2444/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 27.04.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Wirtschaftssanktionen mit Schlupflöchern: Russische Unternehmen von öffentlichen Vergaben ausschließen!

 

Europäische Ausnahmen und Schlupflöcher bei Ausschluss aus Vergabeverfahren

Als Folge des anhaltenden Aggressionskriegs der Russischen Föderation in der Ukraine beschloss der Rat der Europäischen Union am 8. April 2022 das fünfte Sanktionspaket. Russische Staatsbürger und russische Unternehmen wurden dadurch mit sofortiger Wirkung von öffentlichen Aufträgen in der Europäischen Union ausgeschlossen (1). Diese Maßnahme enthält jedoch zahlreiche Ausnahmen. Russische Subunternehmer oder Lieferanten sind nur dann von diesem Verbot umfasst, wenn ihr Leistungsteil mehr als 10% des Auftragswerts ausmacht. Dabei lässt die Verordnung offen, ob dies für jedes einzelne Subunternehmen gilt oder der Gesamtanteil, der von russischen Subunternehmen erbrachten Leistungen diesen Grenzwert nicht erreichen darf. Gemäß der großzügigen Öffnungsklausel im neuen Artikel 5k Abs. 2 können Dienstleistungen und Güter zudem dennoch erbracht werden, wenn sie ausschließlich oder nur in ausreichender Menge von Russland bereitgestellt werden können. Da die Sanktionen zudem nur den Oberschwellenbereich betreffen, können öffentliche Aufträge im Unterschwellenbereich nach wie vor an russische Unternehmen vergeben werden. So gilt der Ausschluss russischer Unternehmen laut EU-Verordnung nicht für Bauaufträge unter 5,382 Mio. Euro bzw. Dienst- und Lieferaufträge unter 215.000 Euro (siehe auch § 12 Abs. 1 BVergG 2018) (2).

 

Entschlossene Umsetzungsmöglichkeiten in Österreich erkannt, aber nicht umgesetzt

Auf nationaler Ebene wurde in einem Rundschreiben des Justizministeriums darauf hingewiesen, dass es nach geltendem EU-Recht möglich ist, russische Unternehmen auch über das Ausmaß der entsprechenden Sanktion-Verordnung hinaus von öffentlichen Vergabeverfahren auszuschließen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Schwellenwertegrenzen als auch hinsichtlich eines kompletten Ausschlusses russischer Subunternehmer_innen(3). Es wird also klargestellt, dass strengere nationale Maßnahmen EU-rechtskonform sind, ohne dass vonseiten der zuständigen Justizministerin klare Vorgaben gesetzlich verankert wurden. Vergaberechtsexperten sehen solche Lücken insbesondere deshalb mit Sorge, da die meisten Vergaben in Österreich unter 100.000 Euro liegen und somit direkt vergeben werden können. Geschätzt wird, dass 89% aller öffentlichen Aufträge mit einem Wert von 55 Milliarden Euro pro Jahr unter 100.000 Euro liegen und somit nicht von den Sanktionen erfasst sind (4). Es reicht also nicht, nur auf die Möglichkeit eines harten Vollzugs der Sanktionen hinzuweisen. Das öffentliche Auftragswesen sollte Vorbildwirkung haben, da es eine große ökonomische Macht auf Märkte ausübt und es sich schließlich um das Geld der Steuerzahler_innen handelt. Spätestens seit der EU-Beschaffungsrichtlinie 2014 (2014/24/EU) und der nationalen Umsetzung im österreichischen Bundesvergabegesetz ist klar, dass das Vergaberecht nicht nur finanzielle Ziele verfolgt, sondern sich darin auch die gemeinsamen Grundsätze der Europäischen Union widerspiegeln und entsprechend berücksichtigt werden sollten. Es bedarf daher klarer nationaler gesetzlicher Vorgaben, die einen kompletten Ausschluss russischer Unternehmen vorsehen.

 

Quellen:

  1. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32022R0576&from=EN
  2. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20010295
  3. https://www.bmj.gv.at/dam/jcr:b7854ba1-a9eb-4747-ae9e-b91b61561106/Teilnahme_von_Unternehmen_aus_der_Russischen_F%C3%B6deration_an_Vergabeverfahren_in_%C3%96sterreich_25.03.2022_.pdf
  4. https://www.wienerzeitung.at/themen/recht/recht/2143390-Offene-Diskriminierung-russischer-Unternehmen.html

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, eine Gesetzesänderung zum Bundesvergabegesetz 2018 vorzulegen, in dem russische Unternehmen von sämtlichen öffentlichen Verfahren ausgeschlossen werden."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.