2465/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 27.04.2022
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Entschließungsantrag

 

des Abgeordneten Mag. Harald Stefan

und weiterer Abgeordneter

betreffend abschreckende Sanktionen in schweren Fällen absichtlicher Tierquälerei und Tierfolter

 

Der strafgesetzliche Sanktionsrahmen zum Schutz von Tieren ist unzureichend.

Im Jahr 2020 kam es in ganz Österreich zu grausamen und brutalen Übergriffen an unseren Tieren, beispielsweise

·         mehrfache Fälle von Katzenhäutungen in Graz und Linz, bei denen den Tieren die Körperhaut oder das Schwanzfell abgezogen wurden.

·         die brutale Misshandlung eines Hundes in Wien, die zu Blutungen im Thoraxbereich, beidseitigen Serienrippenbrüchen und einer Beschädigung der Milz führte, bevor das Tier qualvoll verendete,

·         die Verstümmelung einer Ente in Ried, bei der dem lebenden Tier beide Beine abgeschnitten wurden,

·         das Abhacken jeweils eines Hinterbeines bei mehreren Katzen in Kärnten, wobei ein Tier qualvoll verendete.

 

Weiterer Auszug von Fällen von Tierquälerei und Tierfolter:

·         Am 26.01.2021 über eine bestialische Schlachtung zweier Schafe im Wiener Streichelzoo berichtet (https://www.krone.at/2327910)

·          Am 04.012022 Hund durch verbotenes Stachelhalsband verletzt (https://www.kleinezeitung.at/steiermark/graz/6081476/Tierquaelerei-in-Graz-aufgedeckt_Schaeferhund-mit-verbotenem)

·         Am 07.01.2022 Mann band Hunden Schnauzen zu (https://www.krone.at/2597347)

·         25.01.2022 Unbekannte Täter haben bei den Tieren die Schwungfedern abgeschnitten

·         Am 28.01.2022 Greifvogel verendete in Fangeisen (https://www.mein-klagenfurt.at/aktuelle-pressemeldungen/pressemeldungen-jaenner-2022/tierquaelerei-greifvogel-verendete-in-fangeisen)

·         Am 29.01.2022 Tierquäler schlug erneut zu: Katze in Tirol angeschossen (https://kurier.at/chronik/oesterreich/tierquaeler-schlug-erneut-zu-katze-in-tirol-angeschossen/401390061)

·         Am 02.02.2022 Am 1. Februar hat ein bislang unbekannter Täter in Salzburg am Leopoldskroner Weiher einer noch lebenden wildlebend männlichen Ente die Flügel vermutlich mit einer Geflügelschere abgetrennt. https://www.regionews.at/newsdetail/Abscheuliche_Tierquaelerei_am_Leopoldskroner_Weiher-424943)

 

Die jüngsten Vorfälle von Tierquälerei und -folter

·         02.04.2022 (…) mit Käse ummantelte Nägel als Köder ausgelegt (https://www.krone.at/2670580)

·         01.04.2022 Rasse-Hund vor Wiener City-Palais mit Tritten getötet (https://www.heute.at/s/malteser-vor-wiener-city-palais-mit-tritten-getoetet-100198939)

·         18.03.2022 Tierquälerei: Hunde mit offenen Wunden (https://www.vn.at/vorarlberg/2022/03/17/frau-liess-verletzte-hunde-qualvoll-verenden.vn)

 

Der derzeit am meisten an Aufmerksamkeit erlangte Fall von Tierquälerin und –folter, war der Fall „Liam“; Liam wurden die Beine mit einer Paketschnur gefesselt, seine Schnauze mit einem Klebeband zugebunden und so in einen 7 Meter tiefen Brunnen geschmissen, in dem Liam, der Border-Collie-Mischling unter Qualen starb. (https://www.krone.at/2687993)

 

Die Hemmschwelle hinsichtlich der Gewalt gegen Tiere liegt nur marginal hinter jener gegen Menschen. Laut Psychiatern haben 70 Prozent aller Serientäter eine Vorgeschichte als Tierquäler (https://kurier.at/chronik/oesterreich/katzen-gehaeutet-kann-nur-psychopath-sein/400976747).

