbildern leiden, sind die Mittel also nicht vorgesehen. Eine entsprechende Anfragebeantwortung des Gesundheitsministeriums führt dazu aus: Es gehe um eine „möglichst frühzeitige Abfederung von Belastungen“, „um Aggravierungen, die eine psychiatrische Behandlung erfordern, möglichst zu verhindern“. Sollte eine solche doch nötig werden, wird „eine Zuweisung zur psychiatrischen Abklärung und Behandlung erfolgen, die dann jedoch nicht mehr Gegenstand des Projektes wäre“.[3]
Dabei stellen Expert*innen, wie der Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH Wien, Paul Plener, seit langem klar: „Schon vor der Pandemie war das Hilfsangebot für
Kinder und Jugendliche in psychischen Krisen in Österreich beschämend gering.
Jetzt, mit mehr Bedarf, hängt uns das nach."[4] Genau diese Warnung müssen die Bundesregierung und insbesondere das zuständige Bundesministerium endlich ernst nehmen und wirksam dafür sorgen, dass kein junger Mensch in einer psychosozialen Notlage zurückgelassen wird.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden
Entschließungsantrag Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie,
Integration und Medien im Bundeskanzleramt und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, umgehend einen Aktionsplan zur Sicherstellung der psychosozialen Versorgung junger Menschen in Österreich unter Einbeziehung der folgenden Maßnahmen vorzulegen:
1. Therapie- und Betreuungsplatz-Garantie für jeden psychisch erkrankten jungen Menschen: Jedem jungen Menschen in Österreich muss in psychischen Notlagen eine multiprofessionelle Behandlungsmöglichkeit ohne monatelange Wartezeiten zustehen. Im Fokus müssen dabei die Entlastung kinder- und jugendpsychiatrischer Einrichtungen durch wohnortnahe und ambulante Betreuungsangebote und die Absicherung der psychosozialen Versorgung in ländlichen Gebieten stehen.
2. Investitionspaket für rasche Sicherstellung von ausreichend Therapieplätzen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie: Insbesondere die fachärztliche Behandlung psychiatrischer Krankheitsbilder bei jungen Menschen darf nicht durch lange Wartezeiten und fehlende Ärzt*innen verzögert werden. Ein umfassendes Investitionspaket muss daher einerseits Maßnahmen zur Reduktion der akuten aktuellen Krisensituation, als auch langfristige Schritte zur Ausbildung und Absicherung von ausreichend Fachärzt*innen der Kinder- und Jugendpsychiatrie beinhalten.
3. Informationsoffensive für Kinder und Jugendliche zur psychosozialen Gesundheit: Neben der Behandlung akuter Erkrankungen bei jungen Menschen wird es zur Bewältigung der psychosozialen Folgen der Corona-Pandemie notwendig sein, langfristige Bewusstseins- und Sensibilisierungsarbeit zum Thema der psychischen Gesundheit bei jungen Menschen zu starten. Die Bundesregierung muss dafür ein langfristiges Konzept in Zusammenarbeit mit Expert*innen, Jugendorganisationen und Vertreter*innen der Jugendarbeit vorlegen und dieses zur Umsetzung bringen - dabei muss insbesondere auch das Erreichen junger Arbeitnehmer*innen, Lehrlinge etc. im Fokus stehen.“
Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie und Jugend