2437/A XXVII. GP

Eingebracht am 27.04.2022
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Antrag

der Abgeordneten Dr. Troch, Mag. Becher,

Genossinnen und Genossen

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger durch die Einfügung einer Bestimmung zum Recht auf Wohnung geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Staatsgrundgesetz, RGBl.142/1867, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger vom 21. Dezember 1867, in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 684 /1988, wird wie folgt geändert:

 

1.     Nach Art. 9 wird folgender Art. 9a eingefügt:

„Artikel 9a. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Wohnung.

(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht durch Maßnahmen, die zu einer ausreichenden Zahl an Wohnungen zu angemessenen Preisen und Bedingungen führen, durch Mieterschutz und durch sozialen Wohnbau.“


 

Begründung:

 

Das Recht auf Wohnen wird für die Bürgerinnen und Bürger immer mehr zu einem Grundbedürfnis, in welches ein großer Anteil ihres Einkommens monatlich fließt. Der Wohnungsmarkt wird nun auch in Österreich immer angespannter. Es wäre daher von Bedeutung, die Ergebnisse des Österreich-Konvents zum Recht auf Wohnung auch im StGG umzusetzen.

Dies soll mit dem gegenständlichen Antrag initiiert werden.

Der VfGH hat sich mit der Geltung der Grundrechte-Charta der EU beschäftigt und folgendes festgestellt:

Grundrechte-Charta der Europäischen Union ist wie die Verfassung zu sehen

Richtungsweisende Entscheidung des VfGH für Verfahren, in denen Unionsrecht eine Rolle spielt

Der Verfassungsgerichtshof hat sich (anlässlich von Beschwerden gegen Entscheidungen des Asylgerichtshofes) mit der EU-Grundrechte-Charta auseinandergesetzt und zu ihrer Bedeutung für Österreich eine richtungsweisende Entscheidung getroffen. Auf das Wesentliche zusammengefasst, gilt:

o In Verfahren, in denen Unionsrecht eine Rolle spielt, ist die EU-Grundrechte-Charta wie die Verfassung zu sehen.

o Grundrechte, die durch diese EU-Charta garantiert sind, sind also verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, die vor dem Verfassungsgerichtshof geltend gemacht werden können.

o Neben der Verfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention ist ab sofort auch die EU-Grundrechte-Charta Prüfungsmaßstab für die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter.

o Behörden, die Entscheidungen treffen, sowie verordnungserlassende Stellen und der Gesetzgeber haben die EU-Grundrechte-Charta gleichsam als Teil der Verfassung zu berücksichtigen.


 

Welche Konsequenzen hat nun diese Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes?

o In Beschwerden und Anträgen an den VfGH, in denen Unionsrecht eine Rolle spielt, kann vorgebracht werden, dass die EU-Grundrechte-Charta verletzt worden ist.

o Verletzt eine Entscheidung einer Behörde Rechte, die von der EU-Grundrechte-Charta garantiert werden, wird der Verfassungsgerichtshof eine solche Entscheidung als verfassungswidrig aufheben.

o Kommt der Verfassungsgerichtshof nach einem entsprechenden Verfahren zur Ansicht, dass ein Gesetz in Widerspruch zur EU-Grundrechte-Charta steht, wird er das Gesetz als verfassungswidrig aufheben.

o Der VfGH wird diese Entscheidungen dann ohne vorherige Befassung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) treffen, wenn er zweifelsfrei dazu in der Lage ist. Wenn er Zweifel an der Art und Weise der Auslegung der EU- Grundrechte-Charta hat, wird der VfGH dem EuGH Fragen zur Klärung dieser Zweifel vorlegen.

Die GRC sieht in ihrem Art. 34 schon ein Recht auf Unterstützung für die Wohnung in gewissen Fällen vor:

Artikel 34  -  Soziale Sicherheit und Unterstützung

(1) Die Union anerkennt und achtet das Recht auf Zugang zu den Leistungen der sozialen Sicherheit und zu den sozialen Diensten, die in Fällen wie Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfall, Pflegebedürftigkeit oder im Alter sowie bei Verlust des Arbeitsplatzes Schutz gewährleisten, nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.

(2) Jede Person, die in der Union ihren rechtmäßigen Wohnsitz hat und ihren Aufenthalt rechtmäßig wechselt, hat Anspruch auf die Leistungen der sozialen Sicherheit und die sozialen Vergünstigungen nach dem Gemeinschaftsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.

(3) Um die soziale Ausgrenzung und die Armut zu bekämpfen, anerkennt und achtet die Union das


 

Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Unterstützung für die Wohnung, die allen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen, nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.

Dieses Recht soll nun durch ein Recht auf Wohnung in der vom Ö-Konvent vorgeschlagen Fassung mit einem neuen Art. 9a StGG ergänzt werden.

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte