2457/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 27.04.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Menschenrechtskonforme Reform Maßnahmenvollzug

 

Die Möglichkeit der Unterbringung im Maßnahmenvollzug wurde in Österreich mit der Strafrechtsreform vom 1. Jänner 1975 BGBl. Nr. 60/1974 erstmals geschaffen und ist sowohl im Strafvollzugsgesetz (StVG) als auch im Strafgesetzbuch (StGB) und in der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. 

Zum Stichtag 01.03.2022 sind in Österreich 1.397 Personen in einer Form des Maßnahmenvollzugs untergebracht, Tendenz deutlich steigend. 

Die Anwendung des Maßnahmenvollzugs in Österreich ist Gegenstand vielfacher Kritik durch Nichtregierungsorganisationen und Jurist_innen, da eine stetige Zunahme von Häftlingen im Maßnahmenvollzug zu beobachten war und er es ermöglicht, Menschen auf unbestimmte Zeit ohne weitere Entscheidung hinsichtlich ihrer Zukunft festzuhalten. Die Notwendigkeit einer weiteren Anhaltung bedarf lediglich einer jährlichen Einzelfallprüfung.

Nachdem der heimische Umgang mit „geistig abnormen Rechtsbrechern“ vom EGMR bereits in den Jahren 2015 und 2017 als rechtswidrig eingestuft wurde und auch der Rechnungshof seit einem guten Jahrzehnt Reformen im österreichischen Maßnahmenvollzug einmahnt, wurde im Vorjahr der Entwurf eines Maßnahmenvollzuganpassungsgesetzes 2021 in Begutachtung geschickt, wobei diese Gesetzinitiative im Wesentlichen durch den Terroranschlag vom 02.11.2020 in Wien induziert war und demgemäß ihr Schwerpunkt darauf gerichtet war, terroristische Straftäter in den Maßnahmenvollzug übernehmen zu können, ohne das grundsätzliche System der Anordnung vorbeugender Maßnahmen und deren Vollzug einer grundlegenden Reform zu unterziehen. 

Doch auch hinsichtlich dieses Vorhabens herrscht seit Juli 2021 Stillstand.

Die Probleme im Zusammenhang mit dem zum Teil sehr kritisierten Verfahren zur Anordnung vorbeugender Maßnahmen und deren Vollzug werden aber täglich größer, sodass der gegebene legistische Stillstand nicht länger hingenommen werden kann. 

Vorbeugende Maßnahmen im Sinne der §§ 21 ff StGB haben keinen Sühnecharakter, vielmehr sollte der therapeutische Zweck im Vordergrund stehen. Die gilt insbesondere für vorbeugende Maßnahmen bei unzurechnungsfähigen Tätern gemäß § 21 Abs. StGB. 

Diesem Charakter vorbeugender Maßnahmen entspricht es aber in keiner Weise, wenn die Regelungen über den Vollzug vorbeugender Maßnahmen im Strafvollzuggesetz erfolgen. Vielmehr erscheint es angebracht, den Vollzug vorbeugender Maßnahmen in einem eigenen MaßnahmenvollzugsG, allenfalls sogar im UnterbringungsG zu regeln, um einen menschenrechtskonformen Vollzug zu ermöglichen und dadurch auch das allgemeine Bewusstsein dahingehend zu schärfen, dass vorbeugende Maßnahmen nicht in den Bereich des Strafvollzugs fallen sollten. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat ein eigenes menschenrechtskonformes Maßnahmenvollzugsgesetz oder eine Novelle des Unterbringungsgesetzes vorzulegen, sodass der Vollzug vorbeugender Maßnahmen außerhalb des Strafvollzugsgesetzes geregelt wird."  

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte vorgeschlagen.