2410/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 24.03.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

§ 26 iVm § 21 GOG-NR

 

der Abgeordneten Robert Laimer, Reinhold Einwallner,

Genossinnen und Genossen

betreffend Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Miliz

 

Die Sozialdemokratie steht für ein Leben in Freiheit und Sicherheit, für alle Menschen, die in unserer Heimat, der Republik Österreich leben.

 

Als Sozialdemokrat*innen können wir es nicht zulassen, dass dieses friedliche Zusammenleben in unserem pluralistisch-demokratischen Rechtsstaat und die verfassungsrechtlichen Grund- und Freiheitsrechte durch Krieg, Terrorismus, Extremismus, Organisierte Kriminalität in allen ihren Ausprägungen, aber auch von der Natur oder Menschenhand herbeigeführte Katastrophen, bedroht werden. Dies bedeutet, dass wir umfassende Abwehrmaßnahmen vorzubereiten haben, um unser Gemeinwesen im Anlassfall vor äußeren und inneren Bedrohungen schützen zu können.

 

Das erklärte Ziel sozialdemokratischer Sicherheits- und Verteidigungspolitik war und ist es, Österreich – im Verbund mit der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union – als souveränes, neutrales Land zu bewahren, in dem seine Bürgerinnen und Bürger sowie alle Menschen, die hier legal Aufenthalt nehmen, ohne Angst, ohne Repression, ohne Gewalt und unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Grund- und Freiheitsrechte, in Frieden leben können.

 

Durch den Krieg in der Ukraine wird uns in erschreckender Weise vor Augen geführt, wie rasch sich die Bedrohungslage verschlechtern kann und wie wichtig es daher ist, umfassende Instrumente und Verfahren bereitzustellen, um Schutz und Hilfe für unsere pluralistisch-demokratische Gesellschaftsordnung und seine sozialstaatlichen Errungenschaften gewährleisten zu können.

 

Artikel 9a B-VG sieht die Umfassende Landesverteidigung als Verfassungsprinzip vor, um Österreich vor Bedrohungen aller Art, nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich, zivil und vor allem durch Sicherstellung der Resilienz der Bevölkerung durch Maßnahmen der geistigen Landesverteidigung, zu schützen.

 

Dieser Auftrag des Verfassungsgesetzgebers wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht nur vernachlässigt, sondern es wurden bewährte Strukturen zerschlagen. So wurde der richtungweisende Landesverteidigungsplan, wie in seiner Präambel ausdrücklich festgehalten, nicht an die jeweils aktuellen Bedrohungsbilder angepasst und weiterentwickelt, sondern de facto ad acta gelegt. Eine unverständliche Vorgangsweise, weil damit einhergehend, auch operative Strukturen nicht mehr funktionsfähig gehalten wurden.

 

Es ist daher zwingend erforderlich, die Umfassende Landesverteidigung verfassungskonform umzusetzen. Diesbezüglich hat, wie von der SPÖ schon lange gefordert, der Bundeskanzler seine verfassungsrechtliche Koordinierungskompetenz wahrzunehmen und entsprechende aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen unverzüglich einzuleiten.

 

Gleichzeitig hat die Bundesministerin für Landesverteidigung ohne Zeitverzug alle erforderlichen Schritte zu setzen, um auf Grundlage der im Generalstab aufliegenden, aktuellen Planungsdokumente unverzüglich die dringend erforderlichen Beschaffungsvorhaben für das Bundesheer einleiten zu können.

 

Dabei sind die personellen (z.B. Truppenübungen) und materiellen Bedürfnisse der Miliz auszuweisen.

 

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler werden aufgefordert, die wehrrechtlichen Vorschriften  und das Wehrgesetz[1] verfassungskonform umzusetzen, indem unverzüglich

1.      der Bundeskanzler seiner Koordinierungskompetenz auch im Bereich der Umfassenden Landesverteidigung nachkommt und diese im Bundeskanzleramt geschäftseinteilungsmäßig abbildet,

2.      ein Gesamtstaatliches Krisen- und Lagezentrum im Bundeskanzleramt eingerichtet wird,

3.      der Landesverteidigungsplan (Umfassende Landesverteidigung) als Grundlagendokument adaptiert und operativ neu belebt wird,

4.      eine konkrete Bedarfs- und Finanzierungsplanung für das Bundesheer auf Grundlage der im BMLV reichlich vorhandenen Planungsdokumente unverzüglich erstellt wird,

5.      das Budget für Militärische Angelegenheiten (UG 14) unter strenger Berücksichtigung der angekündigten Budgetgrundlage von 1% des Bruttoinlandsproduktes zu dotieren,

6.      der in Artikel 79 B-VG definierte Gesetzesauftrag vollinhaltlich hinsichtlich der personellen und materiellen Bedürfnisse und Erfordernisse der Miliz erfüllt bzw. sichergestellt wird,

7.      der gesetzlich vorgesehenen Eigenständigkeit der Organkomplexe Bundesministerium für Landesverteidigung einerseits und Bundesheer andererseits durch Beibehaltung der klaren organisatorischen Trennung Rechnung zu tragen und so der demokratischen Kontrolle den ihr zukommenden hohen Stellenwert eingeräumt wird,

8.      in diesem Zusammenhang strategische und operative Aufgaben organisatorisch klar getrennt und definiert abzubilden sowie

9.      die operative Führung des Bundesheeres unter Kommanden oder einem Kommando nach internationalen militärischen Grundsätzen abzubilden und

10. schließlich die gemäß Bundesministeriengesetz vorgesehenen Strukturen und Bezeichnungen für die Organisationselemente des BMLV (Sektionen, Gruppen, Abteilungen) beizubehalten.

 

Die Bundesministerin für Landesverteidigung wird zudem aufgefordert, bis spätestens 26. Oktober 2022 ein konkretes Modell zur Beschlussfassung vorzulegen, in welcher Form das Bundesheer, insbesondere im Hinblick auf seine verfassungsgesetzlich vorgesehene milizartige Struktur organisiert und entsprechend finanziert werden wird.“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Landesverteidigungsausschuss vorgeschlagen.



[1] Im Wesentlichen Artikel 79 B-VG, Artikel 9a B-VG, Artikel 23j B-VG, § 1 WG, § 3 WG.