2497/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 27.04.2022
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Fürst,
und weiterer Abgeordneter
betreffend fehlende Transparenz bei der Finanzierung internationaler Organisationen
Im Zeitalter der Globalisierung übertragen Staaten immer mehr Verantwortung an internationale Institutionen (IOs). Diese üben längst beträchtliche Macht aus. Statt in den demokratischen Parlamenten werden politische Entscheidungen häufig im Rahmen der Global Governance vorbereitet.
Kleine Staaten, häufig ohne nennenswerte Budgets, stehen in diesem System global tätigen Stiftungen, NGOs und Unternehmen vermeintlich auf Augenhöhe gegenüber. Einige dieser privaten Akteure verfolgen dabei ausgesprochen politische Ziele und verfügen nicht nur über beträchtliche Mittel, sondern auch über beeindruckendes Fachwissen. Sie stehen somit nicht nur auf einer Stufe mit den Staaten, sondern sind dazu häufig auch strategisch agiler als diese.
Während die Haltungen diverser Regierungen gegenüber solchen privaten Initiativen variiert, je nachdem, ob sie dieselbe Weltanschauung teilen oder nicht, begrüßen die internationalen Organisationen nichtstaatliche Akteure grundsätzlich. Es kommt zu einer nicht unproblematischen Aufhebung der Grenzen zwischen öffentlichen und privaten Akteuren, wobei letztere über Gebühr Einfluss zu nehmen drohen. Der Schritt von einer Komplementarität hin zur Abhängigkeit ist oftmals nur ein kleiner.
Insbesondere Organisationen der Vereinten Nationen werden in zunehmendem Maße von privaten Akteuren mit globalen Interessen finanziert. UNICEF warb auf diesem Weg im Jahr 2020 fast anderthalb Milliarden Dollar ein, die WHO knackte die Milliardengrenze bereits im Jahr 2017, das Amt des Hochkommissars für Flüchtlinge erhielt im Jahr 2020 540 Millionen Dollar, 77,5 Millionen Dollar gingen 2019 an den Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) und 69 Millionen Dollar erhielt im Jahr 2020 die UNESCO. Das Gleiche gilt für den Europarat, zu dem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gehört. Selbst der Internationale Strafgerichtshof erhält private Mittel. Der größte Teil davon stammt von einer kleinen Zahl von Stiftungen und NGOs, insbesondere von den Stiftungen Bill & Melinda Gates Foundation, Ford Foundation, Open Society Foundations, MacArthur Foundation und Oak Foundation, aber auch von einigen wenigen Unternehmen, wie z. B. Microsoft.[1]
Dieses Finanzierungsmodell darf nicht auf ein bloßes Mäzenatentum reduziert werden. Das Executive Board des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, UNFPA und des Büros für Projektdienste der Vereinten Nationen hält diesbezüglich in bemerkenswerter Offenheit bereits 2012 fest: „Stiftungen sehen sich eher als vollwertige Entwicklungspartner denn als Spendengeber und erwarten eine enge Einbindung in Aktivitäten wie politische Diskussionen, Interessenvertretung und Problemanalyse. Sie sind zu einer Quelle für wertvolles Entwicklungswissen geworden. Sie führen sehr sichtbare Kampagnen in den Medien durch und nehmen Einfluss auf die internationale Entwicklungspolitik.“[2]
Dieser Befund ist das Ergebnis einer Symbiose zwischen internationalen Organisationen, welche politische Macht haben, aber mehr finanzielle Mittel wollen, und privaten Akteuren wie Stiftungen, NGOs und Privatunternehmen, die über finanzielle Mittel verfügen und mehr politische Macht haben wollen. Problematisch wird das Voranschreiten dieser Art der Finanzierung und Machtausübung, wenn Staaten in ihrem nationalen Recht auf Entscheidungen dieser privat finanzierten internationalen Organisationen abstellen,[3] es aber nicht sichergestellt ist, dass dort Entscheidungen unabhängig, transparent und demokratisch getroffen werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat jährlich einen Bericht über sämtliche Geldflüsse der Republik an internationale Organisationen zuzuleiten. Inwiefern Vertreter der Republik im Rahmen dieser Organisation mitwirken und tätig sind, ist im Rahmen des Berichts darzustellen.“
In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte ersucht.
[1] https://eclj.org/the-financing-of-un-experts-report
[2] Management response to the evaluation of UNDP’s partnership with global funds and philanthropic
foundations, DP/2012/24, para. 54.
[3] Z. B. die weitreichende Verordnungsermächtigung zur Einbeziehung weiterer
Krankheiten unter das Regime des Epidemiegesetzes in § 1 (2) EpiG: Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen kann, wenn dies aus epidemiologischen Gründen gerechtfertigt oder auf Grund internationaler Verpflichtungen erforderlich ist, durch Verordnung weitere übertragbare Krankheiten der Meldepflicht unterwerfen oder bestehende Meldepflichten erweitern.
Ein plakativeres Beispiel findet sich anlässlich der Änderung des Epidemiegesetzes 1950 in 397/A XXVII. GP, zu Z 3 (§ 28b): „Wenn und solange die WHO eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ausgerufen hat, setzen die in den Internationalen Gesundheitsvorschriften vorgesehenen Informationsflüsse ein.“