2299/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 23.02.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Effiziente Asylverfahren am Boden der Rechtsstaatlichkeit 

 

Das Non-Refoulement-Gebot iSd Art. 3 EMRK besagt, dass Menschen nicht in Länder zurückgeschickt werden dürfen, in denen ihnen Gefahr von Folter oder einer anderen schweren Menschenrechtsverletzung droht. Push-Backs – die sofortige Zurückweisungen von Fremden an der Grenze ohne die Möglichkeit einen Asylantrag zu stellen – sind ein Verstoß gegen das Non-Refoulement-Gebot und daher menschenrechtswidrig und unzulässig. Ebenso stellt die Nichtbeachtung eines Ansuchens auf Asyl eine Verletzung des Schengener Grenzkodex dar. 

Seit Monaten wird von den Medien über illegale Push-Backs an den europäischen Außengrenzen sowie entlang der Balkanroute bis nach Bosnien berichtet. Das Black Book of Pushbacks dokumentiert alleine rund 15.000 illegale und teils gewaltsame Zurückschiebungen entlang der Balkanroute. Insbesondere gibt es zahlreiche Berichte von Menschenrechtsverletzungen an der kroatisch-bosnischen Grenze (https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/monitor/videosextern/europas-schattenarmee-pushbacks-an-der-kroatisch-bosnischen-grenze-100.html). Im November 2020 wurde über zwei Fälle vom September berichtet, in welchen zwei Gruppen von Asylwerber_innen von österreichischen Beamt_innen ohne Verfahren an die slowenischen Behörden übergeben wurden. Die Betroffenen wurden von den slowenischen und kroatischen Behörden weiter bis nach Bosnien abgeschoben (https://www.derstandard.at/story/2000121752241/berichte-ueber-illegale-push-backs-von-migranten-anoesterreichischer-grenze). 

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat im Rahmen einer Entscheidung über eine Maßnahmenbeschwerde (GZ LVwG 20.3-2725/2020) in dem Fall Ayoub N. Anfang Juli 2021 festgestellt, dass der Asylantrag eines Schutzsuchenden „überhört“ und dieser illegal nach Slowenien zurückgewiesen worden war: „Aus dem geschilderten Verfahrensablauf (...) kommt das Gericht zum Schluss, dass Push-Backs in Österreich teilweise methodisch Anwendung finden.“ Das Innenministerium dementierte trotz gerichtlicher Entscheidung einen systematischen Rechtsbruch weiterhin. Im Rahmen der am 8. Juli 2021 eingeleiteten internen Evaluierung stellt das BMI laut Anfragebeantwortung 7881/AB „kein Fehlverhalten der Exekutivbeamt_innen" fest. Gegen das genannte Erkenntnis des LVwG hat die Landespolizeidirektion Steiermark das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. 

In dem Fall Ayoub N. erging vom LVwG Steiermark ein weiteres Erkenntnis im Zusammenhang mit einer erhobenen Richtlinienbeschwerde (GZ LVwG 22.3-2726/2020). Es wurde festgestellt, dass Ayoub N. bei der Amtshandlung am 28. September 2020 in seinem Recht auf Achtung der Menschenwürde (§ 5 Abs 1 Richtlinien-Verordnung – RLV) und dem Recht auf ausreichende Dokumentation (§ 10 RLV) verletzt wurde. Im Gegensatz zur Entscheidung über die Maßnahmenbeschwerde wurde gegen dieses Erkenntnis keine Revision erhoben - somit ist es rechtskräftig. Das LVwG begründet im Rahmen der Feststellung der Verletzung der Achtung der Menschenwürde wie folgt: “sehr wohl hat der Beschwerdeführer mehrmals während der Amtshandlung das Wort „Asyl“ verwendet, jedoch erfolgte keine Reaktion von Seiten der eingeschrittenen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes”. 

Anstatt sich - wie die Menschenrechtskommissarin des Europarates Dunja Mijatović (European states must stand up against pushbacks and the attempt to legalise them - View (coe.int)) - klar gegen Push-Backs zu positionieren, schloss sich Österreich einem Schreiben von 12 EU-Mitgliedstaaten vom 7. Oktober 2021 an die Europäische Kommission an, in dem die EU aufgefordert wurde, den EU-Rechtsrahmen auf Grund der illegalen Migration nach Europa an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen (Joint-letter_Adaptation-of-EU-legal-framework-20211007.pdf (politico.eu)). Klare Forderungen zur Einhaltung von EU-Recht durch Unterlassen von push-backs wurden vonseiten unserer Regierung noch nicht vernommen. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, innerhalb seines Ressorts das Unterlassen von Pushbacks anzuweisen und sich auf europäischer Ebene für ein gemeinsames Asylsystem einzusetzen, in dem das Recht auf ein Asylverfahren, faire und schnelle Asylverfahren sowie effiziente Rückführungen bei negativem Ausgang Realität werden."  

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.