2438/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 27.04.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Stabilisierungshilfe infolge des russischen Krieges in der Ukraine
Laut OECD Daten vom 12. April dieses Jahres betrugen die von der Republik Österreich bereitgestellten Mittel für Entwicklungszusammenarbeit für 2021 €1,234 Milliarden. Diese Summe entspricht weniger als der Hälfte des international gesteckten Zieles von 0,7%, welches auch Österreich als langfristiges Ziel anerkennt. Die Steigerung über 2020 betrug 0,01% des BIP, also von 0,30% auf 0,31%.
Aufgrund der Ukraine Krise steigt global die Inflation. Vor allem Rohmaterialien und Energie werden aufgrund Russlands Position als einer der weltgrößten Exporteure massiv teurer. Einkommensschwache Menschen leiden darunter weltweit, für Schwellenländer, die auf Rohstoff- und Energieimporte angewiesen sind, stellt der Kostenanstieg in diesen Sektoren eine wirtschaftliche Katastrophe dar.
Hinzu kommt, dass der Schwarzmeerraum auch ein Großproduzent von Getreide und Ölsaaten ist. In manchen Teilen der Welt, wie im Nahen Osten und in Nordafrika, kommen zwischen 50% und 100% der Getreideimporte und ein großer Teil der Speiseölimporte aus dieser Region. Der Krieg hat die Exporte aus der Ukraine bereits für faktisch zum Erliegen gebracht, da Seetransporte nicht mehr möglich sind, und weil Russland Exporte aus Inlandsversorgungsgründen gestoppt hat. Es wird eine weitere Reduzierung der Exporte erwartet, weil in der Ukraine aufgrund des Krieges dieses Jahr die Aussaat großenteils versäumen könnte. Die Preisanstiege bei Getreide und Ölsaaten wie deren Derivativen sind für ärmere Staaten und deren Bevölkerung nicht erschwinglich.
Historisch führen plötzliche Preissprünge bei Grundnahrungsmitteln und Heizmaterialen mit großer Regelmäßigkeit zu Instabilität, Demonstrationen, Repressionen und im Endeffekt Rebellion oder Revolution. Die Verhinderung einer volatilen Entwicklung rund um das Mittelmeer, wo die großen Importeure von Schwarzmeergetreide und Ölsaaten zu Hause sind, ist daher in Österreichs unmittelbaren Eigeninteresse. Hunger und Instabilität in dieser Region würden zu Migrationsbewegungen, Repressalien durch die Sicherheitskräfte und dem damit verbundenen Aufleben von derzeit im Untergrund schlummernden militanten Organisationen kommen, deren Aktivitäten sich auch auf Europa verlagern könnten.
Österreich hat bereits Mittel für die Auswirkungen der Zerstörung von Putins Angriffskrieg zur Verfügung gestellt. Diese Mittel blieben aber im gesamtstattlichen Vergleich bescheiden. Dem Österreichischen Bundesheer wurden unmittelbar nach Russlands Einfall in der Ukraine zwischen etwa €1,5 und €3,3 Milliarden an zusätzlichem Regelbudget in Aussicht gestellt (für eine Gesamtsumme von zwischen 1% und 1,5% des BIP). Und das, obwohl keine Lehren aus dem Ukrainekrieg eine derartige Erhöhung mit einer unmittelbaren Verbesserung der Sicherheitssituation in Verbindung gebracht haben.
Im Falle Grundnahrungsmittelsicherheit in Nordafrika und im Mittleren Osten wäre der unmittelbare Zusammenhang zwischen einer deutlichen Steigerung der internationalen Hilfe und der Reduktion des Bedrohungsbildes aus diesen Regionen unmittelbar und sofort deutlich, Mittel zur Risikoreduzierung für Österreich besser in Hilfe bei der Versorgung angelegt als bei neuen Waffensystemen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Europäische und Internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert, zur Krisenprävention die Mittel zur Unterstützung der Versorgungssicherheit in Staaten im Nahen Osten und in Nordafrika, die von Energie-, Rohstoff- und Lebensmittelpreisen kritisch betroffen sind, soweit aufzustocken, dass die von der Bundesregierung anvisierten 0,7% des BIP ausgeschöpft werden."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.