2509/A XXVII. GP

Eingebracht am 18.05.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag


der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried,
Kolleginnen und Kollegen


betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das
Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz
1975) geändert werden (Stärkung der RH-Kontrolle)


Der Nationalrat wolle beschließen:


Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über die
Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden


Der Nationalrat hat beschlossen:


Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über die
Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden


Artikel 1
(Verfassungsbestimmung)


Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes

Das Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert mit BGBl. I
Nr. XXX/20XX, wird wie folgt geändert:

 

Artikel 122 und 123 lauten:

 

„Artikel 122. (1) Der Rechnungshof untersteht unmittelbar dem Nationalrat. Er ist in Angelegenheiten der Bundesgebarung und der Gebarung der gesetzlichen beruflichen Vertretungen, soweit sie in die Vollziehung des Bundes fallen, als Organ des Nationalrates, in Angelegenheiten der Länder-, Gemeindeverbände- und Gemeindegebarung sowie der Gebarung der gesetzlichen beruflichen Vertretungen, soweit sie in die Vollziehung der Länder fallen, als Organ des betreffenden Landtages tätig.

(2) Der Rechnungshof ist von der Bundesregierung und den Landesregierungen unabhängig und nur den Bestimmungen des Gesetzes unterworfen.

(3) Der Rechnungshof besteht aus einem Präsidenten und den erforderlichen Beamten und Hilfskräften.

(4) Der Präsident des Rechnungshofes wird auf Vorschlag des Hauptausschusses vom Nationalrat mit Zweidrittelmehrheit für eine Funktionsperiode von zwölf Jahren gewählt; eine Wiederwahl ist unzulässig. Er leistet vor Antritt seines Amtes dem Bundespräsidenten die Angelobung.

(5) Der Präsident des Rechnungshofes muss zum Nationalrat wählbar sein, darf weder einem allgemeinen Vertretungskörper noch dem Europäischen Parlament angehören und in den letzten fünf Jahren nicht Mitglied der Bundesregierung oder einer Landesregierung gewesen sein.

 

Artikel 123.

(1) Der Präsident des Rechnungshofes ist hinsichtlich der Verantwortlichkeit den Mitgliedern der Bundesregierung oder den Mitgliedern der in Betracht kommenden Landesregierung gleichgestellt, je nachdem der Rechnungshof als Organ des Nationalrates oder eines Landtages tätig ist.

(2) Er kann durch Beschluss des Nationalrates abberufen werden, wobei dieser Beschluss einer Beschlussfassung mit Zweidrittelmehrheit bedarf.

Artikel 2

Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes 1975


Das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz
1975), zuletzt geändert mit BGBl. 1 Nr. XXX/XXXX, wird wie folgt geändert:

§ 99 lautet:

„§ 99. (1) Der Nationalrat kann auf Grund eines Selbständigen Antrages (§§ 26 und 27) beschließen, den Rechnungshof mit der Durchführung besonderer Akte der Gebarungsüberprüfung zu beauftragen.

(2) Eine Gebarungsüberprüfung ist auch ohne Beschluss des Nationalrates durchzuführen, wenn dies von fünf Abgeordneten eines Klubs verlangt wird und sich auf einen bestimmten Vorgang in einer der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegenden Angelegenheit der Bundesgebarung (Art. 122 Abs. 1 B-VG) bezieht. Klubs mit mindestens 20 Abgeordneten können gleichzeitig zwei solche Verlangen, die anderen Klubs ein Verlangen stellen.

(3) Solange diese Verlangen anhängig sind, können die jeweiligen Klubs keine weiteren Verlangen einbringen. Als anhängig gilt eine Gebarungsüberprüfung bis zur Erstattung des Berichtes des Rechnungshofes an den Nationalrat.

(4) Ein den Erfordernissen der Abs. 2 und 3 genügendes Verlangen ist vom Präsidenten am Ende der Sitzung dem Nationalrat bekanntzugeben.

