2346/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 24.02.2022
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Petra Bayr, MA MLS
Genossinnen und Genossen
betreffend "Müttersterblichkeit im Kontext Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe“
Die weltweite Müttersterblichkeitsrate war in den Jahren vor der Pandemie so niedrig wie nie zuvor. Während im Jahr 2000 weltweit noch 451.000 Mütter an schwangerschaftsbezogenen Komplikationen starben, waren dies im Jahr 2017, dem Jahr der letzten weltweiten Erhebung, „nur mehr“ 295.000 Mütter.[1] Auf den ersten Blick zweifelsohne ein Erfolg der Millennium Development Goals und ein wichtiger Schritt zur Reduktion der Müttersterblichkeit.
Eine genauere Betrachtung der weltweiten Situation stimmt jedoch weniger optimistisch, denn die Müttersterblichkeit hängt stark von der Region ab, in der eine Frau lebt. So lässt sich der Rückgang der Müttersterblichkeitsrate vor allem auf eine Region zurückführen: Südasien. Mehr und besser ausgebildetes medizinisches Personal, umfassendere Gesundheitsservices und ein niederschwelliger Zugang zu diesen für einen größeren Teil der Bevölkerung erwiesen sich als Erfolgsfaktoren im Rückgang der Müttersterblichkeit in Südasien.[2]

Abbildung 1: Weltweite Müttersterblichkeitsrate 2000-2017 in absoluten Zahlen [3]
Diese positive Entwicklung ließ sich jedoch nicht in allen Regionen erkennen. Insbesondere Frauen in Ländern der Sahel Region und südlich der Sahara sind in gewaltigem Ausmaß von Müttersterblichkeit betroffen. Nach Angaben von UNICEF, WHO und UNFPA gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen der Müttersterblichkeitsrate und dem finanziellen Wohlstand eines Landes. So leben zwei Drittel der Mütter, die weltweit jedes Jahr an schwangerschaftsbezogenen Komplikationen sterben, in der Sahel Region und den angrenzenden Ländern südliche der Sahara. Während in Westeuropa 1 von 11.900 Frauen an schwangerschaftsbezogenen Komplikationen stirbt, ist es in den Ländern der Sahel Region und südlich der Sahara durchschnittlich 1 von 38 Frauen, die eine Schwangerschaft nicht überlebt.[4]

Abbildung 2: Müttersterblichkeit je 100.000 Geburten, 2017 [5]
Die Corona-Pandemie verschärft diese katastrophale
Ungerechtigkeit aber noch weiter, direkt und indirekt. Eine erste Studie von
Mirijam Hall zeigt, dass Mütter, die mit Corona infiziert sind,
öfters künstlich beatmet werden müssen und ein höheres
Risiko für Frühgeburten haben.[6] Studien des
US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention zeigen zudem, dass
mit Corona infizierte Mütter ein 90% höheres Risiko für eine
Totgeburt haben.[7]
Aber auch der indirekte Einfluss der Pandemie bleibt nicht ohne Folgen. Ein Artikel des Kurier[8] vom Mai 2021, basierend auf einer Aussendung von CARE Österreich[9], machte diese dramatische Entwicklung sichtbar. Daten aus Bangladesch, Nigeria und Südafrika belegen eine erhöhte Müttersterblichkeit um bis zu 30 %. Überfüllte Krankenhäuser und ausgelastetes medizinisches Personal, die mit der Eindämmung der Corona Pandemie bereits über ihre Kapazitäten hinaus belastet sind, sind der Grund. Diese Entwicklung macht auf vor der einstigen Vorzeigeregion Südasien nicht halt.[10]
Die Situation von Müttern in den Ländern des globalen Südens, die katastrophale Zuspitzung der Lage aufgrund der Corona Pandemie und die Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlergehen dieser Frauen ist nicht nur schockierend. Das ist einfach nicht länger hinnehmbar.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufgefordert, Müttersterblichkeit in Ländern des globalen Südens als akutes Problem anzuerkennen, sich in europäischen und internationalen Gremien, Organisationen etc. aktiv und nachhaltig für Maßnahmen gegen Müttersterblichkeit auszusprechen und einzusetzen sowie bilaterale finanzielle Mittel aus EZA und humanitärer Hilfe konkret für Maßnahmen zur Senkung der Müttersterblichkeit einzusetzen."
Zuweisungsvorschlag: Außenpolitischer Ausschuss
[1] Vgl. WHO, „Fact Sheet on Maternal Mortality”, September 2019, https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/maternal-mortality, Zugriff 24.02.2022
[2] Vgl. UNICEF, „Neue Zahlen zu Kindersterblichkeit und Müttersterblichkeit“, September 2019, https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/2019/neue-zahlen-kindersterblichkeit-und-muettersterblichkeit/199458, Zugriff 24.02.2022
[3] Vgl. Our World in Data, „Maternal Mortality”, https://ourworldindata.org/maternal-mortality, Zugriff 24.02.2022
[4] Vgl. UNICEF Data, „Maternal Mortality”, https://data.unicef.org/topic/maternal-health/maternal-mortality/, Zugriff 24.02.2022
[5] ebenda
[6] Hall, M. et all, „SARS-CoV-2 in pregnancy: maternal and perinatal outcome data of 34 pregnant women hospitalised between May and October 2020”, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33544532/, Zugriff 24.02.2022
[7] Ärzteblatt, „SARS-CoV-2: Wie das Virus die Plazenta zerstören kann“, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/131797/SARS-CoV-2-Wie-das-Virus-die-Plazenta-zerstoeren-kann, Zugriff 24.02.2022
[8] Vgl. Kurier, „Weltweite Müttersterblichkeit steigt dramatisch an“, https://kurier.at/wissen/gesundheit/wegen-corona-pandemie-weltweite-muettersterblichkeit-steigt-dramatisch/401372729, Zugriff 24.02.2022
[9] Vgl. CARE, „CARE zum Muttertag: Pandemie vernichtet Fortschritte im Kampf gegen Müttersterblichkeit“, https://www.care.at/presseaussendungen/care-zum-muttertag-pandemie-vernichtet-fortschritte-im-kampf-gegen-muettersterblichkeit/, Zugriff 24.02.2022
[10] Vgl. UN News, „South Asia: Sharp rise in child and maternal deaths due to COVID-19”, https://news.un.org/en/story/2021/03/1087542, Zugriff 24.02.2022