 

Selbst in jenen Fällen, in denen ein Täter ausgeforscht werden kann, sind die tatsächlichen staatlichen Sanktionen zu gering, um eine tatsächliche general- und spezialpräventive Wirkung zu entfalten, die dem hohen Handlungs- und Gesinnungsunwert, den tatsächlich erlittenen Qualen des gefolterten Tieres und dem seelischen Leid der hiervon betroffenen Menschen ansatzweise angemessen wäre.

 

Derzeit ist Tierfolter – nicht anders als minderschwere Fälle vorsätzlicher Tierquälerei – mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bedroht (§ 222 StGB). In Relation zu den Strafrahmen für ähnlich schwerwiegende Körperverletzungsdelikte an Menschen (§§ 85 Abs. 2, 87 Abs. 1 StGB: Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren) wird deutlich, dass einem Tier derzeit nicht einmal die Hälfte jenes strafrechtlichen Schutzes zugestanden wird, wie er für Menschen selbstverständlich ist.

 

Der schockierend hohe Gesinnungs- und Handlungsunwert, der durch Tierfolter zum Ausdruck kommt, erfordert daher auch eine Reaktion des Strafrechtsgesetzgebers.

 

Am 08.10.2020 brachten FPÖ-Bundesräte einen selbständigen Entschließungsantrag betreffend abschreckende Sanktionen in schweren Fällen absichtlicher Tierquälerei und Tierfolter ein, der am 03.11.2020 im Justizausschuss des Bundesrates behandelt und dort mit Zustimmung von ÖVP, SPÖ und Grünen u.a. unter Verweis auf fehlende Fallstatistiken vertagt wurde.

 

Die aktuellen statistischen Fallzahlen der vergangenen Jahre wurden mittlerweile auf Grundlage parlamentarischer Anfragen der FPÖ im Nationalrat – aufgeschlüsselt nach Bundesländern – von BMI und BMJ veröffentlicht (3038/AB, 3040/AB, 3370/AB, 3371/AB, 3372/AB, 3373/AB, 3374/AB, 3376/AB, 3377/AB, 3378/AB, 3394/AB, 3395/AB, 3396/AB, 3397/AB, 3398/AB, 3399/AB, 3400/AB, 3401/AB). Den Anfragebeantwortungen ist zu entnehmen, dass statistische Aufzeichnungen zur transparenten Unterscheidung einzelner Fallgruppen der Tierquälerei (nach Absatz, Ziffer und Fall des § 222 StGB) EDV-bedingt nicht geführt werden. Auch das spricht für eine abgegrenzte Deliktsqualifikation (§ 222a StGB). Vor allem aber spricht hierfür der spezifische Handlungsunwert derartiger Gewalttaten, die mit der verharmlosenden Sammelbezeichnung „Tierquälerei“ unzutreffend bezeichnet sind.

 

In der 51. Sitzung des Oberösterreichischen Landtags am 12.11.2020 fand ein sinngleicher Entschließungsantrag nach Ausschussberatung die Zustimmung aller im dortigen Landtag vertretenen Fraktionen (ÖVP, FPÖ, SPÖ, Grüne).

 

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigenden Nationalräte folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird ersucht, dem Nationalrat eine Gesetzesvorschlag zuzuleiten, mit der Zielsetzung, den strafgesetzlichen Schutz für schwere Fälle von absichtlicher Tierquälerei und Tierfolter – hier verstanden als vorsätzliche Verstümmelung eines Tieres oder die absichtliche Herbeiführung von sonstigen schwerwiegenden und qualvollen Verletzungen eines Tieres – durch Einführung einer neuen Deliktsqualifikation zum bestehenden Grunddelikt der Tierquälerei zu erhöhen („§ 222a StGB – Tierfolter“), wobei – in Relation zu den Strafrahmen für Körperverletzungsdelikte und unter Beibehaltung der aktuell bestehenden Strafzumessungsregeln einschließlich einer weitestmöglichen Haftvermeidung (Verhängung von Geldstrafen an Stelle von Freiheitsstrafen, bedingte Nachsicht, therapeutische Bewährungshilfe u.a.) – eine Obergrenze von zumindest drei Jahren Freiheitsstrafe und eine Untergrenze von zumindest sechs Monaten Freiheitsstrafe dem hohen Unwert derartiger Taten angemessen erscheint.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen