2399/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 23.03.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Geothermiepotentiale entfesseln

 

In der Nacht vom 23. zum 24. Februar hat Russland die Ukraine auf mehreren Fronten mit massiver militärischer Gewalt angegriffen. Obgleich dieser Überfall nur eine weitere Etappe in einer Serie von unprovozierten Völkerrechtsverletzungen beginnend mit der Invasion der Halbinsel Krim 2014 darstellt, so repräsentiert sie doch eine neue Dimension in diesem Konflikt. Russland führt nun einen unverschleierten Krieg gegen ein völkerrechtlich – und bis vor kurzem auch von Russland – anerkanntes Nachbarland. Da der ukrainische Widerstand gegen diesen Angriffskrieg weit heftiger und kompetenter ist, als dies vonseiten Russlands wohl erhofft war und die internationale Reaktion auf die Invasion relativ geschlossen und konsequent war, kann sich die russische Führung unter Putin kaum noch gesichtswahrend zurückziehen. Dies hat innerhalb weniger Tage zu einer vollkommenen Eskalation des Kriegs geführt inklusive tausender ziviler und militärischer Toter, mehrerer Millionen Flüchtlinge und unfassbarem menschlichen Leid.

Der russische Angriffskrieg ist von der internationalen Staatengemeinschaft nahezu einstimmig verurteilt worden und Russland sowie seine Führung um Vladimir Putin wurden von der EU und vielen weiteren Staaten mit harten Wirtschaftssanktionen belegt, welche bereits nach wenigen Wochen erheblichen Druck auf Russland und seine Wirtschaft verursachen. Allerdings wurde schon im Vorfeld des Krieges klar, dass sich Europa in den letzten Jahrzehnten in eine viel zu große Abhängigkeit von russischen Energieimporten manövriert hat, was die Handlungsfähigkeit der EU deutlich reduziert, die wirtschaftliche und militärische Verwundbarkeit stark erhöht und Russland eine verlässliche Einnahmequelle zur Finanzierung des Angriffskriegs garantiert.

Österreich ist aufgrund des jahrelangen, kollektiven Versagens der österreichischen Energiepolitik in einer besonders prekären Lage. Entgegen zahlreichen Warnungen und mehrerer Völkerrechtsverletzungen vonseiten Putins (wie etwa der Besetzung der Krim) wurde im letzten Jahrzehnt nicht nur wenig bis gar nichts unternommen um die Abhängigkeit von russischen Gasimporten zu reduzieren, sondern diese sogar ausgebaut. Bei einem plötzlichen Stopp der Gasversorgung - etwa bei einer weiteren Eskalation der Sanktionen oder als Folge eines Infrastrukturschadens im Zuge der Kampfhandlungen - wären aufgrund der am Ende des Winters fast leeren Speicher umgehend Lenkungsmaßnahmen notwendig und die österreichische Wirtschaft wäre gezwungen den Betrieb deutlich zu reduzieren. Kurzfristige Alternativen für Gasimport in nennenswerten Mengen gibt es keine, weil unsere Gasinfrastruktur bewusst jahrelang ausschließlich auf Russland ausgerichtet worden ist.

Wir befinden uns deshalb in der moralisch äußerst schwierigen und inakzeptablen Situation, dass wir bei Versorgungsstopp vor einem massiven wirtschaftlichen Einbruch und Destabilisierung unserer Energieversorgung stehen und der Tatsache, dass jeder m³ Gas welcher weiterhin aus Russland nach Österreich fließt einen furchtbaren Angriffskrieg ohne Rücksicht auf Zivilisten finanziert und die Taschen eines Regimes füllt, welches brutal gegen interne Kriegsgegner vorgeht und mittlerweile offen über "Säuberungen" spricht.

Diese Situation ist für uns absolut inakzeptabel. Es ist inakzeptabel, dass die Gasrechnung einer Wiener Pensionistin oder Industrieprozesse in Oberösterreich Bomben auf Kiev mitfinanzieren. Umso erstaunlicher ist es, dass die Regierung mehrere Wochen nach Ausbruch dieses Kriegs sich entweder noch in Schockstarre befindet oder keinerlei Dringlichkeit verspürt zu handeln. Wir legen deshalb, nach intensiver Beratung mit der Energiewirtschaft, der Industrie, des Gewerbes und der Wissenschaft einen Plan zur Generalmobilmachung gegen russisches Gas vor.

Die tiefe Geothermie wurde bisher in der österreichischen Wärmeproduktion bisher trotz großer Potentiale weitgehend vernachlässigt. Dies ist insofern zutiefst unverständlich, da verschiedene Formen der Geothermie jenen Staaten, welche fast 100% ihres Strom- und Wärmebedarfs erneuerbar zu decken (Costa Rica und Island) eine tragende Rolle spielt. Zusätzlich hat die Geothermie Vorteile, welche sie eine ideale Ergänzung zu anderen erneuerbaren Energieträgern macht (Grundlastfähigkeit, Witterungsunabhängigkeit, niedriger Flächenbedarf etc.).

Als häufigste Gründe für die politische Vernachlässigung der Geothermie werden vor allem ungünstigere heimische geologische Grundvoraussetzungen sowie hohe Investitionskosten genannt. Obwohl nicht mit Island oder Costa Rica vergleichbar, besitzt Österreich wider Erwarten durchaus vorteilhafte geographische Voraussetzungen, etwa in der - nicht zufällig so genannten - Thermenregion Südostösterreichs. Außerdem gibt es mittlerweile signifikante Fortschritte bei der sogenannten tiefen Geothermie bzw. bei der "Hot Dry Rock" Technologie, welche in der Energiegewinnung wesentlich unabhängiger von günstiger Geologie ist. Eine weiterer Startvorteil für die heimische Geothermie wäre die Tatsache, dass Österreich sowohl beim wissenschaftlichen als auch beim wirtschaftlichen Know-How auf bereits vorhandene Strukturen, Universitäten und Unternehmen zurückgreifen kann.

Das Potential der österreichischen Geothermie wird aber auch durch rechtliche Hindernisse und Unklarheiten sowie langwierige Verfahren behindert. Aber aufgrund der Tatsache, dass wir beim Ausstieg aus russischem Gas keinerlei Potentiale ignorieren können und hier auch eine enorme Chance für die heimische Wirtschaft schlummert, ist ein Umdenken und Handeln dringend notwendig.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, umgehend ein Maßnahmenpaket für die Ausweitung der geothermischen Wärmeproduktion vorzulegen, welches unter anderem folgende Punkte umfasst:

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie vorgeschlagen.