2373/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 23.03.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter,  Kolleginnen und Kollegen

betreffend Einfacheres Verfahren zur Einführung von Zonen mit reduzierter Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet

 

Generell gilt in Österreich im Ortsgebiet eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h (§ 20 Abs. 2 StVO). Gemäß § 43 StVO kann die Behörde eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlassen oder eine höhere Geschwindigkeit erlauben.

Infolge des Ende 2015 beschlossenen UN-Klimaschutzabkommens von Paris wurden europaweit umfassende Maßnahmen für ein klimaverträgliches Verkehrssystem begonnen. Tempo 30 wurde als effektive, rasch umsetzbare und kostengünstige Maßnahme von zahlreichen Städten aufgegriffen. So ist zB in Brüssel, Grenoble, Helsinki, Oslo und Zürich Tempo 30 schon die Regelgeschwindigkeit, Tempo 50 die gekennzeichnete Ausnahme. Niedrigere Tempolimits bedeuten auf der anderen Seite auch, dass die vorgeschriebene Mindestbreite für Straßen kleiner sein darf. 

Das wiederum heißt, dass Platz frei wird, den Städte angesichts der zunehmenden Klimaerwärmung dringend für mehr Bäume und Grün- und Wasserflächen benötigen sowie für Verbesserung der Aufenthaltsqualität durch Sitzgelegenheiten nutzen können.

Darüber hinaus rettet ein deutlich niedriger angesetztes Tempolimit auch Menschenleben: Von den 344 Menschen, die im Jahr 2020 in Österreich im Verkehr umgekommen sind, starb jede dritte Person wegen überhöhter Geschwindigkeit. Jeder vierte tödliche Verkehrsunfall passierte im Ortsgebiet. Die größte Opfergruppe waren Fußgängerinnen und Fußgänger. 47 Prozent der Menschen, die im Ortsgebiet im Straßenverkehr ums Leben kamen, waren älter als 70 Jahre. Das Tötungsrisiko für Gehende bei einem Zusammenstoß mit einem Auto bei Tempo 50 ist fünfmal höher als bei Tempo 30.

Außerdem verbessert eine herabgesetzte Höchstgeschwindigkeit auch die Lebensqualität. Zieht man beispielsweise Kinder als Indikator für die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum heran, zeigt eine Untersuchung in Deutschland, dass Kinder in einer verkehrsberuhigten Tempo-30-Zone durchschnittlich mehr als doppelt so lange ohne elterliche Aufsicht im Wohnumfeld draußen spielen als in einer Straße mit Tempo 50. Zudem würde Tempo 30 als eine wichtige Maßnahme zur Förderung der aktiven Mobilität von Kindern dienen, die seit Jahrzehnten rückläufig ist. Eltern argumentieren nämlich häufig, dass selbstständiges Radfahren und Gehen der Kinder im öffentlichen Raum wegen des Autoverkehrs zu gefährlich sei, was wiederum als Grund dient, Kinder mit dem Elterntaxi zur Schule und zu Freizeitzielen zu bringen – ein Teufelskreis.

Gemäß  § 20 Abs. 2a StVO oder gemäß § 43 StVO kann die zuständige Behörde durch Verordnung für das gesamtes Ortsgebiet oder für Teile davon eine reduzierte Höchstgeschwindigkeit anordnen, sofern dies der Verkehrssicherheit dient oder Belastungen durch Lärm, Geruch und Schadstoffe reduziert. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist in einem aufwändigen Verfahren durch entsprechende Gutachten nachzuweisen, widrigenfalls die Verordnung mit Gesetzwidrigkeit bedroht ist. Außerdem bestehen vor Erlassung einer Verordnung die Mitwirkungsrechte gemäß § 94f StVO insbesondere der gesetzlichen Interessenvertretungen.

Ein Abweichen von der derzeit geltenden Ortsgeschwindigkeit von 50 km/h für einzelne Straßenzüge oder Ortsteile ist für die Gemeinden somit mit einem erheblichen Verwaltungs- und auch Kostenaufwand verbunden.

Im Interesse der Verkehrssicherheit und des Klimaschutzes erscheint es geboten, die derzeitigen umfangreichen administrativen Voraussetzungen für die Erlassung reduzierter Geschwindigkeiten im Ortgebiet zu lockern. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die Erlassung von Verordnungen gemäß § Abs. 2a bzw. § 43 StVO insofern erleichtert, dass solche Verordnungen ohne vorherige Einholung einschlägiger Gutachten und ohne Befassung der gesetzlichen Interessenvertretungen erlassen werden können."  

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verkehrsausschuss vorgeschlagen.