(5) Der Präsident hat einen Beschluss im Sinne des Abs. 1 beziehungsweise ein Verlangen im Sinne des Abs. 2 unverzüglich dem Rechnungshof mitzuteilen.

(6) Der Rechnungshof hat die Gebarung der Bundesministerien alle zwei Jahre auf allfällige Unterstützungen von politischen Parteien durch wesentliche Sachspenden zu überprüfen, um einen fairen Wettbewerb zwischen den Parteien zu gewährleisten.

(7) Alle Bundesministerien haben Aufträge wie Gutachten, Studien oder Umfragen pro Bundesministerium im Bericht samt Titel, Inhalt, Art der Ausschreibung, Autor*innen und Kosten unverzüglich nach Abschluss dem Rechnungshof zu übermitteln. Der Rechnungshof veröffentlicht diese Informationen halbjährlich. Der Inhalt muss dann nicht beigegeben und veröffentlicht werden, wenn bedeutsame Interessen der Republik oder Dritter dadurch geschädigt würden.

(8) Der Rechnungshof hat dem Nationalrat über die Durchführung der Gebarungsüberprüfung gemäß Abs. 1, 2 und 6 möglichst rasch, tunlichst innerhalb von sechs Monaten, zu berichten.

 

Zuweisungsvorschlag: Verfassungsausschuss

 

 

 

Begründung:

 

1.)    Um bei einer Ausweitung der Rechte des Rechnungshofes dessen Unabhängigkeit und die demokratische Legitimation zu stärken, sollen Wahl und auch Abwahl des/der RH-Präsident*in künftig mit Zwei-Drittel-Mehrheit des Nationalrats erfolgen müssen. (derzeit reicht einfache Mehrheit).

 

2.)    Die Möglichkeiten des Parlaments, dem Rechnungshof Prüfaufträge zu geben, sollen ausgeweitet werden: Derzeit kann eine Sonderprüfung des Rechnungshofs von mindestens 20 Abgeordneten beantragt werden. Es darf aber nicht mehr als drei Sonderprüfungen gleichzeitig geben. Da diese Sonderprüfungen erfahrungsgemäß bis zu 1,5 Jahre dauern, nimmt das derzeit den Fraktionen die Möglichkeit, auf aktuelle Erkenntnisse zu reagieren.

Künftig sollen 5 Abgeordnete eine Sonderprüfung beantragen können. Klubs mit bis zu 20 Mitgliedern können eine Sonderprüfung in Auftrag haben, größere Klubs ab 20 Abgeordneten maximal zwei.

 

Die Ergebnisse dieser Sonderprüfungen sollen tunlichst in 6 Monaten vorliegen.

 

Es ist nicht anzunehmen, dass die Regierungsfraktionen ihre Möglichkeiten ausschöpfen; damit würde es maximal 5 Sonderprüfungen parallel geben.

 

3.)    Der Rechnungshof soll regelmäßig Wahrnehmungsberichte über potentielle Sachspenden von Ministerien an Parteien vorlegen (z.B. PR- oder Social-Media-Aktivitäten der Regierungsbüros). Es sollen dabei aber nur wesentliche Sachspenden in Betracht kommen, die auch das Potential haben, den Wettbewerb zwischen Regierungsparteien und Oppositionsparteien zu beeinflussen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Ministeriumsbeschäftigte Parteikommunikation machen. Es geht insbesondere nicht darum, den fachlich inhaltlichen Austausch zwischen den Ministerien und den Parteien zu beschränken.
 

4.)    Um verdeckte Finanzierung durch Studien, Umfragen etc. der Ministerien durch Transparenzvorschriften hintanzuhalten, sind diese inklusive aller relevanten Informationen wie etwa Inhalt und Kosten unmittelbar an den Rechnungshof zu übermitteln. Diese Auftragsarbeiten und die relevanten Informationen dazu werden über den Rechnungshof regelmäßig veröffentlicht. In Ausnahmefällen (Interessenabwägung) soll von einer Veröffentlichung der Inhalte abgesehen werden können.