2371/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 23.03.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Konzept zur effizienten Nutzung von Mitteln aus dem Landesverteidigungsbudget
Es ist ein geflügeltes Wort multipler Provenienz, dass Militärs grundsätzlich für den letzten Krieg planen. In der durch den russischen Überfall auf die Ukraine wieder angefachten Debatte um Militärbudgets werden Angstgefühle bedient, es fehlt aber jedwede Zukunftsausrichtung. Zwischen Prozentsätzen und Milliardenbeträgen fehlt vor allem eines: Eine Analyse, für welche eintrittswahrscheinlichen Szenarien gewisse Waffengattungen und die dafür notwendigen Budgetmilliarden denn realistischerweise gebraucht werden.
Noch 2020 wollte Verteidigungsministerin Tanner die militärische Landesverteidigung auf ein Minimum reduzieren. Es folgten mehrere Analysen, teils durch leaks bekanntgeworden, teils offiziell veröffentlicht, die darstellen, dass den Bedrohungsszenarien der Zukunft nicht mehr mit schweren Kampfpanzern oder Artillerie entgegengetreten werden kann, und dass es stattdessen eines strategischen Umdenkens bedarf. Zum Thema Luftraumüberwachung regte die Verteidigungsministerin an, mit befreundeten Nachbarn eine kostengünstigere und kampfkräftigere Kooperation einzugehen.
Österreich ist in der GSVP bereits Mitglied einer Verteidigungsallianz, die eine Beistandspflicht im Falle eines Angriffs auf einen Mitgliedsstaat beinhaltet. Diese Beistandspflicht wurde beim Ratstreffen am 11. und 12. März in Versailles bekräftigt, und klargestellt, dass auch Neutrale wie Österreich, die von der aktiven militärischen Beistandspflicht ausgenommen sind, ihrerseits den militärischen Schutz der Union in Anspruch nehmen könne. Bundeskanzler Nehammer stellte dann auch fest, Österreich wird von der EU geschützt.
Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat zwei Jahre strategischen Umdenkens über Nacht ins Gegenteil verkehrt. Generalstabschef Robert Brieger erklärte, man wisse genau was das Bundesheer benötige und listete danach praktisch jede Waffengattung auf, die im Gießkannenprinzip mit mehr Geld bedient werden solle. Es war sogar die Rede von einer Zwei-Flotten-Lösung für die Luftwaffe, zuzüglich zu einem Zukauf von doppelsitzigen Eurofightern. Die Ministerin schwenkte sofort auf die neue Linie ein und verlangt nun ebenfalls massive Budgeterhöhungen, ohne jedoch Szenarien vorzulegen, die den Bedarf an bestimmten Waffengattungen aufzeigen würden.
Die Lehren aus dem Krieg in der Ukraine stehen inmitten der Kampfhandlungen noch aus, aber einige zeichnen sich bereits ab.
Brigadier Erich Cibulka, Präsident der Österreichischen Offiziersgesellschaft meint dazu, dass der Maßstab nicht mehr sein könne, einen konventionellen Angriff auf Österreich abwehren zu können. Das werde als „sowieso nicht realistisch eingeschätzt." Stattdessen ginge es darum, dass Österreich „in der Lage ist, sogenannte Schutzoperationen bewältigen zu können."
Um also nicht nur die Höhe des benötigten Landesverteidigungsbudgets, sondern auch die genaue Mittelverwendung einschätzen zu können, muss das BMLV realistische Szenarien vorlegen und die bestmöglichen Lösungen auf die wahrscheinlichen Herausforderungen ausarbeiten.
Fragen dieser Natur müssen analysiert und beantwortet sowie auf breiter Basis diskutiert werden, ehe man Steuergeld „sinnvoll und im Sinne der Ökonomie und des Steuerzahlers“ (Zitat Gen. Brieger) verwenden kann. Der Ruf nach schweren Waffen oder Abfangjägern darf nicht nach dem politisch opportunen Gießkannenprinzip getätigt werden, sondern muss auf einer strategischen Analyse von Bedrohungsszenarien sowie einer Abwägung der Kosten und Nutzen von verschiedenen Optionen, wie zum Beispiel von kooperativen europäischen vs. eigenständigen Lösungen beruhen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, und insbesondere die Bundesministerin für Landesverteidigung, wird aufgefordert, zur Erfüllung der verfassungsrechtlich vorgegebenen Aufgabe der umfassenden Landesverteidigung und im Sinne der ökonomischen Verwendung von Steuergeldern,
(1) dem Nationalrat eine Analyse mit nach Eintrittswahrscheinlichkeit gereihten Einsatzszenarien vorzulegen;
(2) für jedes Szenario einen Kosten-Nutzen Vergleich der verschiedenen Waffengattungen zur Zielerreichung zu erstellen; und
(3) einen Vergleich zwischen der Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung in einem selbständigen Einsatz des ÖBH verglichen mit einem gemeinsamen Einsatz in einer europäischen Allianz zu evaluieren.
Weiters möge die
Bundesministerin evaluieren, welche Effizienzsteigerungen und Kostenersparnisse
durch das Pooling verschiedener Waffengattungen mit in der GSVP verbundenen
Partnerstaaten zu erreichen wäre."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Landesverteidigungsausschuss vorgeschlagen.