2384/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 23.03.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim und GenossInnen

 

betreffend die Einführung eines unabhängigen Bundesstaatsanwaltes als Weisungsspitze gegenüber den staatsanwaltlichen Behörden

 

Die Forderung, dass die Weisungsspitze gegenüber den staatsanwaltlichen Behörden von der Bundesministerin für Justiz auf einen unabhängigen, weisungsfreien Bundesstaatsanwalt bzw. eine Bundesstaatsanwältin übergeht, wurde von der SPÖ und zahlreichen ExpertInnen seit Beginn der 2000er Jahre erhoben. Die SPÖ hat diesbezüglich auch Gesetzesentwürfe im Nationalrat und im Österreich Konvent eingebracht. Der damalige Koalitionspartner ÖVP hat allerdings der Umsetzung dieses Vorhabens nie zugestimmt.

 

Die Forderung nach dem unabhängigen Bundesstaatsanwalt bzw. der Bundesstaatsanwältin wurde in den letzten Jahren immer dann lauter in der Öffentlichkeit erhoben, wenn es gerade Unzufriedenheit mit dem bzw. der BundesministerIn für Justiz und seiner bzw. ihrer Funktion als Weisungsspitze gegenüber den staatsanwaltlichen Behörden gegeben hat. Seitdem die Staatsanwält*innen als Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit in der Bundesverfassung verankert sind (B-VG Novelle 2008), spricht noch ein Argument mehr für die neu einzurichtende Institution.

 

In der XXV. Gesetzgebungsperiode wurde unter Justizminister Dr. Brandstetter die wenig taugliche Institution eines „Weisungsrates“ (zuerst „Weisenrat“) eingeführt, welcher den bzw. die Justizminister*in bei der Erteilung von Weisungen beraten soll. Zum einen kann der Weisungsrat – und zwar auch dies nur in gewissen Fällen – nur Empfehlungen an den Minister abgeben, zum anderen hat es sich in der Praxis gezeigt, dass der Weisungsrat nicht immer problemlösend agieren könne.

 

Die hochsensible Funktion des unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwaltes bzw. der Bundesstaatsanwältin soll deshalb mit Zweidrittelmehrheit im Nationalrat gewählt werden, womit eine Grundlage geschaffen würde, dass eine möglichst unbestrittene und hochkompetente Persönlichkeit mit dieser Funktion betraut wird.

 

Sinnvoll scheint auch, dass der Hauptausschuss des Nationalrates dem Nationalrat einen Personalvorschlag erstattet, wobei im Hauptausschuss eine öffentliche Anhörung durchzuführen ist, an der VertreterInnen der Richter*innen und Staatsanwält*innen zu beteiligen sind. Dem Parlament sollen gegenüber dem neuen „obersten Organ“ die gleichen Rechte zustehen, wie gegenüber den Mitgliedern der Bundesregierung – mit der wesentlichen Ausnahme des Misstrauensantrages sowie des Untersuchungsausschusses und des Interpellationsrechtes bei laufenden Verfahren vor Anklageerhebung. Die Dauer der Amtsperiode entspricht jener der Rechnungshofpräsidentin, wobei auch hier eine Wiederwahl unzulässig sein soll.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten, welcher folgende wesentliche Elemente enthalten soll:

 

-   Verfassungsrechtliche Verankerung eines Bundesstaatsanwaltes / einer Bundesstaatsanwältin, der bzw. die künftig, statt wie bisher die Bundesministerin für Justiz, die Weisungsspitze gegenüber den staatsanwaltlichen Behörden darstellen soll.

-   Der Bundesstaatsanwalt /die Bundesstaatsanwältin ist unabhängig und weisungsfrei. Ihm / ihr kommt auch die Diensthoheit gegenüber den staatsanwaltlichen Behörden zu.

-   Wenn der Begriff „Bundesstaatsanwalt“ durch den Begriff „Generalstaatsanwalt“ ersetzt wird, ist dies eine tragbare Alternative.

-   Ernennungsvorgang: Der Bundesstaatsanwalt /die Bundesstaatsanwältin soll aufgrund eines Vorschlages des Hauptausschusses vom Nationalrat in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und einer Mehrheit von zwei Drittel der abgegebenen Stimmen gewählt werden.

-   Dem Vorschlag des Hauptausschusses des Nationalrates hat eine öffentliche Ausschreibung voranzugehen. Der Hauptausschuss hat eine öffentliche Anhörung durchzuführen, an der VertreterInnen der Richter*innen und Staatsanwält*innen zu beteiligen sind. Näheres soll in der Geschäftsordnung des Nationalrates geregelt werden.

-   Dem Bundesstaatsanwalt /der Bundesstaatsanwältin soll die Stellung eines obersten Organes zukommen. Dies bedeutet, er bzw. sie soll hinsichtlich der Verantwortlichkeit den Mitgliedern der Bundesregierung – mit Einschränkungen – gleichgestellt sein.

-   Diese Einschränkungen bestehen zum einen darin, dass ein Misstrauensantrag gemäß Art. 74 B-VG gegen den Bundesstaatsanwalt / die Bundesstaatsanwältin nicht möglich sein soll. Weiters sollen dem Nationalrat und Bundesrat gegenüber dem Bundesstaatsanwalt / der Bundesstaatsanwältin die Befugnisse gemäß Art. 52 (Interpellationsrechte) und Art. 53 (Untersuchungsausschuss) nicht zukommen, soweit es sich um laufende Verfahren bis zur Anklageerhebung bezieht.

-   Die Amtsperiode des Bundesstaatsanwaltes / der Bundesstaatsanwältin beträgt 12 Jahre. Eine Wiederwahl ist nicht zulässig.

-   Eine vorzeitige Amtsenthebung kommt nur in Betracht, wenn der Nationalrat mit Zweidrittelmehrheit an den Verfassungsgerichtshof den Antrag stellt, den Bundesstaatsanwalt /die Bundesstaatsanwältin vom Amt zu entheben und dieser nach einem geordneten Verfahren bei Vorliegen der gesetzlich definierten Voraussetzungen eine solche Amtsenthebung mit Mehrheit beschließt.

-   Als Bundesstaatsanwalt / Bundesstaatsanwältin kommt nur infrage, wer über die Richter*innenamtsprüfung verfügt und eine gewisse vom Gesetzgeber festgelegte Anzahl von Jahren in der Staatsanwaltschaft verbracht hat, zum Teil in leitender Funktion.

-   Der Bundesstaatsanwalt / die Bundesstaatsanwältin soll in den letzten fünf Jahren vor der Ernennung kein politisches Amt innegehabt haben.

 

Zuweisungsvorschlag: Justizausschuss